Imame beten für Frankreich

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Die Große Moschee in Paris
Die Große Moschee in Paris

Chems-Eddine Hafiz, Rektor der Großen Moschee von Paris, rief vergangene Woche die Imame dazu auf, Frankreich und die Republik in ihre Gebete einzuschließen. Welche Bedeutung hat dieser Appell angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen Frankreich und Algerien?

Die Beziehungen zwischen beiden Ländern haben sich in den letzten Monaten verschärft, nicht zuletzt wegen kolonialer Altlasten und Frankreichs Unterstützung marokkanischer Ansprüche auf die Westsahara. In diesem Kontext steht auch die Verhaftung des französisch-algerischen Schriftstellers Boualem Sansal, der am 16. November 2024 unter dubiosen Vorwürfen am Flughafen von Algier festgenommen wurde. Trotz internationaler Proteste, so auch durch den Börsenverein des Deutschen Buchhandels, befindet sich der 75-jährige Friedenspreisträger noch immer in Haft, ohne dass eine konkrete Anklage gegen ihn erhoben wurde.

Seit Anfang des Jahres hat sich die Situation zwischen Frankreich und Algerien weiter verschlechtert. Mehrere algerische Influencer haben sich hasserfüllt über Frankreich geäußert. Am Wochenende des 4. Januar warfen der Blogger Chawki Benzehra und der ehemalige französische Botschafter in Algerien, Xavier Driencourt, der Grande Mosquée de Paris (GMP) vor, diesen Influencern gegenüber nachgiebig zu sein und Frankreich destabilisieren zu wollen. Die Große Moschee von Paris ist zwar formal unabhängig, aber die algerische Regierung hat so seit den 1980er Jahren einen großen Einfluss auf das Ausbildungsinstitut Al-Ghazali und trägt rund 80 Prozent der laufenden Kosten.

Vor diesem Hintergrund bezog Chems-Eddine Hafiz als Rektor der GMP eine klare Position. Er betonte, dass die Grande Mosquée de Paris keine algerische Moschee, sondern eine französische Moschee sei, die allen Gläubigen unabhängig von ihrer Nationalität offen stehe. Hafiz möchte auf diese Weise die Zugehörigkeit der Muslime zur nationalen Gemeinschaft bekräftigen und ordnete zudem an, dass die ihm unterstehenden Imame ihr Freitagsgebet künftig mit folgenden Worten beenden müssen: "Oh Allah, bewahre Frankreich, sein Volk und die Institutionen der Republik. Mach Frankreich zu einem wohlhabenden, sicheren und friedlichen Land, in dem die nationale Gemeinschaft in ihrer Vielfalt, ihren verschiedenen Religionen, Überzeugungen und Glaubensrichtungen in Sicherheit und Frieden zusammenlebt".

Chems-Eddine Hafiz hob gleichzeitig hervor, dass die Muslime großen Wert auf den Laizismus legten, der es dem Islam ermöglicht hat, mit den anderen Religionen in Frankreich gleichberechtigt zu sein. Mit dieser Initiative orientiert sich Hafiz an Praktiken anderer in Frankreich vertretenen Glaubensrichtungen. So wird beispielsweise in den französischen Synagogen seit "vielen, vielen Jahren" ein "Gebet für die Republik" gesprochen, das am Samstagmorgen und an Feiertagen vor oder nach der Tora-Lesung sowie bei offiziellen Anlässen vorgetragen wird. Auch in muslimischen Kreisen ist die Idee nicht neu: Nach der Ermordung des Lehrers Samuel Paty im Jahr 2020 begannen einige Imame, Gebete für Frankreich in ihre Predigten aufzunehmen.

Während Hafiz' Aussage von vielen als klares Bekenntnis zu den republikanischen Prinzipien gewertet wurde, kam aus Algerien scharfe Kritik. Das Onlinemagazin Algerie Patriotique, das für seinen Antisemitismus bekannt ist, spekulierte sogar darüber, ob Hafiz zu diesem Schritt gezwungen worden sei. Das Magazin bezeichnete die Initiative als abwegig, da die Imame von algerischen Steuergeldern bezahlt würden.

Zu dem Vorwurf von Chawki Benzehra und Xavier Driencourt, er habe sich bislang nicht für die Freilassung von Boualem Sansal eingesetzt, gab der Rektor der Großen Moschee keinen Kommentar ab.„"

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