Alle Jahre wieder treibt säkular eingestellte Menschen eine Frage um und wird mitunter leidenschaftlich diskutiert: Sollten Konfessionsfreie Weihnachten feiern? Der hpd hat sich umgehört und einige Stimmen zusammengetragen.
"Wenn es Feiertage gibt, sollten Humanist*innen nicht die Partybremse geben", findet Ralf Schöppner, Geschäftsführender Direktor der Humanistischen Akademie Deutschland. "Dass uns ein Erlöser geboren wurde, glaube ich nicht. Dass aber Menschen sich gegenseitig das Leben leichter und liebenswerter machen können, das glaube ich durchaus. Und das ist die frohe Botschaft des Humanismus, die es verdient, umgesetzt und auch gefeiert zu werden: mit Familie, Freunden oder Fremden."
Einige junge Menschen feiern seit 2015 als Alternative zum religiösen Weihnachtsfest eine humanistische Wintersonnenwende. "Wir leben in einem Universum ohne Götter und höhere Mächte. Wir können nur auf uns selbst vertrauen, um eine bessere Zukunft zu schaffen. Deswegen geht es bei unserer Feier darum, was wir als Menschheit bisher erreicht haben, welchen Schwierigkeiten wir trotzen, und um die großen Visionen, die wir eines Tages wahrmachen wollen", erzählt Laura Wartschinski von der Bundesarbeitsgemeinschaft Humanistischer Studierender. Bei der Feier werden Lieder gesungen, Essays und Gedichte vorgetragen, aber auch Plätzchen gegessen und kleine Wichtelgeschenke ausgetauscht – denn manche weihnachtliche Traditionen machen auch ohne Religion Freude.
"Ich liebe Weihnachten", bekennt Philipp Möller, Vorsitzender des Zentralrats der Konfessionsfreien, ganz klar. "Es darf gerne so kitschig sein, wie es nur geht. Ich sitze idealerweise in der Nähe eines Kamins, umgeben von meinen liebsten Familienmitgliedern und trinke einen heißen Tee, gegen Abend vielleicht auch mal einen Rum und esse dazu Oblaten und es ist alles total kitschig geschmückt. Wir haben auch einen Weihnachtsbaum und wir beschenken uns mit Wichteln, weil die Familie so groß ist. Die Kinder kriegen aber natürlich von allen was. Ich finde Weihnachten total schön und es ist mir sehr wichtig, dass wir uns nicht vorschreiben lassen, so ein Fest nicht feiern zu dürfen. Wir sollten uns das gewissermaßen auch zurückerobern. Dafür ist es äußerst wichtig, die Hintergründe dieses Festes zu kennen und in einer Debatte auch klar zu machen: Weihnachten ist kein ursprünglich christliches Fest, sondern christlich überformt worden. Wir feiern, dass die Tage ab jetzt wieder länger werden, das ist Ausdruck einer bahnbrechenden Erkenntnis, etwas, dass die Menschen bereits zu einem ganz frühen Zeitpunkt herausgefunden hatten. Dessen kann man zu Weihnachten auch gedenken."
Ähnlich sieht es auch Rainer Rosenzweig, Initiator und Leiter des Instituts für populärwissenschaftlichen Diskurs Kortizes; er feiert gerne mehrfach: Mit der engsten Familie in Nürnberg, mit den Schwiegereltern in Salzburg, mit Geschwistern, der weiteren Verwandtschaft und engen Freunden. "Ohne (Nürnberger) Lebkuchen und Glühwein, Plätzchen und Punsch, Kerzenstimmung und Lichterbaum wäre die dunkle Zeit ab November lang und trostlos", meint er. "Die Wintersonnenwende zeigt an, dass die Tage endlich wieder länger werden, es aufwärts geht. Das Jahresende motiviert zum Nachdenken über das vergangene Jahr und zum Pläneschmieden für das kommende. Der damit verbundene Zauber des bevorstehenden Neuanfangs ist das, was das Fest Weihnachten ausmacht. Ein Gedanke, der verbindet statt trennt – über weltanschauliche Gräben hinweg."
