Nachdem die Debatte sich jedoch mehr und mehr vom Thema der Wertebestimmung entfernte, die rassistischen Untertöne zunahmen und sie sich fast nur noch um den Islam drehte, sowie der rechtsradikalen Nationalen Front unverhofft ein neues Forum verschaffte, verkündete nun vorige Woche Premierminister François Fillon die Initiative für gescheitert.
Umfragen zufolge greift die Debatte nicht. Die Franzosen lässt das Thema der Werte kalt (nach einer Umfrage bejahen nur 22 % der Befragten die Diskussion und 61% lehnen sie ab). Wenn Sie schließlich doch gefragt werden, was die wichtigsten Bestandteile der nationalen Identität wären, steht ganz oben die Geschichte Frankreichs (92%) und die demokratischen Wahlen (91%). Dann die Flagge (89,9%) und das Motto „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (89,8%) gefolgt von der ethnischen Mischung, der Kultur, der Gastronomie oder der Marseillaise. Sogar im Regierungslager wuchs die Kritik. So fragte der früheren Premierminister Juppé: "Was es heißt, Franzosen zu sein, stellt sich nicht wirklich, es stellt sich nur die eigentliche Frage, ob Frankreich seine Tradition der Gastfreundschaft treu oder nicht treu bleibt." Angesichts dieser Kritik blieb Minister Eric Besson gelassen und präsentierte noch am 4. Januar die qualitative Synthese der ersten 50 000 Eingänge und der ersten 100 lokalen Versammlungen zu der französischen Wertenbestimmung.
Nun aber wird Eric Besson allein gelassen und für alle Diskussionsexzesse verantwortlich gemacht. Besson dazu noch in Januar: "Ich bin froh, dass es Stammtischparolen gab, auch sie sind Teil der nationalen Identität.“ Der Satz "Kraft unserer Nachlässigkeit enden wir dort, wo wir nicht mehr wissen wer wir sind ", von Nicolas Sarkozy im vergangenen Herbst ausgesprochen, um die Gründe für die Erörterung der Identitätsfrage zu rechtfertigen, könnte nun letzlich für die Initiative von Eric Besson selbst gelten.
Trotzdem wird die Debatte bis zum Ende des Mandats Nicolas Sarkozy weitergehen. Fillon wollte die gescheiterte Initiative beenden, aber Sarkozy bat ihm ausdrücklich, sie nur als einen Etappenabschnitt zu betrachten. Ein Ausschuss von bedeutenden Persönlichkeiten wird nach den nächsten Regionalwahlen beauftragt werden, die Debatte fortzusetzen und im April, nach der Landtagswahl, wird der Präsident erneut über das Thema sprechen.
Die Regierung bereitet außerdem ein Programm der politischen Bildung der Jugend vor. Sie will eine stärkere Sensibilisierung für die Werte der Republik. Für September 2010 wird ein "Buch der jungen Bürgerinnen und Bürger" angekündigt, das die Schüler von der Grundschule bis zum Gymnasium begleiten wird. Staatsbürgerkunde wird "erweitert" an den Oberschulen gelehrt und der feierliche Tag der Vorbereitung auf die Landesverteidigung (JAPD) soll „ein echter Bürgertermin“ werden. François Fillon möchte auch „den Stolz, Franzosen zu sein" kultivieren. Er will den „Respekt für die Symbole der Republik" fördern. Die Trikolore wird in jeder Schule und die Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte wird in jeder Klasse aufgehängt werden. Schließlich wird die Anerkennung der französischen Staatsangehörigkeit "mehr feierlich" gestaltet werden, mit einer „systematischen Praxis von Begrüßungszeremonien" und der Unterzeichnung einer "Charta von Rechten und Pflichten". Offensichtlich hat der Kampf gegen die nationalistische Interpretation der Werte der Republik erst angefangen.
Recherche und Übersetzungen von R. Mondelaers