Religionsfreie Zone in Mannheim

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Der Stand der RFZ am Paradeplatz / Fotos, siehe Hinweise am Schluss

MANNHEIM. (hpd/gbs-rn) Man kann den Eindruck gewinnen, Wallenstein sei wieder zurück, um für die Katholische Liga die Stadt Mannheim einzunehmen. Überall stehen Hunderte von kleinen Zelten wie in einem Feldlager - um den zentralen Wasserturm, im Innenhof des Schlosses und selbst auf manchen Bürgersteigen.

Aber nein, es ist ja bloß der 98. Katholikentag, der auf vielfältige Weise die Stadt Mannheim in Besitz genommen hat. Überall im Straßenbild bewegen sich die Gläubigen mit roten Bändern um den Hals, auf das der Herr die Seinigen erkenne.

Angesichts einer solchen Omnipräsenz organisieren die Säkularen Humanisten Rhein-Neckar eine geistige „Religionsfreie Zone“, um „eine vernünftige Alternative zum Katholikentag“ anzubieten.

Die Religionsfreie Zone (16. bis 20. Mai 2012) in Mannheim beginnt mit Regen. Der Infostand in der Nähe des Paradeplatzes kann dann aber doch am späteren Mittwochvormittag im Trockenen aufgebaut werden. Die Mitglieder der Säkularen Humanisten GBS Rhein-Neckar sind etwas nervös, aber auch voller Tatendrang und Vorfreude auf die kommenden Tage.

Die Gruppe hat mit einem Jahr Vorlaufzeit ein buntes Alternativprogramm zum Katholikentag zusammengestellt – Infostand, Vorträge, Lesungen, Podiumsdiskussion. Alles ehrenamtlich und aus eigener Tasche sowie mit Hilfe von Spenden finanziert.

„Es war nicht immer einfach. Wir haben zum Beispiel sehr lange für eine Standgenehmigung in der Mannheimer Innenstadt kämpfen müssen“, meint einer der Organisatoren. „Man wollte uns eigentlich gerne vom Katholikentag fern halten. Mit Meinungsfreiheit hat das nichts zu tun.“ Immer wieder begegnen den Humanisten Vorurteile. „Aggressive Atheisten“, die „intolerant“ sind und „Krawall“ machen wollen, sind nur einige davon. Dabei geht es der Gruppe nicht darum Leute zu missionieren oder zu beschimpfen. Sie wollen den Freidenkern und Atheisten eine Stimme geben. Zum selbständigen (Nach-)Denken anregen und Missstände im Verhältnis von Staat und Religion/Kirche aufdecken. 

Am Stand werden hellblaue Luftballons mit der Aufschrift „Gottlos glücklich“ verteilt. Viele Passanten kommen, schauen interessiert, stellen Fragen oder möchten einen Ballon mitnehmen. Jedes Mal weisen die Humanisten auf die für manche anscheinend provokante Aufschrift hin. Vor allem Kinder sollen wissen, was sie dort mitnehmen und ihre Eltern vorher um Erlaubnis fragen. Schließlich wehren sich die Standbetreiber gegen die Indoktrinierung von Kindern, die häufig in Religionsgemeinschaften stattfindet. „Wir sind dafür, dass Kindern die Möglichkeit gegeben wird, sich selbst ein Bild über verschiedene Weltanschauungen zu machen. Zum Beispiel könnte dies ein Schwerpunkt in einem für alle Schüler verpflichtenden gemeinsamen Ethik- bzw. Lebenskundeunterricht sein. Dann könnten diese Kinder und Jugendlichen sich als junge Erwachsene wirklich frei für ihren selbstgewählten Lebensweg entscheiden. Die Kindstaufe ist für uns eine Zwangstaufe.“

Gespräche zwischen den Säkularen Humanisten und Passanten schwanken zwischen Beschimpfungen wie „Ihr werdet alle in der Hölle landen.“ oder „Wer nicht an Gott glaubt, ist kein Mensch.“, ernsthaftem Interesse am Austausch auch seitens Gläubiger und freudiger Zustimmung wie „Toll, dass ihr auch hier seid.“ Ein älterer Herr, der sich selbst als überzeugten, engagierten Christen bezeichnet, kann der Argumentation der Humanisten in vielen Punkten zustimmen und meint zum Abschied: „Ich unterhalte mich viel lieber mit so kritisch denkenden Atheisten als mit Mitläufer-Christen.“