Parallel-Welten?

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Lesung / Foto: Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Ein Kultur-Einstieg von Ghana über London und Paris nach Berlin. „Ich bin ein Black Berliner” Lesung und Gespräch mit Jones Kwesi Evans. Musik und Gesang, Abdoul Aziz Sinka und Moussa Coulibaly aus Burkina Faso auf Balafon und N’goni.

Cafe Rix. Im Foyer im ersten Stock kommt dem Besucher ein Hauch afrikanisches Ambiente entgegen und mich zumindest stimmt es ein. Das Ambiente - Stühle, Sessel, Hocker, eine Standlampe sind mit den typisch afrikanischen Baumwollstoffen mit den überlieferten Mustern in klaren Farben bezogen.

Allerdings sitzt niemand drauf, es gibt auch keine Spuren einer Nutzung und Heizkörper die, wie die großen Fenster lassen keinen Zweifel aufkommen, dass wir in Deutschland sind. Ich werte beides als gutes Zeichen – für Besucher und Interessierte kann sich ein Platz etablieren, an dem die speziell in Berlin eng neben einander lebenden Menschen der unterschiedlichster Kulturen sich treffen können, wo sie auch leben nämlich in Neukölln.

Wir erfahren, die afrikanischen Stoffe werden zumindest am Alexanderplatz in einem speziellen Kaufhaus und in zwei Friseur-Läden in Neukölln angeboten. Eine Veranstaltungsbesucherin hat auf dem afrikanischen Kontinent immer wieder Guinea als ihr Reiseziel gewählt. Dort war sie, um Trommeln zu lernen, eine Domäne, die die Afrikanerinnen den Männern überlassen. Äußerlich sichtbar trägt die Berlinerin, als afrikanisches Attribut und im Kultur-Austausch von den Frauen dort übernommen, ihr Haar fachkundig geflochten in deren Art.

Unter dem Titel „Ich bin ein Black Berliner“ liest Jones Kwesi Evans selbst aus dem Buch seine Lebensgeschichte, ein Weg der ihn von Ghana über London und Paris nach Berlin führt. Hier lebt er seit 1984 und wirft in seinem Buch die Frage auf, ob ein Schwarzer in Deutschland überhaupt ein normales Leben führen kann. Authentisch wirkt seine Stimme auf mich. Es ist zu spüren, er hat die Thematik angenommen und es sich damit nicht leicht gemacht.

An ihn, den Migranten, werden andere Maßstäbe gestellt als an Einheimische – im positiven wie im negativen Sinn. Verhalten und Leistungen werden immer mit seinem Schwarz-Sein in Verbindung gebracht – auch wenn er schon die meiste Zeit seines Lebens in Deutschland lebt.

Der Leser erfährt, warum sich Evans trotz der Vorurteile und des subtilen Rassismus, denen er begegnet, auf ein dauerhaftes Leben in Berlin eingelassen hat und es für ihn nicht infrage kommt, zurück nach Ghana zu gehen.

Das liegt nicht nur daran, dass er einen inzwischen erwachsenen Sohn hat. Er thematisiert die Frage nach persönlicher Identität und der Schwierigkeit, sie dort zu finden, wo man ihn als Fremden bzw. als Fremdkörper wahrnimmt. Er wird dazu gebracht, sich fremd zu fühlen – das gilt für Berlin wie inzwischen für sein Heimatland.

Sonntagsforum

Die Veranstaltungsreihe hat der Humanistische Verband Berlin als SONNTAGSFORUM initiiert – im Dreiklang von frühstück - thema - musik – und wurde bisher inhaltlich von verschiedenen Lebenskundelehrerinnen forciert.

Das Sonntagsforum ist in die Verantwortung des Lebenskundelehres Jens Heimendahl gewechselt und findet nach den Sommerferien seine Fortsetzung am 6. September 2009 mit einer Deutsch-Chinesin als Gast. Wieder erhält das Publikum Gelegenheit, einen bemerkenswerten Lebensweg kennen zu lernen, unseren deutschen Alltag aus kulturell anderer Perspektive geschildert zu bekommen und manche unserer deutschen Selbstverständlichkeiten infrage zu stellen.

Henriette Adler