Humanisten und Agnostiker nicht willkommen

INTERNET. (hpd) Administratoren löschen größte Online-Atheisten-Gruppe.

 

Wer auf MySpace.com, der weltweit beliebtesten Internetplattform

zum Aufbau von Sozialen Netzwerken, das Profil von Bryan J. Pesta aufruft, wird den Eindruck nicht los, der 39jährige Assistenzprofessor an der Cleveland State University habe eine regelrechte Anhängerschaft um sich geschart. „Deine Gruppe ist die Beste!", „Bin heilfroh, dass du wieder da bist" und „Natürlich werden wir deine Petition unterschreiben" lauten die aktuellsten Pinnwandeinträge.

Der Grund für diese, zwar virtuelle, aber dennoch überschwängliche Wiedersehensfreude: Pesta ist Gründer der vor dreieinhalb Jahren ins Leben gerufenen MySpace-Gruppe „Atheist and Agnostic Group", der mit 35.000 Mitgliedern größten Online-Gemeinschaft dieser Art.

Als im November 2007 ein Hacker mithilfe der Phishing-Methode in Besitz seines Passwortes kam, die Gruppe zu 'Jesus is Love' umbenannte und begann, Mitglieder unwiderruflich aus der Gruppe zu verbannen, fühlte sich Pesta gezwungen, seinen Account zu löschen, bevor der Hacker noch mehr Schaden in seinem Namen anrichten würde.

Zwar geht Pesta nicht davon aus, dass die Administratoren von MySpace persönlich etwas mit dem Vorfall zu tun haben, jedoch zeugt ihr Verhalten nach dem Hacker-Angriff dann doch von akuter Leistungsverweigerung. „Sie weigerten sich, trotz wochenlanger Bitten an den Kundenservice und einer Petition, die von 500 Gruppenmitgliedern unterzeichnet wurde, mein Profil wiederherzustellen und den gesperrten Gruppenmitgliedern den Zugriff auf Ihre Diskussionsplattform zu ermöglichen" berichtet er in seinem Blog.

Vielen Dank für die Infos, die Gruppe wird gelöscht

„Als ich nach drei Wochen endlich eine Antwort bekam, lautete diese: Vielen Dank für die Infos, die Gruppe wird gelöscht. Ich empfinde es als ironisch, dass sie auf meine wiederholten Bitten mit dem Löschen der Gruppe antworteten."

Vonseiten der Verantwortlichen hieß es danach, gelöschte Gruppen ließen sich nicht wiederherstellen. Dem hält der Assistenzprofessor entgegen: „Als die größte Christengruppe gehackt und gelöscht wurde, hat sich Tom Andersen, Gründer von MySpace persönlich um die Wiederherstellung gekümmert."

Pestas Frust ist nachvollziehbar, schließlich ist es bereits das dritte Mal, dass seine Gruppe gelöscht wird. „Vor zwei Jahren wurden wir aufgrund von Beschwerden einer Gruppe namens 'Christian Crusaders' gelöscht, die unter anderem auch die Eliminierung einer Gruppe von Abtreibungsbefürwortern initiierten."

Auf den Hinweis eines Bloggers, MySpace sei ein privatwirtschaftliches Unternehmen und daher berechtigt, nach eigenem Ermessen Inhalte zu selektieren, antwortet er: „Würde MySpace die größte Afroamerikaner-Gruppe hier löschen, würde das niemand tolerieren. Dasselbe sollte für alle Minderheiten gelten."

Löschung auch bei Wikipedia?

MySpace ist indes nicht die einzige Spitzenwebseite (mehr als 300 Mio. Nutzer), auf der die 'Atheist and Agnostic Group' gegen Zensur kämpft. Auch ihr Eintrag bei Wikipedia ist zur Löschung vorgesehen.

Es bleibt abzuwarten, ob die 'Atheist and Agnostic Group' den Attacken auch in Zukunft standhalten wird - aktuell wurde die Gruppe am Samstag wieder aktiviert, vermutlich auch aufgrund der internationalen Proteste.

Fest steht, dass Bryan J. Pesta schon jetzt unfreiwillige Prominenz an der Cleveland State University erlangt hat. So hinterließ einer seiner Verehrer die Nachricht: „Brian, ich bin so stolz,dass du es in die Zeitung geschafft hast. Ich hoffe, dass ich später als Professor auch so cool sein werde wie du! PS: Aber ich werde nicht soviel rauchen."

Übrigens: Auch bei anderen Social-Networking-Seiten gibt es atheistische Gruppen: Bei Facebook (63 Mio. Nutzer) bildet die Gruppe 'Atheist, Agnostic, and Non-Religious' mit 16.500 Mitgliedern die größte, während bei dem deutschen Anbieter StudiVZ (knapp 5 Mio. Nutzer) die Gruppe 'Ich war Atheist, bis ich merkte, dass ich Gott bin!' mit 8.500 Mitgliedern absolut kleiner, aber relativ beachtlich groß ist.

Timothy Johnston / Fiona Lorenz