Integration durch Ghettoisierung?

Symptomatische Veränderung?

Diese Veränderung in Lage, Größe, Ausstattung und Sichtbarkeit – von den ‚Schmuddelecken’ in die ‚Marmoretagen’ -, ist sehr bemerkenswert. Es ist nicht nur ein selbstbewusstes Zeigen der Anwesenheit und eine Investition in die bleibende Zukunft, sondern auch eine Veränderung im Angebot. Alle drei Moscheen bilden einen in sich geschlossenen Lebensraum, für den die Einkaufsmöglichkeit an sieben Tagen der Woche nur ein Symbol ist. Es entstehen abgegrenzte Bereiche für gläubige Türken, Araber, Bosnier, Pakistani, Indonesier und weitere Moscheenbetreiber, die das Prinzip der Abgrenzung, eine Ghettoisierung, weiter ausbauen. In dieser Weise wird der Schulterschluss der Religiösen in Berlin, die sich bei der Pro-Reli-Initiative so deutlich zeigte, islamisch pointiert. Erst wenn man die eigene Religion gut kenne, so war die Grundaussage, könne man sich mit anderen über Integration verständigen. Das wäre Integration durch Ghettoisierung.

Würdige Lebensweise

Man muss sich noch einmal vergegenwärtigen, was unter Punkt 20 der Islamischen Charta steht. Die Forderung ist „Eine würdige Lebensweise mitten in der Gesellschaft. Dazu gehört u.a.:

  • Einführung eines deutschsprachigen islamischen Religionsunterrichts,
  • Einrichtung von Lehrstühlen zur akademischen Ausbildung islamischer Religionslehrer und Vorbeter (Imame),
  • Genehmigung des Baus innerstädtischer Moscheen,
  • Erlaubnis des lautsprecherverstärkten Gebetsrufs, Respektierung islamischer Bekleidungsvorschriften in Schulen und Behörden,
  • Beteiligung von Muslimen an den Aufsichtsgremien der Medien,
  • Vollzug des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Schächten,
  • Beschäftigung muslimischer Militärbetreuer,
  • Muslimische Betreuung in medizinischen und sozialen Einrichtungen,
  • Staatlicher Schutz der beiden islamischen Feiertage,
  • Einrichtung muslimischer Friedhöfe und Grabfelder.

Das ist nicht mehr, aber auch nicht weniger, als die Forderung nach Erhalt der gleichen Privilegien, wie sie die christlichen Großkirchen besitzen. Das ist eine der Konsequenzen der Einbürgerung von Muslimen und die verständliche Forderung von muslimischen deutschen Staatsbürgern, dass ihre Religionsgemeinschaft gleichberechtigt anerkannt wird. Wer sich also gegen solche muslimischen Forderungen zur Wehr setzt, oder darüber die Stirn runzelt, sollte sich selbst befragen, welche Meinung er zu den Privilegien der christlichen Kirchen hat und warum er sie den Muslimen verweigern will.

Insofern ist der Eindruck zwiespältig. Auf der einen Seite ein Respekt vor der ruhigen Ernsthaftigkeit von einfachen Gläubigen und ihrer nicht gespielten Freundlichkeit. Auf der anderen Seite wird aber deutlich, dass bei den religiösen Muslimen Lebenswelten vorhanden sind und verstärkt weiter ausgebaut werden, die in Mitteleuropa fremd bleiben werden. Insbesondere das völlige Unverständnis gegenüber „Ungläubigen“ wird sich als Toleranz nur gegenüber gläubigen Christen darstellen. Insofern sind diese religiösen Muslime mental noch nicht in einem liberalen und toleranten Europa angekommen.

Carsten Frerk

 

Alle Fotografien © Evelin Frerk