Kreuz-Streit: Vater gibt nicht auf

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Kita / Foto: Günter Havlena (pixelio.de)

WIEN. (hpd) Der Vater eines Kindergartenkindes gibt seinen Kampf gegen Kreuze in Kindergärten nicht auf – auch nach den negativen Urteilen des österreichischen Verfassungsgerichtshofs und des EGMR im Fall Lautsi. Er wird beim EGMR berufen, wie seine Anwältin auf einer Pressekonferenz erklärte. Ein prominenter österreichischer Verfassungsjurist hat dort das VfGH-Urteil zersaust.

„Scheinbegründung“, „nicht überzeugend, in sich nicht schlüssig und dazu geeignet, ein großes Achselzucken zu verursachen“. Es gibt nettere Dinge, die man über das Urteil eines Verfassungsgerichtshofs sagen kann. Wenn ein prominenter österreichischer Verfassungsjurist zu diesen Äußerungen gelangt, wirkt die Kritik verheerend. Bernd-Christian Funk sparte bei einer Pressekonferenz zum VfGh-Urteil, das Kreuze in Kindergärten erlaubt, nicht mit deutlichen Worten.

Der VfGH hatte vergangene Woche geurteilt, Kreuze seien keine religiösen Symbole. Wenn ein Staat sie aufhänge, lasse das keine Präferenz für eine Religion erkennen. Gleichzeitig hatte er die Rechte getaufter Kinder auf Religionsfreiheit über die Rechte nicht getaufter Kinder gestellt, nicht mit Religion konfrontiert zu werden. (Siehe Max Bitters Kommentar auf hpd).

Für den Vater, der die Klage gegen Kreuze in niederösterreichischen Kindergärten eingebracht hatte, ist das Rückenwind. Seine Anwältin Doris Einwallner kündigt an, dass das Verfahren auf der europäischen Ebene weitergehen wird. „Der Antragsteller wird dagegen eine Beschwerde beim EGMR einbringen“ verkündete sie bei der Pressekonferenz. „Das Urteil im Fall Lautsi gegen Italien, wonach Kreuzzeichen in italienischen Klassenzimmern nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, steht dem nicht entgegen“. Ihrer Meinung nach hat der EGMR ausdrücklich betont, dass er in seinem Urteil nicht über die Frage der Zulässigkeit von Kreuzen an anderen öffentlichen Orten, wie etwa in öffentlichen Kindergärten, spricht. „Auch aus anderen Gründen“ finde sie die Entscheidung des EGMR „nicht zwingend als Präjudiz für den Fall des Antragstellers. Etwa in Zusammenhang mit der Frage des religiösen Bildungsauftrages im NÖ Kindergartengesetz und dessen tatsächlicher Ausgestaltung in Bezug auf die staatliche Verpflichtung, für eine weltoffene und pluralistische Erziehung der Kinder Sorge zu tragen.“ Sie sehe „genug Angriffsfläche vorhanden, um auch den Fall des Antragstellers vor den EGMR zu bringen“, sagte Einwallner.

Unterstützung kommt von politischer Seite. Die grüne Nationalratsabgeordnete Daniela Musiol (der österreichische Nationalrat entspricht dem deutschen Bundestag, Anm.) trat auf der Veranstaltung dafür ein, dass die Republik Österreich gegenüber Religionen neutral auftreten müsse „um der religiösen und konfessionslosen Vielfalt seiner StaatsbürgerInnen und BewohnerInnen gerecht zu werden. Daher haben Kreuze keinen Platz in öffentlicher Schule und Kindergarten. Sollen diese Institutionen echte Begegnungstätten sein und integrativ wirken, dann dürfen sie sich nicht mit dem Zeichen einer Religion schmücken. Es ist bezeichnend, dass gerade der Parteichef der ausländerfeindlichen FPÖ über das Urteil des Verfassungsgerichtshofes jubelte“, zitierte der Verein „Religion ist Privatsache“ die Politikerin in einer Presseaussendung. Der Verein unterstützt den betroffenen Vater bei seiner Klage. Er selbst trat nicht öffentlich in Erscheinung. Er befürchtet Repressalien, vor allem gegenüber seiner Tochter.

Positive Reaktionen auf die Pressekonferenz gab es von den Initiatoren des anlaufenden Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien. Das Urteil des VfGH zeige, „dass die Kirche eine ungerechtfertigt bevorzugte Stellung im Staat genießt. Diese beeinflusst sogar Entscheidungsgremien des VfGH, da letztinstanzliche Urteile zu Gunsten einer Religionsgemeinschaft ausfallen. Es offenbart die Notwendigkeit unseres Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien. Denn der Kreuzzwang ist ein Zeichen der katholischen Vorherrschaft über andere Weltanschauungen. Und, was oft vergessen wird: Millionen haben ihr Leben im Zeichen des Kreuzes in blutigen Religions- und Missionierungskriegen verloren", sagt Niko Alm, Mitinitiator des Volksbegehrens.

Christoph Baumgarten