BERLIN. (hpd) Der Patientenwille wird gesetzlich verbindlicher … vielleicht im nächsten Jahr. Im Januar vielleicht könnte es möglich werden, aber vielleicht auch nicht. Und ob überhaupt, wann und was dann gültig in Sachen Patientenverfügungen im Bundestag geschieht und ob für alle mehr Rechtssicherheit herauskommt, auch und besonders für jeden Arzt und dies dann sogar verbindlich ... darüber weiß man noch nichts Genaues.
Die SPD-Fraktion hatte für den Mittwochabend (17.12.) zur Aufklärung über die Lage eingeladen. Vor etwa 120 Teilnehmern stellte Joachim Stünker (immerhin ein ehemaliger Richter) den nach ihm benannten Entwurf für eine Patientenverfügung (PV) vor, die unabhängig von Art und Stadium einer Krankheit nach Prüfung durch die Vertretung des Patienten für den Arzt verbindlich gelten soll. Dem gegenüber vertrat René Röspel (auch SPD) zu diesem Punkt den von ihm mitgetragenen Bosbach-Entwurf (CDU-dominiert). Dort ist ein ärztlicher Beratungszwang und darüber hinaus eine notarielle Beurkundung als Voraussetzung vorgesehen.
Auf die praxisorientierten Publikumsfragen konnte Röspel nur sehr unbefriedigend antworten. Als eine Bürgerin ganz unpolemisch wissen wollte, ob der Notar im Notfall denn ins Krankenhaus kommt, reagierte er nur gereizt. Offen blieb vor allem, wie und wann nach medizinischer Beratung, die der Arzt zu dokumentieren hat, anschließend der Notar den Text der PV verfassen muss. Hier trat in der Diskussion die offensichtliche Schwachstelle des Bosbach-Entwurfs zu Tage.
Röspel las in seinem Referat Texte von herkömmlichen Patientenverfügungen vor, die tatsächlich mehrheitlich eine Reichweitenbeschränkung enthalten und sich demzufolge nur auf die Situationen eines tödlichen Krankheitsverlaufs oder mit Sicherheit irreversiblen Bewusstseinsverlustes beziehen. Solche PV sollen laut Entwurf Bosbach/Röspel auch ohne Fachberatung weiter gelten – jedoch niemals ohne vorherige vormundschaftsgerichtliche Genehmigung.
Stünker erwähnte in der Debatte auch den 3. Entwurf von Zöller/Faust, der nur in Details von seinem eigenen abweichen würde.
Das Publikum favorisierte eindeutig den Stünker-Entwurf. Viele gaben sich sogar als dessen Anhänger zu erkennen. Das soll, wie verlautete, auch für die überwiegende Mehrheit der SPD-Fraktion gelten. Zu den inzwischen etwa 209 offiziellen Unterstützern des Stünker-Entwurfs zählt jedoch keine einzige Abgeordnete und kein einziger Abgeordneter der Unionsfraktion. Außer der Mehrheit der FDP-MdB würde, so Stünker, etwa die Hälfte der Grünen/Bündnis 90- und der LINKEN-Fraktion hinter seinem Entwurf stehen.
Beide SPD-Referenten des Abends, Stünker ebenso wie Röspel, zeigten sich entschlossen, nun nach 5jähriger intensiver Beschäftigung mit dem Thema eine gesetzliche Regelung im Bundestag zu verabschieden. Man möchte dies nun auch tatsächlich glauben, hat sich doch bereits der Rechtsausschuss dem Thema angenommen. Am 4. März 2009 soll eine Sachverständigenanhörung zu allen drei Gesetzesentwürfen Verankerung in der Patientenverfügung stattfinden.
Hierzu ist korrekterweise festzuhalten: In Bezug auf die Gesetzesentwürfe der MdB Bosbach und Zöller erfolgte diese Beschlussfassung vorbehaltlich einer Überweisung in den Rechtsausschuss durch das Plenum des Bundestages. Diese beiden Gesetzesentwürfe wurden (anders als der Stünker-Entwurf) bisher nämlich noch gar nicht ordentlich eingebracht und haben daher auch noch keine Drucksachen-Nummer.
Gita Neumann