Politik ohne Gott

Helmut Ortner schreibt als Untertitel "Warum die Religion etwas Wunderbares sein kann – als Privatsache" und erklärt damit bereits, welche Forderung er in seinem Debattenbeitrag auf The European stellt.

Selbst wenn dieses Land von einem "komplett christlichen Kabinett" regiert wird, dass bei seiner Amtseinführung mit der Formel "So wahr mir Gott helfe" schwor, die Verfassung zu schützen: dieses Land "ist kein Gottes-Staat, sondern ein Verfassungs-Staat. Alle dürfen glauben, niemand muss."

Trotzdem betrachteten die deutschen Abgeordneten Religionsfreiheit nicht mehr als Teil der durch die Verfassung garantierten Freiheit, sondern als ihr übergeordnet. Das zeigte sich unter anderem, als der Bundestag auf Initiative der Bundesregierung mit Mehrheit das "Gesetz über den Umgang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes" beschloß und damit die rituelle Beschneidung legalisierte.

So schließt Ortner, "die Demokratien sind gefordert, sich gewissermaßen religionspolitisch neu zu orientieren." Dabei geht es nicht um die "Austreibung Gottes aus der Welt". Denn Glaubens- und Religionsfreiheit ist Menschenrecht. "Demokratische Staaten garantieren religiösen Gruppen, Gemeinschaften oder Kirchen, dass sie frei agieren können, soweit sie nicht die Freiheiten anderer gefährden oder die Gesetze verletzen. Gleichwohl geht es darum, die Errungenschaften der Aufklärung zu verteidigen, damit Gott nicht in die Politik zurückkehrt."