Mehr Religion gegen religiösen Terror gefordert

Wenn ein Brand mit Benzin gelöscht werden soll

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Feuer

Unisono tönt es: Wir brauchen mehr Religion gegen den (religiösen) Terror! Bombenbauer, Messerschwinger und andere Mörder seien alles nur Menschen, die die Religion nicht richtig verstanden haben – so heißt es. Deshalb – so die verquere Logik – müsse es mehr Religionen geben.

Die Einen wollen klarstellen, dass sie nichts mit dem Terror, der im Namen der eigenen Religion die Welt in Angst und Schrecken hält, zu tun haben. Die Anderen versuchen im Windschatten, die eigenen Pfründe zu sichern und versichern sich ihrer eigenen Wichtigkeit.

Jörn Thielmann ist Geschäftsführer des "Erlanger Zentrums für Islam und Recht in Europa". Er macht deutlich: Für die christlichen Kirchen könnten die muslimischen Flüchtlinge "ein Anlass zu einer religiösen Erneuerung sein. Eine Chance, gelebte Religiosität zu zeigen, statt sie verschämt wegzupacken. … Durch die Begegnung mit muslimischen Flüchtlingen, die religiös sind und das nach außen auch deutlich zeigen, kommt auch Bewegung in die Kirchen rein." Doch geht es den beiden christlichen Kirchen mitnichten darum, sich religiös zu erneuern. Einzig die gut gefüllten Tresore und die freigiebige öffentliche Hand interessieren. Es sitzt sich gut auf violetten Polstern.

Der katholische Theologe Jozef Niewiadomski aus Innsbruck sieht sogar die Notwendigkeit, die Flüchtlinge zu missionieren. Für ihn scheint klar, dass nur die "falsche" Religion zum Terror führt: "Menschen, die ihr Leben lang im Glauben gelebt haben, dass Gott das Töten von Menschen will und es auch mit dem Himmel belohnt" würden töten. Damit meint er jedoch allein Muslime. Er will uns tatsächlich weismachen: Christen töten niemals. Das sieht sogar der Papst anders.

Was die Katholen vormachen, können die Evangelischen ebenfalls: So vermeldet der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, dass Menschen auf gemeinsame ethische Grundorientierungen angewiesen sind, "die so etwas wie die Seele einer Gesellschaft ausmachen". Für diese ethischen Grundwerte kämen allerdings nur Religionen infrage.
"Dass Terroristen sich auf Gott berufen, verstärkt die Skepsis gegenüber der Religion", schreibt Bedford-Strohm korrekterweise in der ZEIT. Seltsam dann nur seine Konsequenz daraus: Das "sei aber ein Argument mehr, Religion in die Öffentlichkeit zu holen…" Deshalb sei Religion keine Privatsache, sondern müsse öffentlich sein und staatlich unterstützt werden.

Selbst der Bürgermeister der (vermutlich) ungläubigsten Stadt Deutschlands, Michael Müller, forderte jüngst mehr Religion: "Wir sind ein säkularer Staat, aber Religion hat eine wichtige, ja auch eine stabilisierende Funktion", sagte Müller der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Auch wenn den Kirchen die Mitglieder in Scharen weglaufen, so seien sie weiterhin eine "Stütze der Gesellschaft". Weshalb das so sei, konnte er jedoch nicht begründen.

Das kann auch WELT-Autor Lucas Wiegelmann nicht. Er schreibt in einem Artikel "Rettet die Religion!": "Im Windschatten des Streits über die Frage, ob der Islam nun böse oder lieb ist, hat längst eine noch grundsätzlichere Debatte neue Fahrt aufgenommen. Es geht um die alte These, dass Religion an sich eine Gefahr für den Frieden sei…"
Wer nun jedoch erwartet, dass Wiegelmann diese These widerlegt (siehe Überschrift des Artikels), sieht sich getäuscht. Plump kommt daher: "Auch der mörderische Fanatismus Einzelner wie der des Würzburger Terroristen ändert nichts daran, dass wir, wenn überhaupt, nicht weniger, sondern mehr Religion brauchen." Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Weil man Brände am sichersten mit Benzin löscht? Weil mehr Religion zu weniger Religion führt?