Auch Schülersprecher Frederic Blum übt Kritik an der fehlenden Ausbildung der Lehrkräfte. Aus eigener Erfahrung weiß er, dass vor allem fachfremde Lehrer den Unterricht leiten.
Unter den bayerischen Schülersprechern gibt es keine gemeinsame Position zum Fach Ethik, innerhalb der LandesschülerInnenVereinigung Bayern e.V. hingegen schon. Die fordert statt einer Abmeldung vom Religionsunterricht in Zukunft eine Anmeldung für den Religionsunterricht.
Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) geht da einen Schritt weiter weiter und fordert die Abschaffung des staatlich finanzierten Religionsunterrichts. „Eine getrennte Unterrichtung nach Konfessionen, wo Glaubenssätze als Wahrheit dargestellt werden, indoktriniert und erschwert die Offenheit für Andersdenkende“, meint Rainer Ponitka, Sprecher der AG Schule des IBKA.
Ziel des IBKA ist ein gemeinsamer Unterricht aller Schüler, was aber nicht zwingend in einem bestimmten Fach geschehen müsse. So könnte für Rainer Ponitka zum Beispiel in den Grundschulen der Religionsunterricht ersatzlos gestrichen und dafür der Sachkundeunterricht erweitert werden. „Wir haben heute eine Vielfalt von Schülern unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Kultur. Eine gemeinsame Unterrichtung aller Schüler führt zu Respekt vor anderen Einstellungen und Ansichten, zum gemeinsamen Nachdenken über unsere Grundwerte.“
Im Bundesland Berlin gibt es für die 7.-10. Klasse seit dem Jahr 2006 Ethik als ordentliches Lehrfach, in dem alle Schüler gemeinsam unterrichtet werden. Das Fach Religion wird und wurde in Berlin schon immer nur als freiwilliges Wahlfach angeboten. Für Schülersprecher Frederic Blum und Rainer Ponitka vom IBKA ist das Berliner Modell ein Schritt in die richtige Richtung.
Und damit stehen sie nicht allein. Laut einer Umfrage von Infratest Dimap aus dem Jahr 2008 im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wünschen sich 53 Prozent der Deutschen, dass es an Schulen einen gemeinsamen Werte- bzw. Ethikunterricht als Pflichtfach geben soll. Christlicher, islamischer oder anderer Religionsunterricht soll hingegen nur zusätzlich und freiwillig sein. Deutlich weniger, nämlich 44 Prozent, sind laut Umfrage der Auffassung, dass die Schüler getrennt werden sollen, in solche, die an einem Religionsunterricht und solche, die an einem Werte- bzw. Ethikunterricht teilnehmen.
Vermutlich würde sich heutzutage am Ergebnis der Umfrage nicht grundsätzlich etwas ändern, vielmehr wäre zu erwarten, dass der Stimmenanteil für einen gemeinsamen Ethikunterricht als Pflichtfach nach den Skandalen gerade in der katholischen Kirche und ihren Einrichtungen noch weiter zunimmt.
Auch Werner Fuß vom Fachverband Ethik gefällt das Berliner Modell, hält es jedoch in Bayern schon allein wegen der Verankerung von Religionslehre als ordentliches Lehrfach in der bayerischen Verfassung für nur schwer durchsetzbar.
Fazit: Ohne eine Veränderung der Machtverhältnisse wird sich in Bayern im Fach Ethik nur wenig bewegen. Denn eines ist offensichtlich, es fehlt am politischen Willen. Schülersprecher Frederic Blum richtet daher seine Hoffnungen auf die bevorstehende Landtagswahl in Bayern.
Aber auch wir Eltern sind in der Pflicht. Wir können uns an die Schulleitung, an die Schulbehörde oder unsere Abgeordneten wenden und Verbesserungen im Ethikunterricht einfordern.
Dietmar Freitsmiedl