WIEN. (hpd) Karl Habsburg reicht nicht. Die katholische Kirche hat angekündigt, auch Österreichs letzte Kaiserin, Zita Habsburg, selig sprechen zu wollen. In Österreich und Frankreich werden Katholikinnen und Katholiken aufgerufen, "Lebenszeugnisse" für das Verfahren bereit zu stellen.
Die römisch-katholische Kirche frönt offenbar einem gewissen Habsburger Kult. In Frankreich hat die Diözese Le Mans ein Seligsprechungsverfahren für Zita Habsburg eingeleitet - mit offener Unterstützung der Erzdiözese Wien. Das meldet die katholische Nachrichtenagentur kathweb Österreicherinnen und Österreicher werden aufgerufen, Berichte für das kirchliche Verfahren bereitzustellen. Zita Habsburg habe als sehr fromme Frau gegolten, werden die katholischen Bemühungen gerechtfertigt.
"Die Dienerin Gottes Zita hat sich in zahlreichen Diözesen, darunter auch Wien, aufgehalten, und zwar am Kaiserhof von Österreich von 1914 bis 1919 und von 1982 an. Alle Personen, denen zum Leben, zum Ruf der Heiligkeit oder den Tugenden der Dienerin Gottes etwas bekannt ist, werden gebeten, dies dem Postulator bekannt zu geben", heißt es in dem Aufruf.
Dass die Sache nicht unumstritten ist, dürfte sich mittlerweile bis zu Christoph Schönborn, dem Wiener Kardinal der Kirche, herumgesprochen haben. Einen Tag später ruderte er etwas zurück. "Viele Menschen, die sie kannten, haben mir von ihrer außerordentlichen Frömmigkeit und Güte berichtet. Diese Berichte gilt es nun zu sammeln und zusammenzustellen", so Kardinal Schönborn. Nach einer Sichtung dieser Zeugnisse werde entschieden, ob der Seligsprechungsprozess fortgesetzt werde. "Wenn sich herausstellen sollte, dass sie zwar manchmal ganz nett, aber sonst eine rechte 'Grantscherbn' war und ungerecht etwa zu ihren Mitarbeitern, wird das Ganze wohl wieder eingestellt".
Schönborn zeigte sich gegenüber kathweb optimistisch, dass das Verfahren positiv weitergeführt werden könne, da ihr "ein sehr guter Ruf voraus- und nachging". Vor allem monarchistische Vereinigungen begrüßen das Seligsprechungsverfahren.
Verstopfungen und Krampfadern
In Österreich wird das Verfahren teils sehr skeptisch beurteilt, teils amüsiert. Beststellerautor Klaus Werner Lobo etwa reagiert mit Sarkasmus - und zeigte, worauf das Verfahren hinauslaufen soll: "Ich habe gerade bei der Stelle angerufen weil mein Sohn aufs Stichwort "Zita!!!" seine Verstopfung losgeworden ist. Sie waren begeistert und haben mich gebeten die genauen Umstände schriftlich fürs Beweisverfahren zu dokumentieren und ihnen zu mailen. Im Ernst!", sagt Lobo.
Atheistinnen und Atheisten sehen in dem Verfahren den Versuch, einen katholischen Habsburger-Kult zu etablieren. Wenige Jahre davor war Zitas Mann, Karl Habsburg, der letzte Kaiser von Österreich, selig gesprochen worden. Habsburg, der jung in seiner Villa in Madeira starb, galt zeitlebens als religiöser Fanatiker. Begründet wurde die Seligsprechung mit einem Wunder. Ein Gebet an ihn soll eine Nonne von Krampfadern kuriert haben.
Die Seligsprechung des letzten Kaisers ist eindeutig politisch zu beurteilen. Hinter ihr steckt die so genannte "Kaiser-Karl-Gebetsliga", die jahrzehntelang kircheninternes Lobbying betrieben habe. Ihr gehören stramm konservative Priester und Funktionäre der katholischen Kirche an, etwa Kurt Krenn, ehemaliger Bischof der niederösterreichischen Diözese St. Pölten.
