BERLIN. (hpd) Die Ausstellung Mit verschnürten Händen – „Ungemalte Bilder“ von Emil Nolde in der Dependance Berlin der Nolde Stiftung gibt einen Überblick über sein Schaffen vor, während und nach dem Malverbot (1941). Rund 70 der ausgestellten Aquarelle sind noch nie öffentlich gezeigt worden.
Die Ausstellung beginnt chronologisch mit dem Werk Noldes vor dem Malverbot. Quantitativ richtet sich jedoch ein besonderes Augenmerk auf die 120 „Ungemalten Bilder“ Noldes, die zwischen 1941 und 1945 entstanden und den expressionistischen Maler zu einem weltberühmten Aquarellisten machten. Das Paradoxon in der Namensgebung erklärt sich damit, dass Nolde, der eigentlich Ölgemälde bevorzugte, wegen des Malverbots zu oft nur handflächengroßen Aquarellbildern übergegangen war, weil sich diese leicht verstecken ließen.
Die Gestaltung der Ausstellung hat ein inniges Konzept, die Zeitabschnitte der Entstehung der Bilder in der Darstellung des ‚Ablaufs’ der Ausstellung selbst zu thematisieren, so dass die Besucher nicht nur die Bilder betrachten können, sondern sich in einen ‚Zeitschlauch’ begeben, der die inneren Befindlichkeiten des Künstlers in den durchzugehenden Räumen äußerlich sichtbar und lesbar gestaltet.
„Ich stand mitten im schönsten, produktivsten Malen.“
Im Erdgeschoss betritt man als Besucher ein Entree, das für die technischen Bedingtheiten einer Galerie genutzt wird (Kasse, Laden, Garderobe, Toiletten und Büros). Erst über eine weiße Treppe in das erste Stockwerk hinauf betritt man die Ausstellungsräume und befindet sich in einem weiten hellen Foyer, mit großformatigen Ölbildern aus den 1930er Jahren. Die Stimmung ist hell und licht.
„Als dieses Mal- und Verkaufsverbot ankam, glitten mir die Pinsel aus den Händen.“
1937 wurde Nolde vom Nazi-Regime zum entarteten Künstler erklärt, 1941 erging ein Malverbot. Zu dieser Zeit lebte Nolde bereits in Berlin und entsprechend war das Malverbot, das ihn ereilte, in Form eines Briefes adressiert: An Emil Nolde, Berlin-Charlottenburg, Bayernallee 10.
Adolf Ziegler, der Präsident der „Reichskammer der bildenden Künste“, schrieb an Nolde: „Anläßlich der mir s. Zt. vom Führer aufgetragenen Ausmerzung der Werke entarteter Kunst in den Museen mußten von Ihnen allein 1052 Werke beschlagnahmt werden. Eine Anzahl dieser Ihrer Werke war auf den Ausstellungen ‚Entartete Kunst’ in München, Dortmund und Berlin ausgestellt. Aus diesen Tatsachen mußten Sie ersehen, daß Ihre Werke nicht den Anforderungen entsprechen, die seit 1933 an das Kunstschaffen aller in Deutschland tätigen bildenden Künstler (…) gestellt sind.“ Daher „schließe ich Sie wegen mangelnder Zuverlässigkeit aus der Reichskammer der bildenden Künste aus und untersage Ihnen mit sofortiger Wirkung jede berufliche – auch nebenberufliche – Betätigung auf den Gebieten der bildenden Künste.“
Nolde: „Die Pinsel glitten mir aus den Händen. Die Nerven eines Künstlermenschen sind empfindlich, sein Wesen scheu und sensibel. Ich litt seelisch, weil ich glaubte, meine vollreifsten Werke noch malen zu müssen. Mit einem Schwert über dem Kopf hängend, waren mir Bewegung und Freiheit genommen.“
Der Weg durch die Ausstellung verengt sich, auch der Besucher bekommt weniger Bewegungsfreiheit, es geht um eine Ecke, ein schmaler werdender Gang erstreckt sich in eine im Voraus sichtbare dunklere Zone.
Die Ablehnung der Nationalsozialisten blieb Nolde unverständlich, zumal er sein Werk uneingeschränkt in der Tradition deutscher Kunst begriff. Er versuchte sich mit sehr zweifelhaften Äußerungen an das NS-Regime anzunähern. Trotz dieser Angleichung oder Explizierung auf politischer Ebene, war er nicht bereit, im Bereich seiner künstlerischen Auffassung und Ausdrucksweise Zugeständnisse zu machen.