SPD-Arbeitskreis "Säkularität und Humanismus" fordert Ablösung der besonderen Staatsleistungen

Staatlichen Geldregen an die Kirchen einstellen

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Die privilegierte Finanzierung der evangelischen und katholischen Kirchen aus allgemeinen Steuermitteln ist schnellstmöglich zu beenden. Der Arbeitskreis Säkularität und Humanismus der SPD fordert die Abgeordneten aus Bund und Ländern auf, diesem seit über 100 Jahren bestehenden Verfassungsauftrag nunmehr unverzüglich nachzukommen und diesen staatlichen Geldregen an die Kirchen einzustellen.

Die Verhandlungen des Bundesinnenministeriums mit den Ländern und Kirchen zur Umsetzung des Koalitionsvertrages sind transparent und nachvollziehbar durchzuführen. Das im Bundestag zu verabschiedende Grundsätzegesetz muss es den Landesparlamenten ermöglichen, diese besonderen Staatsleistungen in Höhe von jährlich insgesamt über 600 Millionen Euro aus den Länderfinanzen zu beenden. Nach Auffassung des Arbeitskreises erstreckt sich der Beendigungsauftrag auch auf indirekte Staatsleistungen (Steuerprivilegien).

Der Arbeitskreis (AK) Säkularität und Humanismus der SPD spricht sich dafür aus, dass der seit über einhundert Jahren bestehende Verfassungsauftrag, die besonderen Staatsleistungen an die Kirchen zu beenden (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung), zügig umgesetzt wird. Dies entspricht auch dem Koalitionsvertrag der Ampelkoalition auf S. 88: "Wir schaffen in einem Grundsätzegesetz im Dialog mit den Ländern und den Kirchen einen fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen."

Daher ist zu begrüßen, dass im federführenden Bundesinnenministerium Gespräche mit den Ländern und Kirchen begonnen haben. Diese Gespräche müssen jedoch transparent und mit Information der Öffentlichkeit erfolgen. Ein öffentlicher Diskurs ist zu ermöglichen. Bei den Verbändebeteiligungen und bei den parlamentarischen Beratungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens müssen säkulare Organisationen beteiligt werden.

Der AK Säkularität und Humanismus ist wie viele andere gesellschaftliche Gruppierungen, die sich mit den besonderen Staatsleistungen befasst haben, der Auffassung, dass diese Geldzuwendungen der 14 Länder (ohne Bremen und Hamburg), für die die Kirchen keinen Verwendungsnachweis erbringen müssen und keiner Kontrolle durch die Rechnungshöfe unterliegen, eigentlich sofort abzuschaffen sind. Die Summe dieser direkten Staatsleistungen beträgt zur Zeit rund 600 Millionen Euro im Jahr, mit steigender Tendenz; macht aber nur rund 2,2 Prozent des Kirchensteuervolumens aus. Eine sofortige Abschaffung wäre also für die Kirchen zu verkraften.

Eine Teilfinanzierung der kirchlichen Würdenträger aus dem allgemeinen Steueraufkommen, zu dem alle Steuerzahler:innen beitragen müssen, auch wenn sie nicht den Kirchen angehören, ist nach unserer Auffassung nicht nur verfassungswidrig, sondern wird nicht mehr von der breiten Bevölkerung der Bundesrepublik getragen. Auch der Verweis der katholischen Kirche auf einen "wirtschaftlichen Ausgleich für Enteignungen der Kirchengüter durch den Reichsdeputationshauptschluss" ist nach über 200 Jahren nicht überzeugend.

Wir verwehren uns dagegen, die Abschaffung der Staatsleistungen unter Hinweis auf die sozialen Leistungen der Kirchen zu verweigern. Hier gibt es keinen sachlichen Zusammenhang! Die Finanzierung christlicher Kitas, Schulen, Hochschulen, Krankenhäuser und Pflege- und Beratungseinrichtungen erfolgt durch staatliche Zuschüsse und Kostenerstattungen von Trägern der Sozialversicherungen, wie bei anderen Anbietern auch.

Das nun vorzulegende Bundesgesetz muss neben Definitions- und Abgrenzungsfragen insbesondere sachgerechte Grundsätze zur Beendigung der Staatsleistungen definieren.

Als geeignet erscheinen uns dafür der

  • Grundsatz der Vollständigkeit, der
  • Grundsatz der Endgültigkeit und der
  • Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Der Grundsatz der Vollständigkeit bedeutet, dass alle Staatsleistungsarten, welche die Kirchen einseitig privilegieren, vollständig in den Beendigungsprozess einzubeziehen sind. Dies betrifft also die Staatsleistungen ungeachtet ihrer unterschiedlichen Rechtsnatur (mit und ohne rechtliche Fundierung – Gesetz, Vertrag oder besondere Rechtstitel), ungeachtet ihrer Unterschiede beim Entstehungszeitpunkt (bereits im November 1919 existierende oder erst später gestaltete Staatsleistungen) sowie ungeachtet der fiskalischen Unterschiede (direkte Zuwendungen oder Subventionen).

Der Gesamtprozess muss so gestaltet werden, dass an seinem Ende alle ausschließlich die Kirchen privilegierenden Staatsleistungen beendet worden sind. Dies dient auch dem Gleichheitsgrundsatz. Verbleibende Restprivilegien darf es nicht geben.

Der Grundsatz der Endgültigkeit muss sicherstellen, dass es in der Zukunft, nach Abschluss des Beendigungsprozesses, keine Neu- und Wiedergestaltung einseitig privilegierender Staatsleistungen gibt. Ein Unterlaufen des permanent geltenden verfassungsrechtlichen Beendigungs- und Trennungsauftrages soll so verhindert werden.

Im Blick auf die bevorstehenden Diskussionen und Verhandlungen über sachgerechte Ausgleichszahlungen an die Kirchen sollte außerdem ein dritter Grundsatz im Bundesgesetz extra angesprochen werden: der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eigentlich ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip mit dem Rechtsstaat ohnehin untrennbar verbunden. Die exorbitanten finanziellen Forderungen, die seit geraumer Zeit aus kirchlichen Kreisen als Ausgleich für die Ablösung der Staatsleistungen zu hören sind, erfüllen diesen Grundsatz jedoch nicht.

Folgendes muss klar berücksichtigt werden: Die von Anfang an verfassungsrechtlich zu beendenden Staatsleistungen wurden an die Kirchen mehr als einhundert Jahre weitergezahlt, dynamisiert und ausgeweitet. Es ist deshalb weder vermittelbar noch gerechtfertigt, diesem milliardenschweren einhundertjährigen Geldregen weitere Entschädigungszahlungen folgen zu lassen. Alle vorstellbaren Ausgleichsansprüche sind dadurch bereits abgegolten. Alles andere wäre unverhältnismäßig. Deshalb sollte bei der Bemessung der Ausgleichszahlungen die Anrechnung der Staatsleistungen seit 1919 zwingend in das Grundsätzegesetz aufgenommen werden.

Die Missachtung des verfassungsrechtlichen Ablösungsauftrages der besonderen Staatsleistungen an die Kirchen muss nach mehr als einem Jahrhundert schnell beendet werden!

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