Pfarrer zerreißen und versenken Bücher
Als es in den Februartagen 1934 darum ging, die Arbeiterkulturbewegung zu zerschlagen, ist unklar, wer eifriger war: faschistische Heimwehr oder katholische Pfarrer. Der Hilfspfarrer von Ebensee versenkte eigenhändig die halbe Arbeiterbibliothek des Ortes im See.
In Steyr ließ ein Geistlicher von 4.000 Büchern der Bibliothek ganze 900 übrig. Dutzende Werke der Sexualaufklärung zerfetzte er laut der aktuellen Ausgabe von profil sicherheitshalber selbst. Auch die Gendarmerie musste vor dem Schund geschützt werden. Weniger verderbliche aber nach wie vor gefährliche Werke übergab er den Beamten kistenweise zur Vernichtung.
Der Leitfaden kommt von der Inquisition
Als es später daran ging, öffentliche Bibliotheken zu säubern, ging das austrofaschistische Regime sicherheitshalber nach dem “Index librorum prohibitorum” des Heiligen Officium vor – der berühmten Bücherverbotsliste der katholischen Kirche.
Die Zwangsmissionierung
Wer in den Staatsdienst aufgenommen werden wollte – und sei es als Straßenarbeiter einer Gemeinde – war gut beraten, katholisch zu sein. Oder es wieder zu werden, wie die Erinnerungen von Hans Breirather zeigen, die Erich Hackl in seinem Werk “Abschied von Sidonie” verarbeitet hat.
Bauliche Markierungen
Auch baulich wurde sichergestellt, dass jedermann wusste, dass Gott wieder das Sagen hatte in Österreich. Die Kirche am Friedhof der Namenlosen in Wien stammt aus dem Ständestaat. Vorher hatte es dort keine religiöse Stätte gegeben. Vor Gemeindebauten, vor allem in Wien, stellte man so viele katholische Kirchen wie in der Zeit zu bauen waren. Die Gemeindebaubewohner waren verpflichtet, den Sonntagsgottesdienst zu besuchen.
Die Kreuze in den Schulklassen, zumindest in Wien nach 1918 abgehängt, prangten fortan wieder überall.
Dass das austrofaschistische Regime die so genannte Kongruaergänzung ausdehnte, die staatliche Bezahlung der Geistlichen, tat der Liebe vermutlich keinen Abbruch.
Ein komplexes Verhältnis
Was Wunder, dass es Ergebenheitsadressen und Lobesworte für die Vertreter der Diktatur nur so hagelte, päpstliche Huldigungen eingeschlossen? Was Wunder, dass der Klerus in Österreich mit unzähligen Prozessionen und Fahnenweihen nur allzugerne die Kulisse für das Regime bereitstellte? Es gab kaum einen offiziellen Anlass, an dem nicht ein hochrangiger Vertreter des Klerus anwesend gewesen wäre.
Bei aller Harmonie war das Verhältnis zwischen dem explizit katholisch ausgerichteten Austrofaschismus und katholischer Kirche etwas komplexer als es den Anschein haben mag. Das zeigt die so genannte Mai-Verfassung.
Das Volk mag sie “Im Namen Gottes, des Allmächtigen, von dem alles Recht ausgeht, erhält das österreichische Volk für seinen christlichen, deutschen Bundesstaat auf ständischer Grundlage” erhalten haben. Allein, die Verfassung verzichtete darauf, die katholische Kirche offiziell zur Staatsreligion zu machen.