Medienwandel und Politik

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Paul-Löbe-Haus / Foto: F. Nicolai

BERLIN. (hpd) Es ist inzwischen kein Geheimnis mehr, dass der Journalismus nicht nur in Deutschland ein Problem hat. Nach dem Ende der Financial Times Deutschland, der Insolvenz der Frankfurter Rundschau und dem gerade noch so abgewehrten Sterben der Jungen Welt sowie den erst gestern bekanntgegebenen Massenentlassungen bei der WAZ-Gruppe geht die nackte Angst um in den Medienhäusern.

Diese versuchen sich mit allen Mitteln dagegen zu wehren; den letzten und völlig sinnlosen Versuch stellt das sog. "Leistungsschutzrecht" dar, an dem allein die Pressehäuser und mitnichten die Journalisten verdienen.

Unumstritten ist, dass es dringend notwendig ist, dass sich der Medienmarkt auf die völlig veränderten Bedingungen einer digitalen Welt einstellt. Ob sich dabei Paywalls wie die "freundliche" bei der TAZ oder "Nutzer-unfreundliche" wie bei der Hamburger Morgenpost dabei durchsetzen werden, liegt derzeit noch völlig im Dunklen.

Denn Informationen werden heute von den Nutzern zusammengestellt, nicht mehr allein von den Medien. Der Nutzer selbst sucht sich seine Informationen aus verschiedenen Medien zusammen. Dazu dienen u.a. Aggregatoren wie Rivva, Newstral und natürlich nicht zuletzt auch Google News. Das beendet teilweise die Deutungshoheit einiger der bisherigen Leitmedien. Und da es viele Angebote gibt, die kostenfrei nutzbar sind, weicht der Nutzer genau dorthin aus.

Klar ist aber auch, dass die Medienhäusern Geld verdienen müssen, um Journalisten zu bezahlen und die notwendige Verwaltung aufrecht zu erhalten. Nur über das "wie" wird intensiv gestritten. Leider nicht immer mit der notwendigen Fairness. Der Humanistische Pressedienst zum Beispiel setzt auf Spenden, auf flattr und neuerdings auch auf Werbung.

Ob und welche Antworten die Politik auf diese Fragen geben kann, sollte ein Bericht mit dem komplizierten Titel "Gesetzliche Regelungen für den Zugang zur Informationsgesellschaft" geben.

Eine öffentliche Ausschussitzung

Der Bundestagsausschuss "fūr Bildung, Forschung und Technologiefolgenabschätzung" sowie der "Ausschuss für Wirtschaft und Technologie" tagten dazu gestern in Berlin. Dabei ging es einerseits um den Netzausbau — wobei der Bericht des Fraunhofer Institutes Deutschland ein nicht ganz so hervorragendes Zeugnis ausstellte, wie es sich die Regierung gern selbst tut.

Andererseits aber auch das veränderte Medienverhalten — vor allem der unter-30-jährigen — war Teil des Berichtes und der Beratung der Ausschüsse. Es zeigt sich, dass noch immer das Fernsehen — wenn man denn den Begriff benutzen will — das Leitmedium der Deutschen ist. Das sagt erst einmal nichts über die Qualität des Mediums aus, sondern nur über die Intensität der Nutzung. Auch die Meinungsbildung erfolgt — quer durch alle Altersstrukturen — vorrangig über das Fernsehen. Wobei die Jüngeren immer mehr das Internet als Informationspool begreifen und nutzen.

Es blieb nicht aus, dass bei diesem Thema die Vertreterin der FDP die Einstellung der Finanzierung für die öffentlich-rechtlichen Sender forderte und die der Linken, die Beiträge in den Mediatheken von ARD und ZDF endlich länger als bisher online zu lassen. Allein an diesem Beispiel zeigt sich, dass es noch großen Diskussionsbedarf in der Politik über diese Thematik gibt.

Der Bericht erwähnt, dass es auch im Netz so etwas wie Leitmedien gibt. Allerdings wurden in diesem Zusammenhang dann Google und Twitter erwähnt, was ich allerdings für einen Denkfehler halte. Denn auch bei Twitter und bei Google sucht der Nutzer sich seine Informationen selbst zusammen und bleibt dabei aber keinem Einzelmedium treu. Überhaupt ist es — wie auch der Sprecher der SPD betonte — falsch, von dem Internet zu reden. Denn das Netz wird nicht nur zur Information genutzt, sondern ist inzwischen zu einer eigenständigen Kultur geworden. Neben der Informationen dient das Netz der Kommunikation. Aber auch der Freizeitgestaltung und wird einfach nur aus "Spass" genutzt.

Es darf natürlich dabei auch nicht übersehen werden, dass im Netz immer wieder auf die gleichen Medien (in dem Falle betrifft das mehrheitlich die Onlinepräsenzen von Offline-Medien) verwiesen wird. Jedoch gibt es die Möglichkeit, sich viel umfassender zu informieren. In Nischenthemen geht das teilweise sogar nur im Internet.

Die Fragen, die sich derzeit dringend stellen — wie die nach der Finanzierbarkeit von journalistischer Arbeit im Netz zum Beispiel — wurden in der Beratung nicht beantwortet, ja nicht einmal wirklich angerissen. Das halte ich für bemerkenswert ignorant. Obwohl die bevorstehenden Massenentlassungen der WAZ-Gruppe einmal kurz erwähnt worden sind.

Aber vielleicht ist diese Frage nicht politisch zu klären. Sondern von und in den Medienhäusern. Dann allerdings ist ein Gesetz wie das sog. "Leistungsschutzrecht" auch im Bundestag an der falschen Stelle.

F.N.