Glückwunsch an das Land Berlin

BERLIN. (dfw/hpd) Die mit unseriösen Argumenten geführte „Pro Reli“-Kampagne in Berlin ist durch das Votum der Bevölkerung gescheitert. Dies stimmt hoffnungsfroh im klerikal überfrachteten Deutschland.


Eine Erklärung des Dachverbandes Freier Weltanschauungsgemeinschaften

„Zum ersten Mal hat ein Bundesland die Integrationsaufgabe im Rahmen des Ethikunterrichtes konsequent als Pflichtaufgabe des Staates definiert - nach den wegweisenden Anfängen in Brandenburg mit dem pflichtigen Unterricht „Lebensgestaltung/ Ethik/ Religionskunde“ (LER). Diese Aufgabe steht nicht im Gegensatz zum konfessionellen Religionsunterricht, der in Berlin freiwillig ist. Wer diesen wünscht, kann an ihm teilnehmen.

Es ist erschütternd, dass zu Beginn des 21. Jahrhunderts durch „Pro Reli“ – mit Unterstützung der Kirchen - mit unlauteren Argumenten und Halbwahrheiten ein regelrechter Kulturkampf um den Ethikunterricht geführt wurde. Wir hoffen, dass jetzt Respekt vor dem Willen der Berliner Bevölkerung und vor dem integrativen Ethikunterricht eintritt.

Artikel 7(3) GG wird von der Mehrheit des Deutschen Bundestages immer noch so interpretiert, dass der Staat verpflichtet sei, Religionsunterricht innerhalb des staatlichen Schulwesens als ordentliches Unterrichtsfach und als Teil der Ausübung öffentlicher Gewalt zu begreifen. Dies führt dann zur Schlussfolgerung, Religionsunterricht in konfessioneller Positivität und Gebundenheit zu erteilen und die Glaubensgrundsätze der jeweiligen Religionsgemeinschaften als bestehende Wahrheiten zu vermitteln. Diese Missinterpretation des Artikels 7(3) GG steht in krassem Widerspruch zur Allgemeinen UNO-Erklärung der Menschenrechte, in der es heißt: “…diese allgemeine Erklärung der Menschenrechte als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal...durch Unterricht und Erziehung... zu fördern.“

Auch der Deutsche Bundestag - ebenso wie die christlichen Kirchen - muss zur Kenntnis nehmen, dass nicht nur die Bevölkerung Berlins ihr Leben nicht mehr allein nach den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften ausrichtet, sondern die Freiheitsgrundsätze der Aufklärung und der Menschenrechte das reale Leben bestimmen. Die Aufgabe des Staates ist es dann, die Integration der pluralen Gesellschaft zu organisieren und nicht vorrangig einen Schutzschirm für die Vermittlung der Glaubensgrundsätze der jeweiligen Religionsgemeinschaften aufzuspannen, um deren Grundsätze als bestehende Wahrheiten vermitteln zu lassen!

Daher ein großer Dank an die Bevölkerung Berlins. Sie hat die Missinterpretationen des Artikels 7(3) GG durch höchste Repräsentanten des Staates zurechtgerückt. Das Berliner Modell „Ethik“ ist ein Vorbild für ganz Deutschland.“

Horst Prem / Dr. Volker Mueller