Weniger begeistert zeigt sich Michael Wladarsch, Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) München: "Eigentlich ist es jedes Jahr das Gleiche: Plötzlich und unerwartet steht das Weihnachtsfest vor der Türe. Man hätte es ahnen können, denn seit Oktober stehen die Nikoläuse in den Regalen, ab November wird überall die lieblose Weihnachtsmusik gespielt und die gnadenlos wuchernde Kitschdeko in Rot und Gold erinnert daran, dass Geschenke besorgt werden müssen. Ich finde die 'besinnliche' Zeit und das Gerede vom 'Fest der Liebe' ziemlich unerträglich, weil die meisten Menschen genervter und hektischer sind als sonst, aber krampfhaft versuchen so zu tun, als wären sie es nicht. Im Wunsch, dieses Jahr bestimmt das perfekte Weihnachtsfest zu feiern, ist das Scheitern schon einprogrammiert und auch die Wirtschaftszahlen versprechen keinen neuen Konsumrekord. Nur die Kirchen sind für einen Tag im Jahr voll, weil plötzlich alle ihre Frömmigkeit entdecken. Kurz: ich könnte prima auf das ganze Getümmel verzichten und ich bin froh, wenn der Schnee wieder schmilzt." Aber: "Gefeiert wird natürlich trotzdem – mit Kokosmakronen, echten Kerzen und leuchtenden Augen."
"Mein Weihnachten meiner Kindheit war ein Familienfest. Da ich eine glückliche Kindheit hatte, sind das glückliche, ungezwungene Erinnerungen. Gefeiert wurde das Lichterfest, das gute Essen, die Sülze – deren Daseinsberechtigung ich nie verstand – die Lichter, das Kaminfeuer, die Großzügigkeit und das Gefühl der Überraschung und Freude, über die wirklich zahlreichen Geschenke. Diese brachte bei uns das einmal im Jahr auftauchende Christkind, welches genauso wie meine Eltern sehr gerne las. Das Christkind war für mich weiblich, großzügig und hatte immer eine Klingel dabei", erinnert sich Lydia Patzak, Vorsitzende des Humanistischen Verbands Deutschlands (HVD) Bayern. Dass die Umstände nicht immer einfach sind, gibt sie außerdem zu bedenken: "Das Besondere für mich war und ist, dass wir als Familie immer versucht haben, alle Generationen und Bedürfnisse aller unter ein Dach und – als das nicht mehr ging – unter einen Hut zu bekommen. Manchmal musste der Hut als Sombrero fungieren: die Bedürfnisse waren aufgrund von Trennungen und Trauer der Eltern, Stuhlinkontinenz und Sturheit der Großeltern sowie Flucht und Familienneugründung der jüngeren Generation zu divers. Versuchen tun wir es nach wie vor." Als Erwachsene arbeite sie gerne an Weihnachten und freue sich "vor allem über die vielen kleinen Momente der Harmonie in der Familie und mit Freunden, über Mitmenschlichkeit, die ungezwungen ist und ohne Vorbereitung spontan einfach passiert".
Das Weihnachten von Paul Franke, Vorstandsmitglied der Säkularen Flüchtlingshilfe, wird im gemütlichen Rahmen mit der engen Familie und Freunden gefeiert. "Dabei wird dann gegessen, gespielt und gegebenenfalls ein Weihnachtsfilm geschaut. Die typische Bescherung ist natürlich auch dabei. Über die letzten 15 Jahre hat sich mein Weihnachten vollkommen säkularisiert, was sowohl am persönlichen Abfall vom Glauben als auch an der schwindenden Relevanz der christlichen Institutionen liegen mag. Der letzte Gottesdienst wurde wahrscheinlich vor zehn Jahren besucht." Ein besonderer Aspekt bei ihm: "Die dazustoßenden Freunde haben bisher noch nie Weihnachten gefeiert. Insofern wird es recht interessant, ihnen diese Tradition zu zeigen und ihnen gegebenenfalls beizubringen."
"Ich mag den Winter überhaupt nicht, die Kälte, die kurzen Tage und die Dunkelheit. Die vielen Weihnachtsbräuche, Lichter in den Straßen und an den Häusern, Glühwein, Düfte und Gewürze, Glanz und Glimmer, Geschichten von Rentieren und Weihnachtsmännern – all das macht diese schreckliche Jahreszeit erträglicher. Tannengrün belebt die winterliche kahle und kalte Natur", erklärt Ulla Bonnekoh aus dem Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) ihre Haltung zum Fest. "Wir beginnen schon früh, im November, mit der Weihnachtsbeleuchtung, treffen uns an den Feiertagen mit Freunden zu gutem Essen und gutem Wein. Spätestens zum Jahresende ist es dann aber auch genug mit dem Winter-Weihnachtszauber. Die Tage werden wieder länger und ich sehne mich nach dem Frühjahr. Dann müssen so schnell wie möglich die ersten Primeln und Tulpen ins Haus."
