BVG-Peepshow sollte nicht verlängert werden

BERLIN. (HU/hpd) Die Humanistische Union weist den Vorschlag der Berliner CDU zurück, die Videoaufzeichnungen der BVG-Überwachungskameras anstatt 24 Stunden künftig 48 Stunden lang zu speichern. Die Bürgerrechtsorganisation warnt davor, den Versprechungen der Berliner Verkehrsbetriebe erneut blind zu folgen:

Ein 2006 durchgeführtes Pilotprojekt zur Videoaufzeichnung sei entgegen den Verlautbarungen des Unternehmens ein sicherheitspolitischer Placebo gewesen, wie ein Blick in die Begleitstudie [1] verrät. „Entscheidungen über den weiteren Einsatz der Technik sollten deshalb erst getroffen werden, wenn verlässliche Daten über die Wirksamkeit und die Nebenfolgen der Videoüberwachung vorliegen“, fordert der Geschäftsführer der Humanistischen Union anlässlich der heutigen ersten Lesung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 16/2028). Er erinnerte die Abgeordneten an ihre Verpflichtung, die Praxis der flächendeckenden Videoüberwachung bei den Berliner Verkehrsbetrieben gründlich zu evaluieren.

Nach dem 2007 geänderten Berliner Datenschutzgesetz (§ 31 b Abs. 3 a S. 2 BlnDSG) darf die BVG die Aufzeichnungen ihrer nahezu 1000 Kameras auf den U-Bahnhöfen bis zu 24 Stunden speichern. Die CDU begründet ihren Vorstoß zur Verdopplung der Speicherfrist damit, dass sich so mehr Straftaten aufklären ließen und die Speicherdauer an eine bundesweit gültige Frist angepasst würde. Dagegen erinnert Sven Lüders an die besondere Sensibilität der Videoüberwachung bei der BVG: „Wenn ein öffentliches Unternehmen die Verkehrs-Infrastruktur einer Großstadt mit Kameras überwacht, dann sollten dafür strengere Maßstäbe gelten als für zwei einsame Kameras auf einem Bahnhofsvorplatz. In Berlin sind täglich über eine Million Menschen auf die BVG angewiesen und müssen sich dabei von deren Kameras filmen lassen.“

Nach jüngst veröffentlichten Zahlen hat die Berliner Polizei im vergangenen Jahr über 2.000 Mal Bilder bei der BVG abgerufen. Einen Sicherheitsgewinn kann die Humanistische Union aus diesen Zahlen allein nicht erkennen: „Aus den Berichten geht weder hervor, in wie vielen Fällen die BVG brauchbare Bilder liefern konnte, noch, ob sich damit Verdächtige identifizieren oder gar überführen ließen. Ob die Videokameras – jenseits von spektakulären Einzelfällen – wirklich Straftäter abgeschreckt oder deren Verfolgung verbessert haben, ist noch nicht erkennbar“, betont Sven Lüders. Die Humanistische Union fordere die Berliner Landesregierung und das Parlament auf, den Einsatz und die Auswirkungen der Videoüberwachung bei der BVG durch unabhängige Wissenschaftler untersuchen zu lassen. Nur mit Hilfe der Ermittlungsbehörden und der Justiz ließe sich klären, welchen Sicherheitsgewinn die Videodaten wirklich bieten. Auch sei unklar, ob Straftaten, die bei der BVG vermieden wurden, nicht andernorts begangen werden. Lüders verweist auf die Verdrängungseffekte der Videoüberwachung in anderen Städten: „Eine bloße Verlagerung der Kriminalität in nicht überwachte Bereiche der Stadt kann man nicht als erfolgreiche Kriminalpolitik feiern.“ Schließlich sei auch zu untersuchen, ob bei gewalttätigen Zwischenfällen durch den Kameraeinsatz nicht die Zivilcourage der Mitreisenden abnimmt – hier habe sich das Vertrauen in die Kameratechnik bisweilen als Sicherheitsrisiko herausgestellt.

Weiterführende Informationen:
[1] Leon Hempel / Christian Alisch (2006): Evaluation der 24-Stunden-Videoaufzeichnung in U-Bahnhöfen bei den Berliner Verkehrsbetrieben (Zwischenbericht), hier abrufbar.
[2] Fraktion der CDU: Gesetz zur Änderung des Berliner Datenschutzgesetzes - Speicherung von Videoaufnahmen bis zu 48 Stunden lang. LT-Drs. 16/2028, abrufbar hier.

Für Rückfragen steht Ihnen  Sven Lüders unter der Mobilnr. 0152 / 0183 1627 gern zur Verfügung.