Argentinien: Laizistische Organisationen klagen gegen Kirchenprivilegien

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Kirche in Argentinien
Kirche in Argentinien

In der argentinischen Verfassung ist die Unterstützung des römisch-katholischen Kultes festgelegt. Ein Umstand, der sich unter anderem in der Finanzierung von Bischofsgehältern äußert. Für ein breites Bündnis laizistischer Gruppen ist es höchste Zeit, diese Relikte der Diktaturen abzuschaffen. Eine Klage soll den Weg zur Abgeordnetenkammer ebnen.

Im März 2021 schlossen sich etwa 50 Organisationen zusammen und gründeten gemeinsam Organizaciones Laicistas de Argentina ("laizistische Organisationen von Argentinien"), kurz O.L.A. ("Ola" ist außerdem das spanische Wort für "Welle"). Mit dabei sind laizistische, feministische, Menschenrechts-, religiöse oder auch atheistische Organisationen. Sie verlangen grundlegende Änderungen bezüglich des Einflusses der katholischen Kirche auf Leben und Finanzen in Argentinien.

Artikel zwei der argentinischen Verfassung besagt aktuell: "El Gobierno federal sostiene el culto católico apostólico romano". Also, dass die Regierung den römisch-katholischen apostolischen Kult fördert. Dies nimmt die Regierung nicht nur zum Anlass, klerikale Gehälter Jahr für Jahr zu finanzieren, sondern lässt kirchliche Moral- und Rechtsvorstellungen auch andere Bereiche übernehmen. Das will das Bündnis O.L.A. ändern.

Unter anderem fordern die O.L.A.-Aktivist*innen die Annullierung ökonomischer Vorteile religiöser Institutionen und ihrer Repräsentant*innen, die Aufhebung sämtlicher aus den Diktaturen stammender Gesetze, die der katholischen Kirche Privilegien einräumen, juristische Verfolgung von Klerikern, die Verbrechen gegen Minderjährige begangen haben, die Öffnung der Kirchenarchive mit Bezug zu Zeiten staatlichen Terrors, die Kontrolle der Einhaltung der Gesetzgebung zur Gleichstellung der Geschlechter in religiösen Einrichtungen und die Entfernung religiöser Symbole aus öffentlichen Einrichtungen.

Mit seinen Anliegen trat das Bündnis zunächst an die Defensoría del Pueblo, die Ombudsstelle oder Volksanwaltschaft, heran, um nach Artikel 39 der argentinischen Verfassung ein Projekt zur Gesetzesänderung in der Abgeordnetenkammer präsentieren zu können. Bereits 514.000 Unterschriften, welche die Forderungen von O.L.A. unterstützen, hätten gereicht, um das Projekt mittels Ombudsperson in die Abgeordnetenkammer zu bringen. Von der Ombudsstelle jedoch erhielt O.L.A. die Information, dass die Stelle des Ombudsmannes beziehungsweise der Ombudsfrau nicht besetzt sei. Daher sei es nicht möglich zu helfen – trotz laufenden Betriebes der Defensoría del Pueblo. Da die Stelle seit bereits 13 Jahren nicht besetzt ist, suchte und fand O.L.A. einen neuen juristischen Weg: Eine Amparo-Klage, welche rasch entschieden den Weg zum Ende der Kirchenprivilegien sowie der kirchlichen Einmischung in zahlreiche Gesellschaftsbereiche ebnen soll.

Bei einem öffentlichen Treffen Ende Juni 2022 von O.L.A.-Aktivist*innen mit Abgeordneten formulierten einige der Politiker*innen ebenfalls ihre Kritikpunkte an kirchlichen Einrichtungen und Handlungen. Diese umfassten zum Beispiel sexuelle Gewalt kirchlicher Würdenträger gegen Kinder und Jugendliche oder auch die an die Kirche fließenden Gelder. Vilma Ripoll von der sozialistischen Arbeiter*innenbewegung berichtete dabei vom Fall einer Frau, die entführt und in Folge sexualisierter Gewalt schwanger geworden war. Der örtliche Priester setzte die Frau unter massiven Druck nicht abzutreiben.

Von der Argentinischen Bischofskonferenz gab es keine Meldung zum Vorstoß des O.L.A.-Bündnisses.

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