Besetzung eines Konkordatslehrstuhl gestoppt

Beispielbild
Prof. Theodor Ebert / Foto (c) Evelin Frerk
Sind Sie selbst, Herr Professor Ebert, an der Uni Erlangen?

Ich bin als pensionierter Professor noch Mitglied der Universität, aber ich bin im Ruhestand.

Sie sind davon dann also definitiv nicht betroffen.

Was heißt „definitiv nicht betroffen“? Es betrifft mein Fach. Und ich habe ein gewisses Interesse, dass die Philosophie ihre Lehrstühle besetzen kann, ohne dass ein Bischof sagen kann „der Kandidat gefällt mir“ oder „der Kandidat gefällt mir nicht“. Das ist einfach das Entscheidende. Und was prinzipiell zunächst einmal zu sagen ist: dass diese Regelung, also das Veto-Recht der Kirche bei Besetzungen von Lehrstühlen, jedenfalls bei Lehrstühlen außerhalb der theologischen Fakultät, klarerweise sowohl gegen die bayerische Verfassung wie auch gegen das Grundgesetz verstößt. In der bayerischen Verfassung heißt es im Artikel 107, Abs. 4: „Die Zulassung zu den öffentlichen Ämtern ist von dem religiösen Bekenntnis unabhängig.“ Das Grundgesetz stellt fest – im Artikel 33, Abs. 3: „Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.“ Das sind sehr klare und eindeutige Rechtsbestimmungen im Verfassungsrecht und es ist erstaunlich, dass es überhaupt zu einem solchen Vertragsabschluss mit der Kirche kommen konnte, dass der Kirche dieses Vetorecht eingeräumt wurde.


Dann bedeutet dass, dass seit 1974 gegen die Verfassung verstoßen wird.

Ja, natürlich. Das ist übrigens nicht meine Privatmeinung. Das ist auch die Meinung eines bayerischen Verfassungsrichters. Es hat bereits im Jahre 1980 ein Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtes gegeben und zwar auf dem Wege einer sogenannten Popularklage. Das ist eine Spezialität in Bayern: mit einer Popularklage kann man gegen Gesetze des bayerischen Staates vorgehen, wenn man sie für unvereinbar mit der Bayerischen Verfassung hält, auch wenn man davon in seinem subjektiven Recht nicht betroffen ist, was man ja sonst bei verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachweisen muss.

Dieses Popularklageverfahren wurde damals von einem Assistenten in Erlangen, Gerhard Keil, betrieben. In dem Verfahren hat dann der erwähnte Verfassungsrichter in einem abweichenden Votum gesagt: „Nach meiner Ansicht verstößt der Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtages zu Art. 3 § 5 Satz 1 des Vertrages zur Änderung und Ergänzung des Konkordates vom 4.9.1974 gegen das Grundrecht auf bekenntnisunabhängige Zulassung zu den öffentlichen Ämtern (Art. 107, Abs. 4 BV) und gegen den Verfassungsgrundsatz des allgemeinen Zugangs zu den öffentlichen Ämtern (Art. 94 Abs. 2 BV) . Außerdem halte ich hinsichtlich der Zustimmung zu Art. 3 § 5 Satz 2 des genannten Vertrages auch Art. 55, Nr. 4 BV für verletzt; danach ist die Ernennung der Staatsbeamten allein Sache der Regierung.“ [BV = Bayerische Verfassung]


Also ist das aktuelle Verfahren so etwas wie ein Musterverfahren? Bei dem es dann dazu kommen kann, dass bis zum Ende durch die Instanzen gegangen wird?

Es ist das erste Verfahren, in dem jemand, der subjektiv betroffen ist, klagt, also Frau Professor Wessels. Denn der Nachteil der bereits erwähnten Popularklage ist, wenn man da abgewiesen wird – und das Gericht hat ja damals die Klage abgewiesen – dass man nicht den Instanzenweg beschreiten kann. Man kann also nicht zum Bundesverfassungsgericht beispielsweise gehen. Das ist aber möglich bei einem normalen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Frank Navissi

Die Pressemitteilung im Wortlaut.