FREIBURG. (hpd) In Freiburg im Breisgau soll die letzte Etappe der apostolischen Reise von Joseph Ratzinger, der unter dem Namen Benedikt XVI. seit 2005 die katholische Kirche regiert, nach Deutschland ein furioses Finale finden. Wie auch in Berlin und Erfurt entwickelt sich in Freiburg nun ein Bündnis von Menschen, die den Kirchenführer nicht willkommen heißen.
Unterstützt wird der Zusammenschluss von der Theologin und Autorin Uta-Ranke Heinemann sowie Lutz van Dijk, der unter anderem eine Stiftung für von AIDS betroffene Kinder und Jugendliche in Südafrika gegründet hat. Zudem ist eine E-Petition gegen Ratzingers Rede beim Deutschen Bundestag in Vorbereitung.
Die katholische Kirche hat im Programm zur Reise ihres Kirchenoberhaupts geplant, dass neben dem Besuch des Freiburger Münsters und dem Dienst an einem Gott auf dem Freiburger Flughafengelände, wo man bis zu 300.000 Besucher erwartet, sich Ratzinger in das Goldene Buch der Stadt eintragen soll.
Dagegen wendet sich das Bündnis „Freiburg ohne Papst“, das von der Rosa Hilfe Freiburg e.V. initiiert wurde. Weitere Bündnispartner sind die Evolutionären Humanisten Freiburg und Volley-Vous e.V., ein Volleyballverein homosexueller Menschen. Der Aufruf von „Freiburg ohne Papst“ ist an die Resolution des Berliner Protestbündnisses angelehnt. Es gibt ebenfalls die Möglichkeit, den Aufruf in einer Unterschriftenaktion zu signieren. Es sollen auch in Geschäften und Lokalen der Stadt Formulare ausgelegt werden, um für den Aufruf Stimmen zu sammeln.
Ernsthafte Erwartungen, die Eintragung des Kirchenführers in das Goldene Buch der Stadt verhindern zu können, sind jedoch nicht vorhanden. Dass erklärte Albrecht Ziervogel, Sprecher des Beratungsvereins Rosa Hilfe Freiburg, gegenüber dem Freiburger Online-Stadtmagazin „fudder“. Der Widerstand sei symbolischer Natur, um die Gründe und Kritik der Bevölkerung bekannt zu machen. „Wenn wir das nicht täten, bliebe es ausschließlich bei den Jubelpäpstlern beim Papstbesuch in Freiburg, und jegliche kritische Beurteilung der Fragwürdigkeiten in Politik und Verhalten dieses Papstes und seines Vatikans unterblieben.“
Ziervogel erklärte auch, „dass eine Person, die offen und ungeniert für die Missachtung hoher Werte unserer Staatsverfassung plädiert, kein Ehrengast unseres Landes und auch nicht unserer Stadt sein darf, solange sie von ihren verfassungsfeindlichen Positionen in keiner Weise abrückt.“ Zudem dürften die vom Papst vertretenen Bestrebungen dieser Kirche, eigene Dogmen zur staatlichen Norm anderer Länder zu erheben, nicht auch noch mit Ehrenbezeugungen honoriert werden.
Ferner kritisierte er die zusätzlichen Ausgaben, welche im Haushalt von Kommune und Land bereitgestellt werden müssen. Im Landesetat wird mit fünf Millionen Euro Mehrkosten gerechnet, um die Einsätze von Sicherheits- und Ordnungsbehörden zu finanzieren. Für die Stadt Freiburg sind mindestens 300.000 Euro Zusatzausgaben einkalkuliert, welche die apostolische Reise für den Steuerzahler mit sich bringen wird.
Im Rahmen des papst- und kirchenkritischen Zusammenschlusses will man nun Info-Stände im Stadtzentrum aufstellen, sowie eine Podiumsdiskussion vor dem Eintreffen von Joseph Ratzinger in Deutschland durchführen. Angekündigt wurde auch, dass Uta Ranke-Heinemann, eine bekannte Theologieprofessorin und vehemente Kritikerin kirchlicher Positionen und Ideen, einen Vortrag hält.
Das Aktionsbündnis hofft außerdem, noch weitere Sponsoren zu finden. Es heißt, dann könne der Protest erweitert werden. Dessen Zielrichtung seien nicht „Klamauk und billiges Motzen“, so Ziervogel. Geplant sind offenbar auch nachhaltigere Aktionen: „Wir wollen beginnen, eine Volksbewegung für die Kündigung sämtlicher Konkordate in Deutschland zu initiieren. Dafür ist der Papstbesuch eine sehr geeignete Plattform.“
Auch weiterer Widerstand gegen Rede im Bundestag
Auch gegenüber dem von Kirchenpolitikern arrangierten Auftritt von Joseph Ratzinger im Deutschen Bundestag zeigt sich ein erster konkreter Widerstand. Die Münchner Regionalgruppe der Giordano Bruno Stiftung veröffentlichte auf ihrer Internetseite am Sonntag eine Mitteilung, nach der eine offizielle Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht wurde.
Die Forderung der E-Petition an das deutsche Parlament ist, dass am Auftritt Ratzingers nicht teilnehmende Bundestagsabgeordnete wegen ihrer Abwesenheit keine Abzüge bei den Diäten erhalten, „da der Papst demokratischen Abgeordneten als Staatsmann nichts zu sagen hat und pastorale Reden im Deutschen Bundestag obsolet sind.“ Der Freiburger Bischof Robert Zollitsch hatte die Mandatsträger wiederrum gewarnt, dem Ereignis fernzubleiben und es als ihren „Prüfstein“ bezeichnet.
Hauptpetent ist Heinrich Klussmann, ein Mediziner im Ruhestand. Die E-Petition befindet sich derzeit noch in der Prüfung, der Petitionstext des wurde jedoch schon vorab veröffentlicht. In der Begründung wird unter anderem festgestellt, dass der Papst eine zu unseren demokratischen Vorstellungen von Staat und Gesellschaft völlig konträre Auffassung vertritt. Zudem habe der Papst als Monarch des Staates Vatikanstadt „in der Welt der Politik überhaupt keine Bedeutung“. Die regelmäßig von ihm ausgesendeten Friedensappelle hätten in der Realität offenbar keine Wirkung.
Zudem sei das Parlament nicht der Ort für pastorale Erläuterungen oder Bekehrungsversuche, die päpstlichen Äußerungen zur Ökumene „unglaubwürdig, solange den protestantischen Kirchen das ‚Wirklich-Kirche Sein‘ abgesprochen wird.“ Die Petition prangert ebenfalls die zahlreichen Missstände in vielen gesellschaftlichen Fragen an, für welche der Papst und seine Kirche stehen. „Der Vertreter einer solchen ethischen Grundhaltung kann unseren Parlamentariern nichts Konstruktives oder Bereicherndes vortragen.“
Voraussetzung für den Erfolg wäre nach Zulassung der Petition, dass innerhalb von drei Wochen mindestens 50.000 Personen die Petition unterzeichnen. Geschieht dies, werden der Petent oder mehrere Petenten vom Ausschuss des Deutschen Bundestages in öffentlicher Sitzung angehört. Für Menschen, denen die Teilnahme am E-Petitionssystem kompliziert erscheint, hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace eine Anleitung veröffentlicht.
In der Pressemitteilung der Regionalgruppe der Giordano Bruno Stiftung München heißt es, die Freigabe der Petition wird in zwei bis drei Wochen erwartet.
Jana Trommler