Atheisten in den Straßen von Warschau

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POLEN. (hpd) Bemerkenswertes in Polen aus säkularer Sicht (März 2014). Ende März wurden die Tage des Atheismus durchgeführt, die viel Beachtung in der polnischen Öffentlichkeit erhielten. Sie verliefen ohne größere Zwischenfälle und hatten Volksfestcharakter. Doch die Kritik der klerikalen Rechten war scharf.

Die Sonne scheint, es ist ein perfekter Samstag Ende März, ideal für ein Fest, das Polen noch nicht gesehen hat. Zum ersten Mal in der Geschichte des katholischen Landes wurden am letzen März-Wochenende die Tage des Atheismus in Warschau durchgeführt. Verschiedene Gruppen, darunter Agnostiker und Atheisten, riefen diese ins Leben, um auf ihre Situation in einem von der katholischen Kirche dominierten Land aufmerksam zu machen.

Der Termin der Tage des Atheismus ist dabei nicht zufällig gewählt, denn gefeiert wurde der 325. Jahrestag des Todes von Kazimierz Łyszczyński, der als Patron der polnischen Atheisten gilt. Der Adelige behauptete in einer Zeit des tiefen Klerikalismus in Europa, Gott gäbe es nicht und wurde am 30. März 1689 aufgrund seiner Schrift De non existentia Dei (Über die Nichtexistenz Gottes), auf dem Markt in der Altstadt von Warschau hingerichtet. Vermutet werden jedoch auch politische Gründe für seinen Tod.

Prof. Jan Hartman, Foto © Evelin Frerk
Prof. Jan Hartman, Foto © Evelin Frerk

Von Freitag an bis Sonntag wurden Filmvorführungen, Pressekonferenzen sowie Podiumsdiskussionen veranstaltet. Ein prominenter Gast war der Philosoph Prof. Jan Hartman, der während der Feierlichkeiten die Auszeichnung Atheist des Jahres 2014 verliehen bekam. Das auffälligste Event der Tage des Atheismus war der Marsch durch die Altstadt und die nachgestellte Hinrichtung von Łyszczyński, die ein breites Publikum anzog und Volksfestcharakter aufwies.

Klerikale Rechte antworten mit scharfer Kritik

Die Tage des Atheismus sind bis auf einen kleinen in den Medien berichteten Zwischenfall, ein Mann hatte eine Plastikflasche mit Wasser in den Marsch geworfen, sehr friedlich verlaufen. Doch Vertreter der klerikalen Rechten kritisierten dieses Fest des Atheismus scharf.

Krystyna Pawłowicz, die radikalklerikale Parlamentsabgeordnete der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), schrieb in einem Beitrag auf dem rechten Internetportal fonda.pl, “das sind Menschen voller Hass gegenüber Religion, der polnischen christlichen Traditionen, der Kirche”. Weiter schrieb die Christin: “Sympathisanten solcher Skandale sollten nach Russland oder Weißrussland verwiesen werden”.

Der Parlamentsabgeordnete Jacek Żalek sagt im Nachrichtensender tvn24: “Solange es einen Tag des Fahrstuhls oder einen Tag der Tollwut gibt, kann es auch einen Tag des Atheismus geben. Wir haben volle Freiheit im Land. Ich kann mir natürlich Gedanken darüber machen, was das für einen Sinn hat oder ob es einen Wert mit sich bringt.”

Diese Aussagen stehen beispielhaft für die Debatte in Polen, die aus deutscher Sicht eine starke Tendenz nach rechts aufweist. Nichtsdestotrotz erklärte Hartman im Informationssender TVP Info, die Atheisten in Polen fühlten sich nicht unterdrückt. Es sei jedoch manchmal nicht komfortabel und das Land sei stark durch die Kirche geprägt.

 

Die offizielle Seite zu den Tagen des Atheismus: lyszczynski.com/ (auch auf Deutsch und Englisch)

Eine Dokumentation über die Tage des Atheismus auf Englisch: