Nur vier Prozent der Weltbevölkerung leben in Gesellschaften mit klarer Trennung von Staat und Politik sowie ohne Diskriminierung von Humanisten oder Konfessionsfreien. 70 Prozent leben dagegen in Staaten, die Religions- und Glaubensfreiheit unterdrücken. Zu dieser alarmierenden Feststellung kommt der jetzt veröffentlichte "Freedom of Thought Report 2022".
Bereits zum elften Mal veröffentlichte die Organisation Humanists International Anfang des Monats ihren jährlich publizierten "Freedom of Thought Report". Der umfassende Bericht ist eine Bestandsaufnahme der weltweiten Situation von Menschen mit humanistischer, atheistischer oder konfessionsfreier Weltanschauung hinsichtlich der ihnen gewährten Menschenrechte.
Besonderes Augenmerk legt die aktuelle Ausgabe des Berichts auf den Aspekt des politischen Säkularismus und die Diskriminierung von Humanisten und Konfessionsfreien durch staatliche Behörden. Dies ist vor allem in Ländern der Fall, wo Staat und Religion nur unzureichend oder gar nicht getrennt sind. So weist der Bericht für Saudi-Arabien, Afghanistan, Pakistan und Nordkorea gravierende Menschenrechts-Verstöße in allen untersuchten Bereichen nach: in Verfassung und Verwaltung, bei Bildung und Kinderrechten, Gesellschaft und Meinungsfreiheit. Im Ranking von Humanists International erreichen sie damit den schlechtestmöglichen Score-Wert von 5,0.
Deutschland belegt mit einem Score von 3,3 einen mittleren Platz. Der Bericht attestiert der deutschen Gesetzgebung einen Fall von "schwerwiegender Diskriminierung" durch den sogenannten "Blasphemieparagrafen" 166 StGB. In allen anderen Bereichen seien systemische Diskriminierungen von Säkularen zu beklagen, etwa durch die Privilegierung der Großkirchen sowie die Finanzierung von kirchlichen Einrichtungen und Gehältern von Kirchenleuten aus Staatsgeldern. Im Bildungssektor bemängelt der Bericht, dass der Religionsunterricht in vielen staatlichen Schulen verpflichtend angeboten wird, während säkulare Alternativen fehlen. Zudem kritisiert er, dass Konfessionsschulen sowohl Schüler als auch Angestellte aufgrund "falscher" oder fehlender Konfession ablehnen dürfen.
Während religionshörige Gesetzgebungen weltweit die Rechte von Konfessionsfreien und Säkularen verletzen, verbreitet sich in der Bevölkerung eine progressive Weltanschauung. So weist der Bericht auf eine Umfrage aus dem Jahr 2012 hin, nach der immerhin 13 Prozent der Weltbevölkerung Atheisten oder Atheistinnen sind, und weitere 23 Prozent sich als "nicht religiös" bezeichneten – ein Trend, der sich laut Humanists International weiter fortsetzen wird.