Berliner Humanisten wollen Region entwickeln

BERLIN. (hpd) Der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg will sich neu in der Hauptstadt organisieren. Hinter dem Vorhaben steckt die vor kurzem erfolgte Fusion der Verbände in Berlin und Brandenburg sowie das Ziel, mehr Menschen für die praktische Arbeit vor Ort begeistern zu können.

Angekündigt wurden vom Verband sogenannte Regionalisierungskonferenzen. Die erste Konferenz fand bereits am 14. Februar im Bezirk Marzahn-Hellersdorf statt. Noch elf weitere soll es geben, jeweils eine in jedem der Berliner Stadtbezirke. Am kommenden Sonnabend sind die im HVD Berlin-Brandenburg engagierten Mitglieder zu Regionalisierungskonferenzen in sieben weiteren Bezirken eingeladen. Zur Teilnahme aufgerufen sind Mitglieder und Interessierte vor Ort.

Hintergrund der Durchführung der Konferenzen ist zweierlei: Zum einen werden Delegierte gesucht, die in den künftigen Landesausschuss des Verbands entsendet werden. Der Landesausschuss ist das höchste ständige Organ zwischen den Mitgliederversammlungen, kontrolliert unter anderem das Präsidium des Landesverbands und tagt einmal im Jahr. Zu den Aufgaben gehört auch, zu verbandspolitischen und organisatorischen Fragen Stellung zu nehmen, die regionalen Strukturen zu entwickeln und Arbeitsausschüsse mit besonderen Aufgaben einzusetzen.

„Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Bedürfnisse und Anliegen der Mitglieder bei den Entscheidungen unseres Verbandes berücksichtigt werden“, erklärte Pressesprecherin Antje Henke auf Nachfrage.

Während in den Brandenburger Humanistenverbänden bereits Strukturen bestehen, in denen Delegierte zur Entsendung gewählt werden können, existieren diese in Berlin bisher nicht. Deshalb sollen in Zukunft die neuen Bezirkskonferenzen darüber abstimmen, wer die lokalen Interessen im Ausschuss des gemeinsamen Verbands vertritt.

Ebenso wichtig sei aber auch, dass in den Bezirken das Potential für einen praktischen Humanismus weiter entwickelt wird. „Wir wollen die Basis stärker aktivieren und schauen, was man vor Ort machen kann“, so Henke weiter. „Die Regionalisierungskonferenzen sollen nicht nur ein Ort zur politischen Mitbestimmung sein, sondern auch ein Raum für das praktische Engagement von Humanistinnen und Humanisten in Berlin.“

Zu lokalen Anliegen gehören Informationsveranstaltungen zu humanistischer Arbeit, wie etwa in Kindergärten und der Jugendhilfe, die Beteiligung an Kinder- und Jugendausschüssen oder die Mitbestimmung in Versammlungen von Bürgerdeputierten. „Das praktische Engagement bezieht sich aber nicht nur auf Gremien, sondern kann auch in der Organisation eines Schachclubs oder die Mitgestaltung von Stadtteilfesten bestehen.“

Kooperationen

Als ein vergleichbarer Treffpunkt in der Hauptstadt hatte sich in den vergangenen Monaten ein Treffen im Schönberger Café Savarin etabliert. An jedem Sonntag kommen dort Humanistinnen und Humanisten zusammen, um sich wiederzusehen und über aktuelle Entwicklungen in der Region oder weltweit auszutauschen. Initiator und Träger dieses Treffens sind die Evolutionären Humanisten Berlin-Brandenburg (EHBB e.V.), die Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) in Berlin und Umgebung.

Philipp Möller, Pressereferent der Stiftung und 1. Vorsitzender des EHBB, beobachtet die Regionalisierungskonferenzen des Humanistischen Verbands mit Interesse. Zum Vorhaben des HVD drückte er seine Freude aus, dass dieser „auf organisatorischer Ebene eine ähnliche Entwicklung wie die gbs annimmt“ und er betonte, dass auch im EHBB die praktische Umsetzung humanistischer Ideen auf lokaler Ebene im Vordergrund stehe.

Beide Organisationen seien aus seiner Sicht bestrebt, „Humanismus als positive Alternative zu religiösen Weltanschauungen bekannt und erfahrbar zu machen. Beide gehen davon aus, dass die Interessen der Lebewesen des Planeten Erde im Mittelpunkt stehen und nicht etwa die Interessen eines oder mehrerer wie auch immer gearteter Götter“, stellte Möller fest.

Er erinnerte auch an bisherige Kooperationen im Rahmen der Demonstration gegen die menschenverachtende Geschlechter- und Sexualpolitik von Benedikt XVI. und der katholischen Kirche im vergangenen Jahr und die kürzlich erfolgte Kranzniederlegung „Blumen für Giordano“ am Giordano-Bruno-Denkmal in Berlin.

Nicht zu leugnen sei zwar, dass es auf politischer Ebene noch Differenzen gebe, so Möller. Einzelne Erwartungen des HVD torpedierten Forderungen der gbs, doch: „Aus meiner Perspektive steht diese Differenz einer freundschaftlichen und fruchtbaren Kooperation aber nicht im Wege, so dass ich mich auch in Zukunft auf gemeinsame Aktionen mit dem HVD, vor allem seinem hier ansässigen Landesverband, sehr freue!“

Immerhin: Als Verein, der sich auch als Kulturorganisation- und Weltanschauungsgemeinschaft versteht, befinden sich die im HVD Berlin-Brandenburg wie auch die im EHBB organisierten Konfessionsfreien mit ihren Angeboten im Wettbewerb mit einer deutschlandweit kaum vergleichbaren Menge an religiösen und konfessionellen Gemeinschaften, die sich ebenfalls vielfältig engagieren. Mehr als 250 aktive religiöse Gemeinschaften zählen die Behörden in der Hauptstadt. Der Senat initiierte deshalb 2011 sogar einen eigenen Dialog der Religionen.

Neben dem EHBB will nun also auch der HVD stärker vor Ort aktiv werden, um das zu versuchen, was bisher nicht gelungen ist: Eine Mehrheit konfessionsfreier Menschen in Berlin für eine praktische Beteiligung am städtischen Leben im Sinne humanistischer Überzeugungen zu motivieren.

Arik Platzek