DÜSSELDORF. Die Evangelische Kirche im Rheinland gab im September diesen Jahres ein beachtenswertes Kompendium
heraus – einen „Leitfaden für Mitarbeitende im Krankenhaus, in Einrichtungen der Altenhilfe und Hospiz“ mit detaillierten Hinweisen, wie mit den Kunden umzugehen ist hinsichtlich ihrer Religion bzw. Weltanschauung (nach dem Vorbild des „Addenbrooke’s Hospital“ in Cambridge).
Ganz neutral wurden die Menschen in dem Handbuch als Menschen genommen. Wenn muslimische Säuglinge sobald als möglich nach der Geburt vom Vater oder einem Verwandten einen Gebetsruf in das linke Ohr erhalten, dann sei dies genauso zu beachten wie Sitten der Hindus. Die geben dem Kind kurz nach der Geburt gerne etwas Süßes in den Mund.
Es gab in jedem Artikel knappe Grundinformationen über den Glauben, die Gebetsriten, Hygiene, Ernährungsvorschriften, Geburts- und Bestattungsriten und vieles mehr – kurz über das, was zu beachten ist, egal welche Vorbildung das Krankenpersonal hat. Erläutert werden unter anderem Bahá’i, Buddhisten, Quäker, Zeugen Jehovas, Rastafari, Sinti und Roma sowie Spiritualisten, aber auch Christen, Juden und Muslime und – das war der Clou – auch Heiden und Humanisten. Der ausgebreitete Glaubensreichtum war also reichlich und verwirrend für naive Gemüter. Wohl niemand ist vergessen worden. Alle waren mit einem Symbol versehen.
Ein Pfarrer im Ruhestand, Michael Giere, selbst Krankenhausseelsorger gewesen in Solingen, Leiter eines entsprechenden Konvents, unterzog sich dieser verdienstvollen Arbeit. Aber – wäre er vielleicht noch aktiv gewesen – hätte er rechtzeitig bemerkt, dass da etwas nicht stimmen kann: Sind denn alle gleich im evangelischen Sinne und im christlichen Krankenhaus? Ist die religiös-weltanschauliche Neutralität mit der religiösen Tendenz vereinbar? Wo bleibt da der Missionsgedanke? Hinter welcher Glaubensmaske verbergen sich böse Sekten? Sind Sinti und Roma eine Religion?
Ach Gott, ach Gott. Und schlimmer noch als der Paganismus der Heiden – der Humanismus der Atheisten und Agnostiker! Die Organisierten dieser Spezies, gerade mit intensiver Diskussion der „Humanistischen Beratung“ beschäftigt – wie deren „weltliche Seelsorge“ heißt und in Holland und Belgien Gang und Gäbe ist – bestellten flugs Exemplar um Exemplar, kommen doch auch in ihre Einrichtungen diverse Gläubige. Auch ist es gut für Humanisten zu wissen, was Humanisten so für Sitten haben, wenn sie Kunden sind.
Doch ach, das Mahlwerk der Amtskirche zeigte Bekenntnisfrüchte und diese sind in der zweiten Auflage (nur zwei Monate später, also November 2006) zu besichtigen. Vermerkte noch die erste Auflage bei den Humanisten, z.B. ihren Hygiene- und Speisevorschriften: „Es ist nichts Besonderes zu beachten“. So kann angesichts der zweiten Auflage gar nichts mehr beachtet werden – Humanismus war gestrichen, ersatzlos, kommentarlos, hilflos. Auch im Netz wurde die alte Version entfernt und durch die <gereinigte> ersetzt.
Das kann doch nicht daran gelegen haben, dass es nun gar nichts Besonderes gibt. Das stand auch bei den Christen an mehreren Stellen. Bei den Humanisten wird beim Essen wenigstens noch erwähnt, dass einige Vegetarier sind, „weil sie häufig die intensive Tierhaltung und die Verunreinigung der Nahrung durch chemische Mittel ablehnen“.
Es wird sicher auch nicht daran gelegen haben, dass die Zahl der Humanisten eventuell temporeich rückläufig wäre – jedenfalls nicht so rapide, dass sie in zwei Monaten weniger wichtig sind als Rheinland-Pfälzer Mormonen. Und umgekehrt wird die Selbstbesinnung des christlichen Personals auf den Missionsauftrag nicht alle Heiden getilgt haben, denn die wurden ebenso gestrichen wie die Spiritualisten. Bei den Sinti und Roma erkannte man den Fauxpas. Der Herausgeber besann sich vielleicht dabei sogar auf den Nicht-Widerstand der Kirchen gegen ihre Verfolgung und Ermordung im NS, obwohl viele Sinti und Roma Christen waren. Sie gelten – wie wahr – nun auch im Handbuch nicht mehr als Religion.
Was also könnte es gewesen sein, das zur Entfernung der Humanisten führte? Ein Schalk, wer hier an Patientenverfügungen, Kreuzentfernung, Obduktionsbereitschaft und Sterbehilfe denkt. Wer das nicht besonders beachtenswerte Humanistische sucht, findet es "hier im Anhang" . Und, sehr geehrter Herr Landeskirchenrat Gutheil als Herausgeber, warum wird der Leser / die Leserin in die Irre geführt mit dem falschen Versprechen, man finde in dem Handbuch auch „Weltanschauungen“ – und dann auch noch die „Wichtigsten“?
GG