Egal, ob und wie Sie Weihnachten feiern: Die Redaktion wünscht ihren Leserinnen und Lesern schöne Festtage, einen geruhsamen Jahresausklang und alles Gute für das neue. Wir freuen uns, wenn wir Sie auch 2023 über säkulare Themen informieren dürfen!
Vor vier Jahren erschien bereits ein ähnlicher Artikel mit den Stimmen weiterer Personen aus dem säkularen Spektrum im hpd.
12 Kommentare
Kommentare
David Z am Permanenter Link
Ich sehe es so entspannt wie Philip Möller. Die Grenze für mich ist, wenn es zu religiös wird und/oder sogar Druck ausgeübt wird, familiär oder gesetzlich (Feierverbot).
Wünsche allen schöne Feier-/Urlaubstage.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Vielen Dank an die Redaktion für die vielen guten Artikel im vergangenem Jahr und auch an die Kommentatoren, welche überwiegend treffende Kommentare dazu geschrieben haben.
gutes friedliches neues Jahr.
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Ich habe es in meinem nachberuflich verfassten religionskritischen Buch so formuliert:
Weihnachten als Fest des familiären und gesellschaftlichen Friedens, der Besinnung und des gegenseitigen Erfreuens durch ein mit Bedacht ausgewähltes Geschenk, und wenn es nur Zeit ist, die man dem anderen schenkt – warum sollten es nicht erhaltenswerte festliche Tage im Ablauf eines Jahres sein? Zwar formal auf Tradition beruhend, aber mit neuen Inhalten ausgestattet. Weihnachten erfüllt ein Bedürfnis nach Gemeinschaft und Ritualen und weckt schöne Erinnerungen an die eigene Kindheit. Inzwischen ist für mich Weihnachten ein säkulares Fest der Familie, auch gern mit einem geschmückten und leuchten-den Weihnachtsbaum, der ohnehin kein christliches Symbol ist. Und vergessen werden sollte auch nicht, dass Weihnachten einen natürlichen Anlass hat, die Wintersonnenwende, die Wende zu den längeren und wärmeren Tagen. So wie Ostern, die Tage um die Tag- und Nachtgleiche, einst eigentlich ein den Frühlingsanfang, das Erwachen der Natur markierendes Fest darstellte.
Was der Form eines wieder verweltlichten Weihnachtsfestes fehlen würde, ist eine das Gefühl ansprechende, gemeinschaftlich erlebte Feierlichkeit. Dass sich zu Weihnachten regelmäßig die Kirchen füllen, ist für mich weniger Zeichen einer jährlich einmal aufflackernden Frömmigkeit, sondern vielmehr der unbewusst sich äußernde Wunsch nach einer gefühlsmäßigen Überhöhung eines solchen Tages, der in uns eine Ahnung aufsteigen lässt, dass das Leben aus mehr besteht als aus der rationalen Bewältigung des täglichen Lebens, dass es Fragen gibt, die unser Wissen über die Welt und uns übersteigen, die sich der Beantwortung entziehen und doch als Fragen immer da sind. Es fehlt eine Form von Feierlichkeit, die das Gemüt – oder wenn man es lieber so ausdrücken möchte: die Seele – anspricht, ohne den Verstand zu kränken.
Georg Dorn am Permanenter Link
Von Ihnen die klügsten Bemerkungen zum Thema, wie so oft.
Mit guten Wünschen,
Dorn
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Lieber Herr Dorn,
Georg Dorn am Permanenter Link
Bin ich. Ich verfolge mit Freude die Verbreitung Ihres Buches. Herzliche Grüße, Dorn
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Lieber Herr Dorn, könnten Sie mir über Herrn Frank Nicolai (Chefredakteur) Ihre Adresse oder Ihre Telefonnummer zukommen lassen?
