Wohin mit meinem Geld?

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Collage: F. Lorenz

(hpd) In der dunklen Jahreszeit, während der Feiertage und dazwischen schafft man es wohl, mal zur Besinnung zu kommen. Vielleicht will man gern Gutes tun, anderen Menschen helfen, die es nicht so gut getroffen haben. Doch wie, an wen und wohin? Der hpd hat eine kleine Auswahl zusammengestellt.

Wie verrückt werben alle möglichen Organisationen um Spenden, gerade vor den Feiertagen zum Jahresende. Allen vorneweg stehen häufig jene Organisationen, deren Mütter sich die beste Werbung leisten können, da sie schwer reich sind: die kirchlichen. Wer aber nicht an eine dieser Spendensucher Geld geben will, kann es schwer haben, sich im Dschungel der Hilfebedürftigen zurechtzufinden. Ganz abgesehen davon, dass häufig das Gros der Spende an die Verwaltung der Hilfsorganisationen geht und nur ein kleiner Teil der Summe tatsächlich an jene fließt, für die man doch gegeben hat.

Nach einem Kassensturz kommt man zum Ergebnis, dass man 20, 50, 100 € oder vielleicht auch mehr geben möchte. Doch wohin? Einige Hilfsorganisationen gewähren, dass an die 100 Prozent dessen, was gespendet wird, auch bei jenen ankommt, die das Geld am dringendsten brauchen. Mit relativ wenig Geld kann hier unglaublich viel Leid verhindert, geheilt oder wenigstens gemildert werden.

Giving What You Can: Mit wenig Geld viel bewirken

Bei Giving What You Can wird das Problem klar benannt: Extreme Armut ist eines der drängendsten Themen unserer Zeit. Sie ist eine der Hauptursachen des Leids auf der Welt und macht das nackte Überleben zu einem Kampf. Zweifellos haben Sie einige Statistiken schon einmal gehört, wie das Leben für die ärmsten Menschen unserer Welt aussieht, aber man kann sie auch wiederholen. Von den 6,7 Milliarden Menschen, die heute in unserer Welt leben:

• haben 2,5 Milliarden Menschen weniger als 2 $ am Tag zum Leben
• 1,4 Milliarden dieser Menschen leben von weniger als 1,25 $ am Tag
• mehr als 1 Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser
• mehr als 800 Millionen Menschen gehen jeden Abend hungrig ins Bett
• mehr als 6 Millionen Kinder sterben jährlich an Krankheiten, die zu verhindern wären
• mehr als 100 Millionen Kinder erhalten nicht einmal eine Grundausbildung
• mehr als 800 Millionen Erwachsene können weder lesen noch schreiben

Für vergleichsweise wenig Geld – nimmt man die Ausgaben in den reichen Nationen beispielsweise für Kosmetika, Eiskrem und Zigaretten, die sich auf 69 Milliarden $ summieren – könnten diese Probleme behoben werden (abgesehen übrigens von den Ausgaben für das Militär, die sich auf 780 Milliarden $ jährlich belaufen): Für 28 Milliarden $ könnten nach Schätzungen der UN Bildung, Wasser und Sanitäranlagen sowie Nahrung finanziert werden. Wenn jeder Bürger also einen kleinen Teil seines Einkommens an die richtigen Organisationen spenden würde, käme diese Summe rasch zusammen, ohne dass die Spender einen merklichen Verlust erleiden würden. Ob man wirklich 10 Prozent seines Einkommens geben möchte, muss man selbst entscheiden. Jede richtig gespendete Summe hilft.

GiveWell: “Real change for your dollar.”

Eine Quelle möglicher Organisationen, denen man spenden kann, ist GiveWell. Eine kleine Gruppe von Forschern hat sich bei GiveWell zusammengetan, ihre Vorsitzenden sind Flüchtlinge aus dem Finanzsektor. Sie suchen den Planeten ab nach Organisationen mit der maximalen Wirkung in Bezug auf das Geld, das sie erhalten. Ihre Aufgabe besteht darin, rund um die Welt nach Organisationen zu suchen, die Gutes tun, und diese dann einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen, einschließlich der Besuche von Standorten.

Ihre Forschung geht in die Tiefe. Tausende von Stunden haben sie nach eigenen Angaben in die Suche nach ihren Spitzenreitern der Wohltätigkeit gesteckt. Die empfohlenen Organisationen – gerade mal ein Prozent aller untersuchten Organisationen! – haben sich als kosteneffektiv, unterfinanziert und außergewöhnlich erwiesen.

GiveWell veröffentlicht die Ergebnisse einschließlich ausführlicher Fallordner, zur freien Verfügung auf seiner Website. Ihr Motto: “Real change for your dollar.’’

Against Malaria: Netze statt Weihnachtskarten?

An oberster Stelle steht bei GiveWell ein Projekt gegen Malaria. Über eine Million Menschen sterben jährlich an Malaria, 70 Prozent von ihnen sind Kinder unter fünf Jahren. Malaria ist in manchen Ländern die Haupttodesursache für schwangere Frauen und – Malaria lässt sich mit einfachen Mitteln verhindern. Laut dem Projekt Against Malaria kostet ein Netz 5 $ und 100 Prozent des gespendeten Geldes werden für die Netze ausgegeben. Das Projekt sorgt außerdem dafür, dass die Netze tatsächlich angebracht werden. Auf der Website kann jeder Spender genau nachvollziehen, wo jedes einzelne Netz hingegangen ist.

Wer an Against Malaria 100 $ spendet, hat 20 Moskitonetze finanziert und (statistisch gesehen) das Leben eines Kindes gerettet.