Republik nie anerkannt
Zita Habsburg, geborene Bourbon-Parma, war als Gattin Karl Habsburgs die letzte Kaiserin Österreich. (Ihre Kaiserliche und Königliche Apostolische Majestät, Zita, von Gottes Gnaden Kaiserin von Österreich, Königin von Ungarn und Böhmen, von Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Illyrien; Königin von Jerusalem etc.; Erzherzogin von Österreich; Großherzogin von Toskana und Krakau; Herzogin von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnten, Krain und der Bukowina; Großfürstin von Siebenbürgen, Markgräfin von Mähren; etc., etc.)
Mit Ausrufung der Republik im November 1918 und den Entwicklungen der nächsten Monate hatte sie Österreich 1919 verlassen müssen. Karl Habsburg verzichtete am 11. November 1918 auf eine "Teilnahme an den Regierungsgeschäften", allerdings nie auf den Thron, und musste ins Exil. Er versuchte mehrfach vor allem in Ungarn, den Habsburger-Thron zu restaurieren. Dort galt er nach wie vor als offizielles Staatsoberhaupt. Sein dilletantischer Putschversuch im Oktober 1921 scheiterte spektakulär. Der faschistische Admiral Miklos Horty verhinderte die Re-Inthronisierung des letzten Habsburgers. Gleichzeitig blieb der Faschist als Reichsverweser dessen Stellvertreter bis zu seiner Absetzung beim Pfeilkreuzler-Putsch 1944. Das letzte Relikt des Habsburger-Reiches.
Gattin Zita unterstützte die Versuche ihres Mannes zeitlebens. „Niemals! Ein Herrscher kann seine Herrscherrechte verlieren. Das ist dann Gewalt, die eine Anerkennung ausschließt. Abdanken nie - lieber falle ich hier an Ort und Stelle mit dir - dann wird eben Otto kommen und selbst, wenn wir alle fallen sollten - noch gibt es andere Habsburger“, soll sie am 11. November 1918 gesagt haben, als ihrem Mann ein Dokument der Provisorischen Nationalversammlung vorgelegt wurde, mit dem er auf eine Teilnahme an den Regierungsgeschäften verzichten sollte.
Anders als ihr ältester Sohn Otto Habsburg (der von 1979 bis 1999 für die CSU im EU-Parlament saß) verzichtete sie selbst nie auf den Thron. (Otto Habsburg tat das auch erst 1961) Dennoch durfte sie sich 1982 nach Vermittlungsversuchen durch den spanischen König Juan Carlos in Österreich niederlassen. Gemäß den nach wie vor geltenden Habsburgergesetzen ein klarer Rechtsbruch. Vor allem die katholische Kirche nahm das begeistert auf.
Der damalige Wiener Erzbischof (Franz König, Anm.) begrüßte die ehemalige Kaiserin und würdigte ihre tiefe Religiosität mit den Worten: "In allen diesen Jahren, seitdem Sie 1918 ihre Heimat verlassen mussten, waren Ihnen der Glaube und tiefe Religiosität Stütze und Halt in diesen schweren Zeiten. Ihre Worte und Ihr ausgewogenes Urteil, das wir in den letzten Monaten aus den Medien erfahren haben, haben auf uns alle einen tiefen Eindruck gemacht.", schreibt kathweb. Zita Habsburg starb 1989. Ihre Beisetzung in der Kapuzinergruft wurde beinahe wie ein Staatsbegräbnis begangen.
Sonderstellung für Otto Habsburg
Für Otto Habsburg bedeutet der Seligsprechungsprozess jedenfalls eine Sonderstellung. Schon jetzt ist er der einzige lebende deutsche Politiker mit einem selig gesprochenen Elternteil. Wird das Verfahren mit seiner Mutter zügig durchgezogen, könnte der greise Multistaatsbürger der wahrscheinlich erste lebende Mensch sein, um dessen beiden Elternteile die katholische Kirche einen Totenkult etabliert hat. Wird er nach seinem Tod dann selber der nächste sein? Immerhin hat ihm bereits Benedikt XVI. kollegial zum 95. Geburtstag gratuliert.
Christoph Baumgarten