Dr. Andreas Gra... am Permanenter Link
Wir feiern.
Natürlich.
In der Familie, mit Freundinnen, Freunden, Nachbarn. Ein open house, über ein paar Tage, und jeder, der will, der kommt, bringt etwas mit oder nichts, ruht ein wenig aus und nutzt das Zusammenkommen mit Kaffee, Tee, Punsch, Bier oder Wein.
Wir freuen uns über uns, weil es uns alle in dieser Vielfalt und Menge gibt, weil wir 'gemeinsame Nenner' haben, und weil uns diese Zeit jetzt Zeit zum Verschnaufen gibt, Zeit, uns auf das vergangene Jahr zu besinnen, und Zeit, um das neue im Kopf vorzubereiten.
Das ist das, was wir an Traditionen übernehmen, mit Mut und Demut, Demut vor dem, was uns bis jetzt hierhin gebracht hat, und Mut, die vielen neuen Dinge des nächsten Jahres zu beginnen. Gefühlt wie eine Spirale, die aufgezogen wird, und im Moment des Aufziehens steht halt alles still.
Unsere Weihnachtsstille eben, die ich nicht missen möchte.
Roland Weber am Permanenter Link
Unter dem Link zur Wintersonnenwende fand ich folgenden Satz:
Unter dem römischen Kaiser Aurelian wurde Sol Invictus, die unbesiegbare Sonne, als römischer Gott übernommen und sein heiliges Fest am 25. Dezember begangen. Die christliche Tradition und das Datum des Weihnachtsfestes könnten auf dieses Fest zurückgehen.
Man kann sich entscheiden; Entweder knüpft man an germanische Traditionen an und feiert ohne jeglichen Bezug zu einem Christentum eine „Wintersonnenwende“ - oder
man sieht noch eine Verbindung mit Rom (!) und dem Christentum, dann feiert man nur unter einem neuen Namen und mit neuem (religionsfreien) Inhalt – oder
man sieht das römische Fest „Saturnalien“ und freut sich, dass das Christentum diesen Brauch (wie so vieles andere an Feiertagen und Orte für Kirchenbauten) ebenfalls übernommen hatte. Dass die Saturnalien ein ausgelassenes Fest waren, an dem selbst Sklaven teilnehmen durften und Geschenke und Blödsinn machen eine große Rolle spielten, käme dem ein oder anderen vielleicht sogar bei seiner im christlichen Denken und rechtfertigenden Argumentation sehr gelegen. Der einzige Verdienst den man dem Christentum in diesem Zusammenhang anrechnen könnte, ist der das es ab da dann wesentlich gesitteter und durchweg „erhabener“ zuging!
Zu den Saturnalien - aus Wikipedia (neben vielen anderen Stellen):
Verlauf der festlichen Aktivitäten
Die Feiern begannen mit einem Opfer vor dem Tempel des Saturn und einem öffentlichen Mahl. Öffentliche Einrichtungen waren während der Saturnalien geschlossen. Die Tempel veranstalteten öffentliche Speisungen. Es war üblich, sich zu den Saturnalien zu beschenken. In privaten Gastmählern mit zum Teil exzessiven Trink- und Essgelagen wurden Spottgedichte und Rätsel vorgetragen. Römische Bürger legten die Toga ab und trugen bequeme Tuniken. Die Teilnehmer der Saturnalien setzten sich Pillei auf, Filzkappen, die sonst nur von freigelassenen Sklaven getragen wurden.[1] Es wurde ein Saturnalienfürst (Saturnalicus princeps) gewählt, teilweise wurde dieser auch rex bibendi („König des Trinkens“) genannt. Dieser Name deutet auch auf den stark gesteigerten Weinkonsum während der Festtage hin. Nicht nur der Wein wurde während der Festtage in großem Maße getrunken, es war auch offiziell das Würfelspiel um Geld erlaubt und es konnten Festgeschenke, apophoreta, verlost werden. Auch sonst lockerte sich die Moral während der Feiertage erheblich. Die „Aufhebung“ der Standesunterschiede war ein wichtiger Aspekt der Saturnalien; so wurden auch Sklaven an diesem Tag von ihren Herren wie „Gleichgestellte“ behandelt, ja teilweise wurden die Rollen sogar (scherzhaft) umgekehrt, so dass die Herren ihre Sklaven bedienten. Während der Saturnalien beschenkte man einander mit kleinen, zum Teil aber sehr wertvollen Geschenken.
