WARSCHAU. (hpd) Mitte November wählten die Polen ihre Vertreter in den Kommunen und Gemeinden sowie auf Ebene der Wojewodschaften. Durch technische Probleme, den mehrdeutigen Wahlausgang und Anschuldigungen der Opposition im Hinblick auf Wahlfälschung entwickelte sich die Kommunalwahl zu einer veritablen Affäre. Doch gibt es, wenn auch nur kleine, Lichtblicke - besonders für LGBT-Aktivisten und Atheisten.
Was war das für ein Wahlsonntag. Am 16. November gingen die Polen zu den Wahlurnen, um ihre Vertreter in den Selbstverwaltungsorganen zu wählen. Dazu zählen zum Beispiel Bürgermeister sowie Abgeordnete der Stadträte und Wojewodschaften (ähnlich den deutschen Ländern). Aufgrund der Wahlruhe, die in Polen vor allen Wahlen herrscht, wurden die Befragungen von Bürgern nach Stimmabgabe um 21 Uhr veröffentlicht. Es war eine Sensation: die rechtsklerikale Recht und Gerechtigkeit (PiS) gewann den Befragungen nach landesweit mit etwa 32 Prozent der Stimmen. Danach kamen die rechtskonservative Bürgerplattform (PO) (27 %), die konservative Bauernpartei (PSL) (17 %), der Bund der Demokratischen Linken (SLD) (9 %) und der ultrarechte Kongress der Neuen Rechten (KDL) (4 %).
Für viele Polen eine mittlere Katastrophe: die Stärke von Recht und Gerechtigkeit, die als Regierungspartei zwischen 2005 und 2007 einen Skandal nach dem nächsten produzierte und auch international für Furore sorgte. Wer erinnert sich nicht an den Kartoffelkrieg? Doch der Schrecken währte nicht lange. Am Samstag der drauf folgenden Woche verkündete die Landeswahlkommission (PKW) die amtlichen Endergebnisse der Kommunalwahlen. Und wieder ist die Überraschung groß. Zwar Gewinnt die Partei des Populisten Jaroslaw Kaczynski mit 26,85 Prozent, doch kurz darauf kommt mit 26,36 Prozent die Bürgerplattform - ein denkbar knapper Abstand.
Die nächste Überraschung ist das gute Abschneiden der Bauernpartei (23,68 %), die zwar traditionell stark in den lokalen Strukturen verankert ist, doch in den letzten Jahren mit weitaus schwächeren Wahlergebnissen leben musste. Der große Verlierer der Wahlen ist der Bund der Demokratischen Linken (8,78 %). Die Nachfolgepartei der polnischen kommunistischen Einheitspartei (PZPR) prägte auch nach 1989 die Parteienlandschaft mit. Jetzt ist sie zur Partei am Rande der Szene verkommen, die ohne Programm vor sich her dümpelt.
Ferner überrascht das Wahlergebnis mit der Stimmenverteilung in den polnischen Landtagen (Sejmik). Die Bürgerplattform erlangt mit 179 Sitzen klar den Sieg gegen Recht und Gerechtigkeit, die nur auf 171 Sitze kommen. Die Bauernpartei hat sich mit 157 Sitzen deutlich verbessert und als letztes folgt der Bund der Demokratischen Linken weit abgeschlagen mit 28 Sitzen. Die hohe Anzahl an Sitzen für die PO und der Überraschungserfolg der PSL führen dazu, dass beide Parteien, die zusammen im polnischen Parlament regieren, als Koalition in 15 Landesparlamenten das Sagen haben. Die populistische PiS, der gemeinhin mangelnde Koalitionsfähigkeit mit irgendeiner der etablierten Parteien nachgesagt wird, kann nur in einem Landesparlament alleine regieren. Hier kann man somit nur von einer großen Niederlage sprechen.
Das große Wahldebakel
Angesichts großer Probleme im Rahmen der Wahlen geraten die Wahlergebnisse jedoch zur Randnotiz. Das Computerprogramm, mit dem die Ergebnisse aus den Wahllokalen in die Zentrale transferiert werden sollten, versagte in der Wahlnacht. Die polnische Presse sprach von einem Wahlchaos und erhob Anschuldigungen gegen die Staatliche Wahlkommission, die nach der Stimmauszählung geschlossen zurücktreten musste. Vorgeworfen wird der Institution, sie habe nur drei Monate vorher dieses System eingeführt und damit kaum Zeit zum ausführlichen Testen gehabt. Auch habe es schon im Vorfeld Hinweise gegeben, dass das System anfällig ist. Darüber hinaus gab es nur einen Angebot bei der öffentlichen Ausschreibung. Die Angelegenheit wir nun von der Obersten Kontrollkammer (NIK) geprüft.