HAMBURG. (hpd) Premiere von „Confessions of an Eco-Terrorist“ - dem etwas anderen Umwelt-Film. Unkonventionell soll er sein, etwas von Kömodie und Actionfilm haben. 30 Jahre Geschichte der Sea Shepherd Conservation Society - der radikalen und umstrittenen Umweltschutzorganisation - werden von einem Sea Shepherd Aktivisten beleuchtet, Insiderblick inklusive. Soweit die Ankündigungen.
Vor dem Kino hängen Aktivisten die schwarze Sea-Shepherd-Piratenfahne auf. Im Kino herrscht Gewimmel. Irgendwann treffen die beiden Stars ein: Paul Watson, Gründer und Kopf von Sea Shepherd und Peter Jay Brown, Regisseur und Produzent des Films und langjähriges Besatzungsmitglied auf Sea Shepherd Schiffen.
Sea Shepherd also:
Diejenigen, die Schiffe rammen und versenken.
Diejenigen, die eine schwarze Piratenfahne hissen.
Diejenigen, die keine Plakate malen, sondern den Walfängern die Tour vermasseln.
Diejenigen, die durch die Serie „Whale Wars“ auch in Deutschland bekannter werden.
Und jetzt ein Kinofilm.
Was erwartet mich?
Als erstes ein sehr netter Peter Brown, der mir vor d er Premiere die Erlaubnis gibt, so viel zu fotografieren, wie ich möchte.
Und dann der Film. Lustig, nachdenklich, voller kleiner Geschichten und Kommentare. Gefühlte 40 Minuten allerbeste Unterhaltung, dann ist der eineinhalb-Stunden-Film bereits vorbei.
Ein Umweltfilm der anderen Sorte - nicht zu viel versprochen!
Langweilig? Keineswegs!
Moralinsauer, dröge, besserwisserisch? Nicht einmal ansatzweise!
Peter Brown & Paul Watson. Foto: C.Voecks Am Tag danach haben wir einen Interviewtermin mit den beiden Stars.
Peter Brown: „Ich wollte einen Film machen, in den auch Leute gehen, die normalerweise nie in einen Umweltschutz-Film gehen würden. Gestern Abend nach der Premiere kamen drei oder vier Leute auf mich zu und sagten mir, wie gut ihnen der Film gefallen hätte und dass sie auch ihren Freunden empfehlen würden reinzugehen – Leute, die normalerweise nie in einen Umweltschutzfilm gehen würden.“
Nein, trist ist dieser Film gewiss nicht. Ich habe noch nie so viel in einem Film mit ökologischem Anspruch gelacht!
Aber auch die Zähne zusammengebissen oder den Kopf geschüttelt, wenn sich beispielsweise eine junge Frau auf den Färöer-Inseln über die Schönheit des "Grind" auslässt, dieser blutigen Tradition, in der die Männer der Insel alljährlich ganze Walschulen (=Herden) am Strand brutal abschlachten. Würde sie auch davon schwärmen, wie schön das vom Blut rot gefärbte Meer ist, wenn es sich um Hundeblut handeln würde, wenn die Angst- und Schmerzensschreie nicht von Walen kämen?
(Andererseits: würden so viele von uns bedenkenlos Fleisch, Milch und Eier kaufen und die Lebens- und Todesumstände der Tiere ignorieren, wenn es sich nicht um Schweine, Kühe und Hühner handeln würde, sondern um Hunde und Katzen? Und was täten wir, wenn in unserem Supermarkt das Walfleisch läge und womöglich billiger als Rind wäre? Damit will ich nichts verharmlosen oder rechtfertigen, nur daran erinnern, dass wir alle nicht unschuldig sind und dass Verurteilen leicht ist).
Im Film wird eine christliche Prozession auf den Färöer-Inseln gezeigt. Ich frage Peter, ob er einen Zusammenhang sieht zwischen dem Christentum und dieser Tradition.
„Ja, ich sehe eine Verbindung - nicht speziell mit dieser Tradition, aber die meisten christlichen Kirchen glauben, die Wale sind da, damit wir sie essen können, die Wale sind da, damit wir sie töten können. Wir sind das Top-Raubtier, wir sind das Ebenbild Gottes, alles andere ist dafür da, damit wir es brauchen und missbrauchen können. Das ist eine allgemeine religiöse Übereinkunft und eine christliche Einstellung und ich stimme dem nicht zu!“
©Björn Lexius Paul ergänzt: „Und sie ändern die Regeln die ganze Zeit. Im ersten Buch Mose sagen sie, dass es Gottes Gabe ist oder so, aber im dritten Buch Mose sagen sie ausdrücklich, dass man sie nicht essen darf. Sie handeln also gegen die Bibel, wenn sie Wale essen. Aber andererseits wird Religion benutzt, um alles Mögliche zu rechtfertigen. Man kann die Bibel nehmen und mit ihr alles von Sklaverei bis Kindesmissbrauch rechtfertigen. Sehr befremdlich!“
Auf meine Frage, was sich Peter von diesem Film erhofft und erwartet, antwortet er, dass er tatsächlich keine Erwartungen hatte. „Aber ich wollte immer schon diesen Film machen ... Ich wollte die Grenze zu einem anderen Publikum überschreiten, nicht nur Umweltschützer ansprechen - und das ist passiert.“
Am Ende unseres Gespräches frage ich sie noch, was sie den Menschen sagen würden, wenn ihnen alle für eine halbe Minute zuhören würden.
"Ein halbe Minute?“, fragt Paul.
„Eine halbe Minute!“, sage ich.
Paul: „Wenn die Fische sterben, sterben die Ozeane. Wenn die Ozeane sterben, sterben wir.“
Peter: „Im Grunde dasselbe (lacht). Ich denke letztlich läuft es darauf hinaus, dass wir alle Teil dieser Erde sind. Und ganz ehrlich: Die Erde wird überleben - ob wir Menschen das auch werden, ist sehr fraglich.“
Von Andrea Ballhause (Text) und Christian Voecks (Fotos 1 & 2)
Der Film läuft am 10. November in den Kinos an. Das ganze Interview findet sich hier: