Situation im Iran verschlechtert sich weiter

TEHERAN. Anmesty International hat darauf hingewiesen, dass die Meinungs- und Informationsfreiheit im Iran zunehmend eingeschränkt wird.

In einer Anfang Dezember veröffentlichten Stellungnahme ist die Rede davon, dass die iranische Regierung immer wieder Zeitungen verbietet und Webseiten schließt, den Zugang zu beliebten Internetseiten blockiert und Journalisten und Blogger einschüchtert oder sogar verhaftet. Ziel des Mullah-Regimes ist es offenbar, den Zugang zu unabhängigen Informationen und zu kritischen Einschätzungen der „Islamischen Republik“ zu unterbinden oder zumindest zu erschweren.

Dabei richten sich die Bemühungen derzeit verstärkt auf die Möglichkeiten, die das World Wide Web bietet. Zum einen versuchen die Behörden, das Angebot möglichst umfassend zu kontrollieren. Seit Sommer hat eine Information Technology Company einen Filter in Betrieb, der nach Aussage des Unternehmens mehr als zehn Millionen Webseiten überprüft und 200-300 pro Tag sperrt, weil sie „unmoralische“ Inhalte verbreiten oder gegen die „Prinzipien des Islam“ gerichtet seien. Betroffen sind zu einem guten Teil allerdings sites, die „ungefilterte“ Informationen bieten, wie Nachrichtendienste oder Menschenrechtsorganisationen. Zu den in jüngster Zeit ganz oder zeitweise blockierten Webseiten gehören u.a. Wikipedia oder der Internetauftritt des Internationalen Komitees gegen Steinigung. Neben derart offenen Zensureingriffen sind es technische Maßnahmen, mit denen die Möglichkeiten der iranischen Bevölkerung, das Internet zu nutzen, eingeschränkt werden. So legt seit Oktober eine Telekommunikationsrichtlinie fest, dass online nicht mehr als 128 Kilobits pro Sekunde übertragen werden dürfen; Internetprovidern ist es verboten, schnelle Breitbandverbindungen anzubieten.

Zum anderen werden die Nutzerinnen und Nutzer umfassend überwacht. Der Geschäftsführer besagter Information Technology Company hatte bereits im Mai angekündigt, dass die neuen Filterprogramme „jeden Internetbenutzer im Land identifizieren“ könnten. Dies scheint keine leere Drohung zu sein, denn Amnesty International benennt einen Fall, in dem ein Mann zu einem halben Jahr Gefängnis wegen „Mitgliedschaft in einer illegalen Oppositionsgruppe, die die nationale Sicherheit gefährdet“, verurteilt wurde. Zu den zentralen Vorwürfen habe gehört, dass der Mann diverse Webseiten besucht und von dort eMails an Freunde verschickt habe. Auch Menschenrechtsaktivisten sehen sich offenbar in zunehmendem Maße mit Vorladungen und Anklagen konfrontiert, weil sie ausländische Internetangebote nutzen.

Bei den herkömmlichen Massenmedien sieht die Lage nicht besser aus. Im Jahr 2006 wurden wieder Zeitungen geschlossen und Bücher, die bislang zugelassen waren, verboten. Journalisten sehen sich nach wie vor häufig mit vagen Anschuldigungen wie „Propaganda gegen das System“ oder der Beleidigung führender Persönlichkeiten konfrontiert. Vor allem aus der sehr lebendigen Blogger-Szene werden immer wieder Leute in Haft genommen. Auch die Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger ist im Visier des islamistischen Regimes: Im Sommer gab es eine Kampagne gegen den privaten Gebrauch von Satellitenschüsseln, in deren Verlauf Berichten zufolge Tausende Geräte konfisziert worden sein sollen.

Der <Originalbericht in englischer Sprache>.

Informationen über die iranischen Blogger bietet das Buch:

Nasrin Alavi: Wir sind der Iran. Aufstand gegen die Mullahs - die junge persische Weblog-Szene. Köln: KiWi 2006. ISBN 3-462-03651-3