„Besser-Denker" im frischen Wind?

MÜNCHEN. (hpd) Gottlose und Abtrünnige in München. Zum ersten Mal in 850 Jahren dokumentierter Stadtgeschichte gab es eine dreitägige Tagung zum Thema „Religionskritik/Zensiert - Grundrechte im Schatten der Götter", in deren Rahmen von Gottlosen und Abtrünnigen (den Mitgliedern des bfg München und des IBKA e.V.) nicht nur der dotierte Blasphemie-Preis „Der Freche Mario" verliehen, sondern auch Preise an die Kabarettisten Serdar Somuncu, Shabana Rehman und Sigi Zimmerschied im gut besuchten Oberangertheater übergeben wurden.

 

Der bfg München als seit 138 Jahren ortsansässige Organisation widmete die von ihm organisierte Tagung dem gefeierten Stadtgeburtstag. Es besteht allerdings die Vermutung, dass die Stadtväter und - mütter, bereits im Besitz von zahlreichen Geschenken, dieses besondere Geschenk gar nicht so richtig zu schätzen wissen...

Trotz der Ankündigung, dass die Abendveranstaltungen geeignet sind, eventuell vorhandene religiöse Gefühle zu verletzen und man sicherheitshalber vor dem Besuch die Beratung durch Psychoanalytiker oder Seelsorger verabreden sollte, war der Oberangersaal an beiden Abenden gut besucht. Der diesjährige Preisträger des „Schraubenschlüssel am Bande" für die größte lockere Schraube der Republik , Norbert Geis (CDU), konnte der bfg-Einladung zur Preisübergabe an diesem bedeutenden Abend leider ebenso wenig folgen wie Dr. Markus Söder (CSU), von dem man sich Aufklärung über den Sachstand in Zusammenhang mit der von der bayerischen Staatsregierung zum vierten Mal beantragten Verschärfung des §166 StGB bereits im Vorfeld erbeten hatte.

Eine „neoatheistische Aufklärungsoffensive?"

Am Freitagabend wurden nun aus über 600 Einsendungen, darunter Zeichnungen von Rudi Hurzlmeier, Janosch, Til Mette, Musikbeiträgen der "Ersten Allgemeinen Verunsicherung", Leo Lukas (http://www.knowme.at), des Komponisten des aktuell in München anlaufenden Musicals „In Nomine Patris", Bernd Stromberger und originellen Skulpturen und Textbeiträgen insgesamt fünf Preisträger für „Der Freche Mario" ausgezeichnet. Die Jury bestand aus 11 Juroren, darunter die Kabarettistin Lisa Fitz, der Regisseur Hanns Christian Müller und Dietmar Holzapfel.

Alle Teilnehmer und insbesondere die Preisträger wurden für ihr Engagement durch die Laudatio von Dr. Michael Schmidt-Salomon gelobt. Den Ehrenpreis überreichte Initiator und Moderator Wolf Steinberger dem 78jährigen Münchner Journalisten und Galeristen DellaCroce für seine besonders ungewöhnliche und blasphemische Arbeit, die den Tod Jesu durch die Maßnahmen einer Domina als „Via Dolorosa" in 14 Stationen gar recht unanständig beschreibt. Zwei dritte Preise wurden vergeben an eine Karikatur von Til Mette und eine mehrfach aufklappbare Zeichnung eines Beichtstuhls von Dieter Wessinger. Den zweiten Preis bekam ein Musikvideo-Clip des österreichischen Musikers und Kabarettisten Leo Lukas mit dem Titel „Sehr geehrter Islam" und den ersten Preis gewann Salvatore Pertutti aus der Bretagne für seine Musikvideo-Clips zu heiligen Büchern „les livres sacrées". Das Münchner Original Carl-Ludwig Reichart umrahmte die Veranstaltung mit gottlosen Liedern.

Vom Bayerischen Rundfunk (Hörfunk) und von der Süddeutschen Zeitung waren Journalisten gekommen, die sich viel Zeit für die Beobachtung der Versammlung genommen haben. Alexander Kissler, Autor des Buches „Der aufgeklärte Gott" machte seiner Empörung über so viel Gottlosigkeit dann im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung am Montag gleich reichlich Luft, was der bfg München mit Freude aufnahm, denn mit den „Gottlosentagen" ist der bfg zum ersten Mal in der ganzen Stadtgeschichte als Ungläubige dokumentiert. Mit dem Einzug ins Feuilleton der Süddeutschen Zeitung ist der bfg damit auch zum ersten Mal aus dem Bayernteil heraus in die Gesamtausgabe dieses liberalen Feigenblattes der Stadt der Bewegung gekommen. Hierfür sprach der Vorstand des bfg München einen herzlichen Dank aus an den gläubigen und wohl in seinen religiösen Gefühlen verletzten Alexander Kissler!

Der nächste Kunstpreis Blasphemie „Der Freche Mario" wird in zwei bis drei Jahren in München vom bfg München verliehen werden. In der Zwischenzeit wird die politische Auseinandersetzung zur Abschaffung des Paragrafen § 166 StGB zumindest beim bfg München nicht ruhen; die Preisverleihung und die Ausstellung von ca. 60 Karikaturen im Oberangertheater war der Beginn einer politischen Kampagne, in deren weiterem Verlauf mit Internetgalerie, Modekollektion „Der Freche Mario" und der Ausstellung in einer Münchner Galerie gerechnet werden darf. Ebenso mit den zu erwartenden juristischen Folgen!

Assunta Tammelleo