Auf der Homepage des Philosophen Peter Singer, The Life You Can Save, finden sich weitere Organisationen. Bereits in seinem gleichnamigen Buch erklärt Peter Singer verschiedene Erkrankungen und Möglichkeiten, diese zu verhindern oder zu heilen. Ein Leid, das mich erschütterte, war eines, von dem ich zuvor noch nie gehört hatte: Fistula (geburtsbedingte Fistel).

The Fistula Foundation: Eine Frau auf einmal

Die geburtsbedingte Fistel ist ein ernstes Problem in den ärmsten Ländern der Welt, in denen Mütter ohne jede medizinische Hilfe gebären. In diesen Fällen wird die Mutter, wenn die Wehen gehemmt werden, über mehrere Tage schmerzhafte, anhaltende Wehen erdulden. Ihr Baby wird wahrscheinlich nicht überleben. Falls die Frau überlebt, ist ihr Körper durch die Geburt buchstäblich kaputt. Sie können ihre Ausscheidungen nicht mehr kontrollieren und werden von ihren Familien und Gemeinschaften gemieden. Viele von ihnen sind junge Mädchen, die viel zu jung verheiratet werden und deren Körper zu schmal sind, um Kinder zu gebären. Die Zahlen sind gigantisch: Mehr als 2 Millionen Frauen leben gegenwärtig auf diese Weise und leiden an diesem herzzerbrechenden, heilbaren Zustand, viele von ihnen jahrzehntelang.

Auf der Homepage von The Fistula Foundation heißt es:

Eine Frau auf einmal. So bekämpfen wir Fistula. Indem wir Gesundheit und Würde für eine wiederherstellen. Eine Frau mit dem Willen zu überleben. Sie wartet noch.

The Fistula Foundation hilft in 15 Ländern, beispielsweise in Afghanistan, Äthiopien und Uganda. Die Kosten für eine komplette Behandlung belaufen sich auf 450 $ - das ist weniger als eine Übernachtung in einem US-Krankenhaus.

The Fred Hollows Foundation: Blindheit heilen

Der Australier Fred Hollows (1929-1993) war ein leidenschaftlicher Augenarzt, der dafür bekannt war, dass er Tausenden Menschen in Entwicklungsländern ihr Augenlicht wiedergab. Seine Vision bestand darin, verhinderbare Blindheit zu beenden. Mit der Hilfe von Partnern und Unterstützern arbeitet die nach ihm benannte Stiftung daran, seine Vision Realität werden zu lassen.

Schätzungsweise 39 Millionen Menschen weltweit sind blind. Drei von vieren müssten das nicht sein. Ein einfacher Eingriff wie die Gabe preiswerter Medizin und Chirurgie kann das Augenlicht, kann Produktivität und Lebensgrundlagen wiederherstellen, lang währende Vorteile für Einzelne, ihre Familien und ganze Gemeinschaften schaffen.

Die Hälfte der globalen Blindheit wird durch Katarakte verursacht – eine Trübung der Augenlinse, die durch eine einfache chirurgische Prozedur behandelt werden kann. Die Weltbank hat Katarakt-Operationen als eine der kosteneffektivsten aller öffentlichen Gesundheitsmaßnahmen identifiziert.

Die Stiftung konzentriert sich auf die umfassende Behandlung der Katarakt-Blindheit, behandelt aber auch andere Ursachen von Erblindung, wie Körnerkrankheit (Trachoma) und Brechungsfehler. Seit ihrer Gründung 1992 hat die Stiftung bereits mehr als einer Millionen Menschen zum Sehen verholfen.

Von der Spende fließen laut Website 74 Prozent in die Programme, 20 Prozent ins Fundraising und sechs Prozent in die Verwaltung. Schon 25 $ können einem Menschen das Augenlicht wiedergeben.

Noch zwei größere Organisationen

Zwei weitere Organisationen, denen man bedenkenlos spenden kann, sind Oxfam und Ärzte ohne Grenzen. Diese Organisationen sind bereits recht bekannt, weshalb sie hier nur in aller Kürze vorgestellt werden sollen.

Oxfam ist in fast 100 Ländern tätig und kooperiert mit 3000 lokalen Partnern. Sie setzen sich auf vielfältige Weise für die Bekämpfung der Armut ein:

Das Recht auf nachhaltige Erwerbsgrundlagen, auf funktionierende Gesundheits- und Bildungssysteme, auf ein Leben in Sicherheit, darauf, gehört zu werden und auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.”

Laut Selbstangabe auf ihrer Homepage fließen 76 Prozent der Spenden in die satzungsgemäße Arbeit, 19 Prozent ins Marketing und fünf Prozent in die Verwaltung.

Oxfams Angaben zufolge finanzieren 70 Euro beispielsweise Saatgut (Mais, Hirse, Augenbohnen und Gemüsesamen) für vier Familien.

Ärzte ohne Grenzen setzen sich weltweit in Krisengebieten ein, um Menschen medizinisch zu versorgen. Auf ihrer sehr gut strukturierten Website kann man sich schnell ein Bild über ihre Arbeit und über Spendenmöglichkeiten verschaffen.

Bei fast allen Organisationen kann man sich nicht nur finanziell, sondern auch persönlich einbringen, als (ehrenamtlicher) Mitarbeiter. Fazit ist, mit relativ wenig Geld kann man sehr viel erreichen – wenn es nur richtig eingesetzt wird. Erwiesenermaßen profitiert der Spender schon allein dadurch, dass er eine gute Tat vollbracht hat. In diesem Sinne: Gutes Geldausgeben!
 

Fiona Lorenz