Beim Christentum sollte man eben nie vergessen, dass es nicht aus Germanien stammt, sondern aus Rom! Die Bräuche (selbst Monatsnamen, z.B. Januar, Juli, August) sollte man deshalb immer an der Quelle und in der Geschichte, und weder im Himmel noch in der Pampa suchen!
Heinz König am Permanenter Link
Wir feiern schon lange die Wiederkehr der Sonne. Einen Baum machen wir nicht mehr, dazu tun uns die Bäume zu leid. In der Natur haben sie noch ein langes Leben vor sich, statt saudumme Lügen zu schmücken.
Rainer am Permanenter Link
Ich darf ja nur für mich selbst sprechen.
Insgesamt ist es für mich eher ein mystisches Fest, vor allem eng mit der Wintersonnenwende und damit verbundenen Ritualen verknüpft. Ich liebe die Ruhe an Weihnachten, die (auch innere) Stille, die den Geist, jenseits des Tagesgeschäfts (wieder) öffnet.
Eine Zeit ohne die alltagsstressbedingten Scheuklappen.
Ich brauche ganz sicher keine weihevollen Pastoren- und Pfarrersprüche in dieser Zeit, sehr wohl aber das Glockenläuten! Und auch! das Innere! einer alten! Kirche - und zwar jenseits von Gottesdiensten, die darin abgehalten ("gefeiert") werden.
Werner Koch am Permanenter Link
„Ohne Stammeln durch den Advent Wie erkläre ich als Atheist meinen Kindern Weihnachten?“ Mit diesem Artikel (https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ohne-stammeln-durch-den-advent-wie-erklaere-ich-als-atheist-meinen
Von einer Zentralen Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen (die vom Land BW gefördert wird) kann man erwarten, dass sie nicht nur religiöse Weltanschauungen kennt, sondern auch nicht-religiöse Weltanschauungen.
Sarah Pohl von der Zentralen Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen greift zu kurz, wenn sie den „Ursprung“ christlich vereinnahmt. Die dahinterstehende verengte Sichtweise ist historisch angreifbar, kulturell einseitig und gesellschaftspolitisch verfehlt. Kein Wunder, dass Muslime bei solchen Erklärungen dem Weihnachtsfest kritisch gegenüberstehen.
Weihnachten erfüllt ein Bedürfnis nach Gemeinschaft und Ritualen und weckt schöne Erinnerungen an die eigene Kindheit. Weihnachten ist für viele schon sehr lange ein säkulares Fest der Familie, auch weil Kinder das gern mögen, mit einem geschmückten und leuchtenden Weihnachtsbaum, der ohnehin kein christliches Symbol ist. Auf eine Krippe unter dem Weihnachtsbaum verzichten Atheisten gerne. Und vergessen werden sollte auch nicht, dass Weihnachten einen natürlichen Anlass hat, die Wintersonnenwende, die Wende zu den helleren und wärmeren Tagen. So wie Ostern, die Tage um die Tag- und Nachtgleiche, einst eigentlich ein den Frühlingsanfang, das Erwachen der Natur markierendes Fest darstellte.
Die Weihnachtsgeschichte ist eine Legende für Gläubige. Die Geburt Jesu wurde erst in der Spätantike auf Feiertermine des Sonnengottes beziehungsweise des Mithraskultes gelegt und hat nach historisch-kritischen Erkenntnissen nicht in Bethlehem stattgefunden.
Zentrale Elemente der Ausgestaltung dieser Festzeit wie etwa der Genuss von Lebkuchen und Plätzchen oder der geschmückte Tannenbaum sind keineswegs christlichen Ursprungs, sondern entspringen natürlichen Bedürfnissen der Menschen in der Winterzeit auf der Nordhalbkugel. Naturverbundenheit durch immergrüne Zweige, Kränze und Bäume im Wohnbereich, Wärme und Helligkeit durch Kerzen und Leuchtschmuck, Zeit für Familie und Freunde, Besinnung, Verbundenheit und Liebe sind säkulare Feiermotive. Einer einseitig christlichen Vereinnahmung des Weihnachtsfestes ist daher zu widersprechen.