Quo Vadis Sozialdemokratie?

Michael Bauer (SPD, Geschäftsführer des HVD Nürnberg) versuchte eingangs ein paar Positionen zu klären:

1. Die Grenze verlaufe zwischen Fundamentalisten aller Art und Gesprächsbereiten.

2. Laizismus ist keine Weltanschauung, sondern die Frage, wo die Trennlinie zwischen Staat und Kirche verläuft.

3. Wir haben ein Staatskirchenrecht, da dort tatsächlich die Beziehungen zwischen Staat und Kirche geregelt werden. Was wir bräuchten, ist ein Religionsverfassungsrecht.

4. Die Gesellschaft verändere sich, wir werden multireligiös und dem darf sich eine Partei wie die SPD nicht verschließen.

5. Er vertrete einen demokratischen Republikanismus, in dem jeder Bürger die gleichen Rechte habe und der Staat einen gleichen Abstand, eine Äquidistanz, zu allen Religionen.

6. Christlich orientierte Menschen würden häufig gar nicht bemerken, wie sehr sie privilegiert werden, z. B. beim Religionsunterricht.

7. Letztlich geht es um eine Emanzipation der Bürger in einer Migrationsgesellschaft.

Mit solchen Positionen konnte Benno Haunhorst (SPD, Katholischer Theologe und Pädagoge, AK Christinnen und Christen) gar nichts anfangen. Er sei seit 40 Jahren Mitglied der SPD und hätte drei Vorbilder gehabt. Willi Eichler, den Vater des Godesberger Programms, der eine weltanschauliche Neutralität wollte („SPD ist die Partei der Freiheit des Geistes!“) und festgelegt habe: Die SPD ist keine laizistische Partei. Der zweite war Alfred Kubel, ein Agnostiker, der als Ministerpräsident in Niedersachsen das Konkordat mit der katholischen Kirche vereinbart habe und schließlich der Humanist Willy Brandt, der die Bedeutung der religiös gestimmten Wähler für die SPD erkannt habe und die Stelle eines Kirchenreferenten beim Parteivorstand etabliert habe.

100 Jahre SPD: „Was sind 100 Jahre links, gegen den Segen von Frings!“

Für Haunhorst, bei dem die Geschichte der SPD anscheinend erst 1958 beginnt, gibt es die Christinnen und Christen in der SPD bereits seit mehr als dreißig Jahren, also vermutlich seit Bestehen der Partei, und er kann sich nicht vorstellen, dass der Parteivorstand den AK der Laizisten anerkennen wird.

Werner Schultz (SPD, Abteilungsleiter beim HVD-Berlin) stellt eine extreme Abwehrfront seitens der Christinnen und Christen in der SPD fest. Er fragt sich, ob es um Weltanschauung oder um die Pfründe gehe, wenn ein weiterer AK von der Partei finanziert werden müsse. Und er fragte nicht nur sich: Sind wir, die wir alle Mitglieder in der SPD sind, noch in der gleichen Partei? Wir machen einfach weiter so, wie die letzten Jahre - das könne nicht das Konzept sein. Wenn tatsächlich 71 % der Parteimitglieder auch Kirchenmitglieder seien, dann repräsentiere die SPD als Volkspartei nicht mehr die Bevölkerung. Und, das war sein zentrales Anliegen: Die SPD muss den Dialog führen.

Aus dem Publikum betonte Robert Maier, dass nicht nur beiden Kirchen, sondern auch bei der SPD die Wucht der gesellschaftlichen Entwicklung noch nicht angekommen sei. Die SPD müsse aufwachen, denn durch ihre indifferente Haltung bedrohe sie sich selber.

Horst Isola bedankte sich für die anfängliche Abwehr der Christen. Dass zwei Tage nach Gründung der Laizisten Erzbischof Zollitsch beim Parteivorsitzenden angerufen und sich beschwert habe, ließ den Laizisten eine Öffentlichkeit zukommen, die sie aus eigener Kraft so nicht erreicht hätten. Nicht nur ironisch meinte er: „Unsere Gegner bauen uns auf.“

Viele Beispiele, auch in Bremen, wo die Regionalgruppe der Laizisten von den Christen begrüßt worden sei, zeigten, dass man miteinander reden könne. Warum nicht auch die Parteiführung?

Michael Bauer versucht mit Benno Haunhorst ins Gespräch zu kommen: Die Parteiführung argumentiert nicht inhaltlich, sondern mit dem Markenrecht! Es gehe auch um die Herstellung von Waffengleichheit, wenn es mehr als 700 Professoren der Theologie aber keinen einzigen für Humanistik gebe.

Benno Haunhorst wehrt solche Versuche freundlich ab. Das gültige Hamburger Programm der SPD betone die Zusammenarbeit und den Dialog mit den Kirchen. Es schließe einen Laizismus in der SPD aus.

Das war es dann auch insgesamt. Den Laizisten war noch einmal auf verschiedenen Ebenen bestätigt worden, dass die SPD-Politiker im Bund sich als Teil einer „Pastoraldemokratie“ verstehen und noch nicht bereit sind, sich breiter zu organisieren. Aber wie es aussieht, hat das die Laizisten nun endgültig überzeugt, dass sie aktiver werden müssen. Wie weit die Christinnen und Christen in der SPD der Meinung sein werden, die Laizisten hätten sich nun mit dieser eigenartigen Tagung präsentieren können und es würde jetzt reichen, das wird sich zeigen.

C.F.