Eine für viele überraschende Entscheidung hat heute der Oberste Gerichtshof in Warschau getroffen und damit einen Präzedenzfall gesetzt. Geklagt hatte ein Homosexueller, der nach dem Tod seines Lebenspartners dessen Mietvertrag für die gemeinsame Wohnung übernehmen wollte. Nach polnischem Zivilrecht ist das möglich für „Personen, die mit dem Wohnungsmieter dauerhaft und bis zu dessen Tod in einem lebenspartnerschaftlichen Verhältnis gelebt haben.“ Der Gesetzestext macht hier keine Unterscheidung zwischen gemischt- und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Dennoch hatte die kommunale Verwaltung in dem Warschauer Bezirk, der die Wohnung gehört, auf dem Ende des Mietverhältnisses bestanden.
Nachdem ein Bezirksgericht die Klage des Betroffenen erst abgelehnt hatte, nahm sich die Internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte (IHF) dem Fall an. Sie argumentierte, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EuGHMR) bereits in einem ähnlich gelagerten Fall gegen die diskriminierende Rechtsprechung in Polen geurteilt hatte. Das Bezirksgericht dagegen bezog sich bei der Formulierung von Lebenspartnerschaften auf Ehen, die laut polnischer Verfassung als zwischen Mann und Frau festgelegt sind.
Nach der Intervention der IHF bat das Gericht jedoch den Obersten Gerichtshof um eine Klarstellung der Rechtslage. Der stellte nun fest, dass in diesem Fall von einer Lebenspartnerschaft zu sprechen sei, wenn die Personen in einer „emotionalen, körperlichen und wirtschaftlichen Verbindung“ gelebt haben, auch wenn sie gleichen Geschlechts waren. Diese Entscheidung zur rechtlichen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften gilt zwar nur explizit für den fraglichen Paragrafen im Zivilrecht, schlägt aber bereits hohe Wellen in den polnischen Medien und der Öffentlichkeit.