Annika Brockschmidt, studierte Historikerin, legt mit "Die Brandstifter. Wie Extremisten die Republikanische Partei übernahmen" eine beklemmende Studie zum Thema vor. Das Buch ist eher journalistisch, weniger wissenschaftlich gehalten. Gleichwohl liefert es viele Einsichten in einen erschreckenden Entwicklungsprozess.
Wie kann es rechten Extremisten gelingen, eine konservative Partei zu erobern? Dies ist keineswegs mehr nur eine akademische Frage im schlechten Sinne des Wortes. Denn eine solche Entwicklung lässt sich bei der Republikanischen Partei in den USA beobachten. Diese Auffassung vertritt jedenfalls Annika Brockschmidt in ihrem neuen Buch "Die Brandmauer. Wie Extremisten die Republikanische Partei übernahmen". Gleich zu Beginn fragt sie: "Wie konnte es passieren, dass die Republikanische Partei – die Partei Lincolns und der Sklavenbefreiung – zu einer Partei geworden ist, die Ausgrenzung, Nativismus, Rassismus und Hetze zu ihren Hauptmerkmalen zählt? Wie ist es zu erklären, dass ihre politischen Hoffnungsträger*innen auf der Jahresversammlung einer so extremistischen Organisation wie Moms for Liberty auftreten und derart rechten Kräften ihre Treue schwören?" (S. 11f.).
Denn, um es an einer bestimmten Person zuzuspitzen, Trump hatte eine lange Vorgeschichte. Und genau diese will die Historikerin in lockerer Schreibe erzählen.
Aufflackern des Extremismus unter Goldwater
Brockschmidt geht dazu nur kurz auf die Jahre zwischen 1860 und 1960 ein, liefert aber eine interessante knappe Erklärung zu den bezogen auf die beiden Großparteien bei Themen und Wähler erfolgten Veränderungen. Und dann veranschaulicht sie die folgende Entwicklung, wobei die Darstellung meist zu sehr an einzelnen Personen orientiert ist. Am Beginn geht es um William F. Buckley und den "respektablen Konservatismus", der dann von einem ersten extremistisch ausgerichteten Präsidentschaftskandidaten abgelöst worden sei. Gemeint ist Barry Goldwater, der zwar eine krachende Niederlage bei den Wahlen 1964 hinlegte, gleichwohl mit seinem Agieren entsprechende Entwicklungen in der Partei vorantrieb. Die Autorin verweist auf einige Gemeinsamkeiten mit Trump, was für die Existenz eines entsprechenden Typus im Wahlgeschehen spricht. Ein Anfang war gemacht, die Radikalisierung begann. Dazu dienten auch Anspielungen im öffentlichen Diskurs, welche einschlägige Einstellungen aktivierten, ohne offenen Rassismus zu predigen.
Hundepfeifen-Prinzip schon unter Nixon
Auch Richard Nixon bediente sich dann einer so codierten Sprache: "Das Hundepfeifen-Prinzip ermöglichte es dem Sprechenden, glaubhaft abzustreiten, sich rassistisch geäußert zu haben, während die eigentliche Zielgruppe den rassistischen Apell sofort als solchen verstand und positiv rezipierte" (S. 83). Brockschmidt zitiert einen der Chefberater: "Wir wussten, dass wir es nicht illegal nennen konnten, den Krieg abzulehnen oder Schwarz zu sein, aber indem wir die Öffentlichkeit dazu gebracht haben, die Hippies mit Marihuana und die Schwarzen mit Heroin zu assoziieren und dann beides heftig zu kriminalisieren, konnten wir beide Communitys zerstören" (S. 85). Selten liest man Bekenntnisse mit so offenen Worten. Und genau dieses Agieren prägte nach der Autorin immer mehr die republikanische Partei. Aufgezeigt wird dies anhand der führenden Politiker, seien dies Ronald Reagan oder Pat Buchanan, seien dies Newt Gingrich oder der George W. Bush. Auch der als ehrenwert und seriös geltende John McCain bediente sich demnach derartiger Methoden.
Trump fiel nicht vom Himmel
Immer größeren Einfluss erlangten damit radikale Kräfte, sei es zunächst die "John Birch-Society", sei es später die "Tea Party"-Bewegung. Auch viele private Medien vom Radio bis zum TV schürten entsprechende Tendenzen. Das Establishment der GOP, was für "Grand Old Party" für die Republikaner steht, verlor die Kontrolle. Und so gelang deren Eroberung durch Trump, wobei diese Entwicklung zwar bedauert, aber sehr wohl hingenommen wurde. Immerhin hatte dieses Agieren jeweils Erfolg. Brockschmidt beschreibt diesen beklemmenden Prozess anschaulich und verständlich. Dabei analysiert sie aber weniger als zu erzählen. Gleichwohl liefert die Autorin wichtigen Stoff dafür, aus dem Geschilderten allgemeinere Reflexionen abzuleiten. Für die Einordnung bedient sie sich scharfer Worte, ohne dass es eine allgemeine Definition oder Erläuterung dazu gibt. Ist da "Extremismus" der richtige Terminus? Kann man von "antidemokratischen Plänen der GOP" sprechen? Dazu hätte man gern eine gesonderte Begründung in dem beklemmenden Buch gelesen.
Annika Brockschmidt, Die Brandmauer. Wie Extremisten die Republikanische Partei übernahmen, Hamburg 2014 (Rowohlt-Verlag), 364 S., 24,00 Euro (eBook: 19,99 Euro)