Ein Plädoyer für Zoos

zoo-noerdl_breitmaulnashorn.jpg

Nördliches Breitmaulnashorn im Zoo Dvůr Králové / Foto: wikimedia commons

(hpd) Eisbär Knut ist tot. Mit gerade mal 4 Jahren, was für einen Eisbären kein Alter zum Sterben ist. Die genauen Umstände seines Todes sind noch ebenso unbekannt wie mögliche Behandlungen durch den Tierarzt während seines kurzen Lebens. Niemand außer den Pflegern und dem Zootierarzt kann da etwas Genaues sagen. Aber viele haben eine Meinung.

 

So lese ich zum Beispiel in den Kommentaren verschiedener Online-Medien, dass Knut uns doch die Augen öffnen müsse. Zoos sind nichts anderes als Gefängnisse für Tiere und gehören deshalb abgeschafft. Tiere gehören in die Freiheit. Das mag während der ersten Betroffenheit durchaus plausibel erscheinen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass diese Ansicht in ihrer Gesamtheit ein Kurzschluss ist.

Sudan, Suni, Fatu und Najin sind vier nördliche Breitmaulnashörner, die bis Dezember 2009 lediglich den tschechischen Zoo Dvur Kralove als Lebensraum kannten. Bis auf Sudan, der in den 70er Jahren noch wild gefangen wurde, sind alle schon im Zoo geboren. Dann kam der große Umzug in ein Reservat nach Kenia. Die vier Nashörner sahen sich plötzlich völlig neuen Gerüchen, neuem Futter und einer neu gewonnenen Freiheit gegenüber. Das um ein Vielfaches größere Auslauf-Gebiet führte dazu, dass die Tiere abends nach ihren täglichen Erkundungen reichlich erschöpft in ihre Stallungen zurückkehrten. Trotzdem sind die Tiere nicht wirklich frei. Ihr Lebensraum ist eingezäunt, mit Wachtürmen umstellt und die Tiere selbst besitzen einen Sender, der sie permanent ortet. Gerade bei Nashörnern wirkt die Idee, die Tiere doch zu ihrem Besten in der freien Wildbahn zu belassen oder später auszuwildern nahezu grotesk, denn genau das ist ihr Todesurteil und damit auch das Ende der verschiedenen Arten. Werden die einen Nashörner auf dem afrikanischen Kontinent ihres wertvollen Horns wegen von Wilderern mit Helikoptern und Geländewagen gejagt, leiden die anderen in Asien unter der Zerstörung ihres Lebensraumes zugunsten von Palmölplantagen.

Wenn ich mal einen Zoo besuche, wirken gerade die Tiger in ihren Gehegen immer ein wenig unterfordert. Aber auch hier gilt: das Ende der Zoos wäre auch das Ende des Tigers, werden sie in freier Wildbahn doch ebenso gejagt wie die Nashörner, um ihre Körperteile in der Traditionellen Chinesischen Medizin zu verwenden.

Streng überwachte Reservate und Zoos sind also die einzigen sicheren Orte für diese Tiere, um zu verhindern, dass sie letztlich doch noch aussterben. Dabei geht es schon längst nicht mehr ausschließlich um die Haltung der Tiere zum Zweck der Präsentation. Weltweit geführte Zuchtbücher, der regelmäßige Austausch von Tieren oder lediglich Sperma zur Paarung bei gleichzeitiger Erforschung und Untersuchung der Physiologie – Stichwort: künstliche Befruchtung - und damit verbundene Zuchterfolge sind heute unerlässlich, um die verbliebenen Bestände in freier Wildbahn nicht zu belasten und den Genpool möglichst groß zu halten. Allerdings reichen diese Maßnahmen für eine erfolgreiche Nachzucht in Zoos nicht aus. Deshalb haben sich – ebenso wie in der Landwirtschaft - in den letzten Jahren Begriffe wie Animal Welfare oder auch Behavioral Enrichment etabliert, denn nur zufriedene Tiere pflanzen sich auch fort.

Jüngst erschien zu der Rolle moderner Zoos eine Meldung der Max-Planck-Gesellschaft in Zusammenarbeit dem International Species Information System. Die Forscher des Max-Planck Instituts fordern darin eine stärkere Rolle der Zoos beim Artenschutz. Ihrer Ansicht nach sollen Zoos keineswegs nur im Notfall aktiv werden und als Arche fungieren, da bei sehr kleinen Beständen und einem daraus resultierenden kleinen Genpool eine erfolgreiche Rettung deutlich komplizierter ist. Vielmehr sollen Zoos natürliche Populationen durch Zucht unterstützen und die Tiere dann auswildern.

Wenn das doch nur immer so einfach wäre…

Sören Schewe