BERLIN. Im Rahmen der von der Regierungskoalition geplanten Unternehmenssteuerreform ist
beabsichtigt, den Banken die Aufgabe zuzuweisen, eine an die Abgeltungssteuer von Kapitalerträgen gekoppelte Kirchensteuer abzuführen. Hierzu sollen die Steuerpflichtigen verpflichtet werden, gegenüber ihrer Bank eine Bescheinigung über die Kirchenmitgliedschaft vorzulegen.
Diese Absicht wurde laut einer Meldung der Agentur Reuters von Finanzminister Steinbrück geäußert: „Die Steuerpflichtigen müssten den Banken eine Bescheinigung über ihre konfessionelle Bindung von ihrer Gemeinde oder ihrem Finanzamt vorlegen. Wenn sie in der Kirche sind, wird auf der Ebene der Banken gleichzeitig die Kirchensteuer abgezogen", sagte der Minister.
Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums für Steuerpolitik, Oliver Heyder-Rentsch, wollte diese Meldung heute nicht bestätigen und sprach gegenüber dem hpd nur von einer „politischen Vereinbarung", zusätzlich zur Abgeltungssteuer auch den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer durch die Banken einzubehalten. Konkrete Entscheidungen zur Umsetzung dieser Vereinbarung seien jedoch noch nicht beschlossen worden.
Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V. (IBKA) erklärt dazu: "Die Pläne der Bundesregierung führen zu einer Ausweitung der bereits jetzt mehr als fragwürdigen Privilegien der Großkirchen.
Bereits jetzt erfährt der Arbeitgeber über die Lohnsteuerkarte von der Konfessionszugehörigkeit des Arbeitnehmers, was einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt. Dazu soll nun auch noch die Pflicht hinzukommen, seiner Bank gegenüber die Konfessionszugehörigkeit zu erklären – all dies, um den beiden großen Kirchen eine bequeme Finanzierung durch staatliche Regelungen zu gewährleisten."
Das verfassungsmäßig garantierte Recht, seine Religionszugehörigkeit nicht offenbaren zu müssen, sei schon bisher bedenkenlos den Interessen der Kirchen geopfert worden, und die vorliegenden Pläne der Bundesregierung setzen nun noch eins drauf. Indem die Kirchenfinanzierung als staatliche Aufgabe begriffen werde, würde zugleich deutlich, wie weit Deutschland von der Verwirklichung einer Trennung von Staat und Kirche, die diesen Namen verdient, entfernt sei.
"Wenn in Folge einer Abgeltungssteuer das bisherige auf Kirchensteuerabzug vom Gehalt beruhende System an seine Grenzen stößt, so sollte dies Anlass sein, den staatlichen Einzug der Kirchensteuer in Frage zu stellen, anstatt das System weiter auszudehnen. Es ist nicht einzusehen, warum Kirchen sich nicht wie Parteien, Gewerkschaften usw. über selbst erhobene Mitgliedsbeiträge finanzieren können. Durch eine derartige Entkopplung der Kirchenfinanzierung von der Einkommensteuer würde zugleich auch der Spielraum der Steuerpolitik vergrößert. Derzeit werden bei einer Änderung der Einkommensteuer nahezu immer Kircheninteressen berührt, was die politischen Entscheidungsprozesse verkompliziert. Die Verflechtung von Staat und Kirche wirke sich hier wie auf anderen Gebieten (z. B. im Schul- und im Sozialsystem) nachteilig aus."