100 Jahre Aufklärung und Humanismus

BERN. (fd/hpd) Die Freidenker-Vereinigung der Schweiz feiert in diesem Jahr ihr 100-Jähriges Bestehen. In der Tradition von Religionskritik und Aufklärung werden drei WissenschaftlerInnen in Vortragsreihen zu „Aufklärung und Humanismus heute" referieren.

 

100 Jahre Freidenker-Vereinigung der Schweiz, das bedeutet 100 Jahre Aufklärung, Religions- und Kulturkritik: Freidenkende stellten und stellen die Grundlagen und Wirkungen von religiösen Weltbildern und kulturellen Praktiken und Institutionen infrage. Gemäß der Aufforderung Kants, der Mensch solle sich aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit entlassen, ermutigen Freidenkende jeden Menschen, so genannte Wahrheiten und bestehende Strukturen zu analysieren, zu kritisieren und einen Beitrag zu einer humanen Gesellschaft zu leisten. Analyse und Kritik gehen davon aus, dass alle Menschen - unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Kultur oder sozialer Stellung - die gleichen Rechte haben sollten, ihre Vorstellungen von «gutem Leben» zu realisieren. Die Ansätze der Kritik waren jedoch vielfältig: psychologisch (z.B. Sigmund Freud), politisch-ökonomisch (z.B. Karl Marx), philosophisch (z.B. Ludwig Feuerbach) oder naturwissenschaftlich (z.B. Giordano Bruno).

Weil viele WissenschaftlerInnen bis heute die Religionskritik meiden (auch Einstein kritisierte sie nur in privaten Briefen - wohl, weil in der christlich dominierten Gesellschaft des 20. Jahrhunderts zwar nicht mehr der Kopf aber die Stellung gefährdet war) fehlt bis heute eine Religionskritik, die diese Ansätze vereint.

Eine interdisziplinäre Religionskritik dürfte im 21. Jahrhundert aber nicht mehr zu umgehen sein. Zu offensichtlich sind die Probleme, welche sich aus der Duldung der theologischen Fakultäten an unseren Universitäten ergeben: Nachdem zunehmend bekennende Christen - ohne Interesse an wissenschaftlichen Fragestellungen, aber mit der «Berufung» zum Predigen - das «Theologiestudium» aufnehmen, und angesichts der immer deutlicheren Forderung, auch die Imam-Ausbildung an unseren Hochschulen anzubieten, kommen WissenschaftlerInnen nicht mehr darum herum, Position zu beziehen.

Die FVS hat in ihrem Jubiläumsjahr drei WissenschaftlerInnen eingeladen, die sich in ihren Publikationen kritisch mit den Antworten der Religionen auf die zutiefst menschlichen Fragen an unsere Existenz und unsere soziale Ordnung auseinandersetzen und Ansätze für eine aufgeklärte, humanistische Lebenspraxis entwickeln.

In drei Vortragsreihen (jeweils in Bern, Solothurn, Basel, Winterthur, Zürich, Zug), unter dem Motto: „Aufklärung und Humanismus heute", referieren:

  • Dr. Michael Schmidt-Salomon (Philosoph, Trier) zum Thema "Projekt Aufklärung: Glaubst du noch oder denkst du schon?"
  • Dr. Carola Meier-Seethaler (Psychotherapeutin, Philosophin, Bern) zum Thema „A-theistische Spiritualität: Woran glauben Menschen, die nicht glauben?", und
  • Dr. Dr. Joachim Kahl (Theologe, Philosoph, Marburg a. L.) zum Thema "Philosophie und Poesie eines humanistischen Atheismus: Ludwig Feuerbach und Gottfried Keller"

Die Freidenker freuen sich auf spannende Vorträge.

Reta Caspar