Der Papst in Straßburg. Na und?

STRASSBURG. (hpd) Das gute Wetter am Vortag des Papstbesuches verleitete mich dazu, meine Arbeit sausen zu lassen. Es führte mich von München nach Strassburg. Im Gepäck hatte ich Informationsmaterial, das mir freundlicherweise vom BfG München zur Verfügung gestellt wurde, um die Öffentlichkeit mit unserer Sichtweise auf Religiöses in der Europastadt zu konfrontieren.

Meine Ankunft war vielversprechend. Schon beim Spaziergang in die Innenstadt von Straßburg kam mir eine engagierte - mit Trillerpfeifen und Trommeln sowie lauten Rufen lärmende - Demonstration entgegen. Auf Nachfrage erfuhr ich dann allerdings, dass es sich um Schüler handelte, die sich für verbesserte Bildungschancen einsetzten.

Ich schöpfte Hoffnung, gleich aufmerksame Bürger mit meinen Postkarten beglücken zu können. Doch ich war aber fortan nur von Weihnachtseinkäufern, Baguetteträgern und nach Hause strebenden Menschen umgeben. Auch fand ich keinen geeigneten Platz, so dass mir nur blieb, die schöne Stadt zu bewundern.

Am nächsten Morgen strebte ich mit Wanderschuhen und bepacktem Rucksack aufs Europäische Parlament zu, vorbei an Kilometer langen Absperrungen, die von Polizisten gut gesichert wurden. Schaulustige? Fehlanzeige.

leere Straßen in Straßburg

Erst kurz vor dem Parlament vielleicht 30 Schaulustige. Direkt neben mir zwei hochaufgeregte katholische Schwaben.

Papst-Fans

Auf dem Weg war schon einmal mein Rucksack gefilzt worden. Da endlich: zwei blaubeleuchtete Motorräder und eine Kolonne schwarzer Limousinen. Ich riss mein Plakat empor mit dem bekannten Werbeaufdruck für den frechen Mario.

Plakat "Frecher Mario"

Erst allmählich wurde mir klar, dass es wohl nicht der Papst war, der drinnen gesessen hatte. Dafür kamen jetzt einige Sicherheitsleute auf mich zu, die mich aufforderten, meinen Leonardo einzupacken und noch weitere zwei Mal meinen Rucksack durchstöberten.

Rucksack

Als im nächsten Konvoi dann tatsächlich der Papst vorbeirollte, traute ich mich nicht einmal mehr, mein Plakat zu entrollen. Zu viele Polizisten waren um mich herum und auch die Papstfans - vielleicht 50 Leute - schauten mich grimmig an.

Dann sah ich, wie enorm lange Kameraausleger und ca. 20 Übertragungswagen vor dem Parlamentsgebäude den Gast in Empfang nahmen. Ich hörte, wie die Blaskapelle die Vatikanhymne spielte und dann “Freude, schöner Götterfunke”.

Unsere kleine Gruppe löste sich auf. Ich wanderte zurück. Eine Verteilung unserer deutschen Broschüren an die, auch albanischen(!), Papstfans hätte keinen Sinn gemacht.

An der nächsten Straßenbahnhaltestelle warteten gelangweilt viele Schüler. Ich fasste mir ein Herz und ging auf sie zu und überreichte ihnen Exemplare von der BfG Postkarte mit der Fliegengemeinde. Die erste Gruppe, die ich in meinem eingerosteten Französisch mit dem Hinweis auf den nur wenige hundert Meter entfernt weilenden Papst ansprach, wehrte erst mal ab, weil sie die Flyer für Papstreklame hielten. Bei näherer Betrachtung jedoch nahmen sie gerne an. Als ich den Bahnsteig nach vielen verteilten Karten verließ, lachte die Hälfte der Wartenden und schon kam die Tram.

Postkarte

Im Radio später hörte ich, dass dieser Besuch direkt an den Besuch von Johannes Paul anschließen würde, ein Papst im Parlament ja fast schon eine gute Tradition sei. Es wurde betont, dass sei schon 26 Jahre her und daher längst überfällig. Schließlich habe der damalige Besuch so viel Gutes bewirkt.

So werden Weihnachtsmärchen gebacken. Überhaupt überschlug sich der unausweichliche Bayerische Rundfunk auf allen seinen Kanälen mit Meldungen über die riesige Bedeutung, die dieser Besuch gehabt hätte.

In Straßburg jedenfalls hat das kaum jemanden interessiert. Jedenfalls niemanden, der nicht dafür bezahlt wurde.

Ich halte es dagegen für interessanter, dass der Papst zwar mit Parlament, Ministern und Europarat sowie Richtern des Europäischen Gerichtshof sprach - sich damit also direkt in die Politik über die Grenzen von Legislative und Judikative hinweg in den Staatenbund einmischte - aber weder einen Besuch im Münster noch bei irgendwelchen Gläubigen für nötig hielt. Die scheinen nicht so wichtig zu sein.