Das „Dream Team“ Debelius / Kuiter
Neben anderen Ko-Autoren sind besonders in der Zusammenarbeit mit Rudie H. Kuiter detaillierte Titel entstanden, wie Doktorfische und ihre Verwandten oder die Kaiserfische: Pomacanthidae (2003) aber auch umfangreiche lexikalische Bände, wie Nacktschnecken der Weltmeere (2007) und der Bestseller, der jetzt schon in der dritten Auflage ist: Atlas der Meeresfische. Die Fische an den Küsten der Weltmeere (2006). Mit 720 Seiten und 6.250 Farbfotos weitestgehend aller Meeresfische an den Küsten der Weltmeere und – Debelius arbeitet stets Praxis bezogen -, für die Aquarianer mit Hinweisen zu den Arten, die im Handel angeboten werden.
Ein Lebenswerk
Hatte dieser Band der Meeresfische schon neue Maßstäbe gesetzt, so haben Helmut Debelius und Rudie H. Kuiter nun in ihrem neuesten Band, der gleichsam Teil 2 oder der „Zwillingsband“ der Meeresbewohner ist, noch einmal bewiesen, dass sie zur Spitzenliga der Meeres-Autoren gehören: Der Atlas der wirbellosen Meerestiere. Der Untertitel sagt dann präzise, welche Tiere darin dargestellt werden: Weichtiere, Würmer, Stachelhäuter und Krebstiere.
„Dargestellt“ klingt so einfach und wenn man durch die Seiten blättert ist die Fülle der Bilder so beeindruckend, dass man nicht daran denkt, wie diese Bilder zusammen gekommen sind. Basis dafür sind die Jahrzehnte des Lebens, die Helmut Debelius in den Aufbau seines Unterwasserarchivs investiert hat. Fotografien aus der eigenen Arbeit in allen Weltmeeren, die Früchte der Kontakte zu Freunden und anderen Fotografen, die Archivierung von Zigtausenden von Fotos, sie zu registrieren, sortieren, klassifizieren, Bilder auszuwählen, zu verwerfen, zu bestätigen, zu beschriften.
In trockener Statistik sind es die Fotografien von 143 Fotografen weltweit, die hier für die Übersicht zu den wirbellosen Meerestieren zusammengetragen sind, das Register der wissenschaftlichen Tierbezeichnungen umfasst 3.522 Einträge und der Band enthält 4.250 Fotografien. (Wie die Meerestierarten zu ihren wissenschaftlichen Namen kommen, das hat Helmut Debelius in einem Interview erläutert.)
Artenvielfalt, Evolution und Schöpfungsglauben
Die beiden Autoren haben ihr Buch Charles Darwin als „Geburtstagsgeschenk“ gewidmet und schreiben dazu: „Wir, die Autoren, und andere evolutionäre Naturalisten wissen, dass der Mensch stammesgeschichtlich ein Tier ist, wenn auch mit bemerkenswerten Eigenschaften. Aber sind die Fähigkeiten der in diesem Buch vorgestellten Tiere nicht auch höchst bemerkenswert?
Es ist das große Verdienst von Charles Darwin, dass er den Menschen erstmals im 19. Jahrhundert schlüssig dargelegt hat, woher wir kommen und wer wir sind. Seine Evolutionslehre wurde seitdem – speziell von den monotheistischen Religionen mit maßloser Selbstüberschätzung der Spezies Mensch wiederholt angefeindet. Dennoch wurde seine Theorie bis ins 21. Jahrhundert durch wissenschaftliche Beweise bestätigt.
Manchmal stellen wir uns vor, Charles Darwin hätte auf seinen Reisen Taucherbrille, Schnorchel und Flossen zur Verfügung gehabt. Wo würde die Welt stehen, hätte sie sich nicht nur Darwins Finken, sondern auch mit unseren Vorfahren aus den Ozeanen auseinandersetzen müssen?“
Manche, die sich das vorstellen können, blicken in den Weltraum, zu den Galaxien und können sich nur über die Idee amüsieren, dass dies ein Schöpfergott geschaffen haben soll. Dem Rezensenten ist es ebenso bei diesem Buch über die wirbellosen Tiere im marinen Lebensraum gegangen. Es ist nicht nur die Freude und die Überraschung über diese ungeahnte Fülle verschiedenster Formen und Farben, sondern auch ein fröhliches Lachen über die Vorstellung, das dies ein „Schöpfer“ geschaffen haben soll. Vielleicht ist gerade dieses Buch - und sein Zwillingsband – der schönste Beleg dafür, dass die wichtigsten Religionen des Monotheismus in kargen Landstrichen und Wüsteneien entstanden sind, wo die Kreativität des Lebendigen sich der dortigen Umwelt gemäß auf vergleichsweise wenige Tierarten, Palmen, Gemüse und Sträucher beschränkte. Dem entspricht die Gottesidee.