Verlag und Autoren des Kinder- und Erwachsenenbuchs „Wo bitte geht's zu Gott?" veröffentlichen Verteidigungsschrift im Internet
ASCHAFFENBURG. (hpd) Eine Woche vor der mündlichen Verhandlung über den Indizierungsantrag des Bundesfamilienministeriums vor der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien haben der Verlag und die Autoren des religionskritischen Kinder- und Erwachsenenbuchs „Wo bitte geht's zu Gott? fragte das kleine Ferkel" eine umfangreiche Verteidigungsschrift zur „Rettung des kleinen Ferkels" veröffentlicht. Das 68-seitige Dokument, das der Bundesprüfstelle bereits zugegangen ist, belegt „mit wissenschaftlicher Gründlichkeit", so der Autor Michael Schmidt-Salomon, „dass sämtliche gegen uns erhobenen Vorwürfe haltlos sind". Zudem bringe es eine „bedenkliche weltanschauliche Schieflage in Politik und Medien" zum Vorschein.
Der Indizierungsantrag habe gezeigt, dass das Bundesfamilienministerium noch weit davon entfernt sei, dem „Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates" nachzukommen. Auch die Rolle der Medien sieht der Autor kritisch: Gerade einige der sog. „meinungsbildenden Blätter" hätten im Fall des kleinen Ferkels eine „recht peinliche Figur abgegeben", so Schmidt-Salomon: „Statt kritischer Reflexionen gab es reflexartige Verrisse. Auf die tiefere Verständnisebene dieser kleinen Fabel ist erstaunlicherweise kaum ein Kommentator vorgestoßen - eine fast vollständige Bankrotterklärung des deutschen Feuilletons!"
"Denn sie wissen nicht; was sie glauben"
Tatsächlich stellt sich angesichts der nun vorliegenden, ausführlichen, mit zahlreichen Literaturverweisen belegten Kommentare der Autoren die Frage, warum die deutschen Feuilletonisten das Buch fast unisono als „banal", „dümmlich" und „einseitig" kritisierten. Schmidt-Salomon sieht hierin nicht nur einen Beleg für die „sozioökonomisch bedingte Wirkmacht der religiösen Institutionen" („immerhin sind die Kirchen milliardenschwere Großkonzerne"), sondern greift auch auf psychologische Deutungsmuster zurück: „Der deutsche Entwicklungspsychologe Franz Buggle hat in seinem Buch ‚Denn sie wissen nicht, was sie glauben' dargelegt, dass viele Menschen, sobald es um Religion geht, unter einer ‚partiellen Denk- und Entwicklungshemmung leiden, die es ihnen verunmöglicht, speziell auf diesem Gebiet rational zu argumentieren. Die Debatte um das kleine Ferkel hat Buggles Hypothese eindrucksvoll bestätigt. Selbst Konfessionslose neigten mitunter dazu, im Sinne eines bedingten Reflexes zu reagieren und all die Feinheiten unserer Darstellung zu übersehen. Dass wir über weite Strecken nur Positionen aufgegriffen haben, die in der akademischen Theologie schon seit Jahrhunderten vertreten werden - ich erwähne hier nur Zwinglis Kritik am traditionellen Abendmahlverständnis - war nur einer Minderheit der Rezensenten bewusst."
Die von Schmidt-Salomon, Illustrator Helge Nyncke und Verlagsleiter Gunnar Schedel vorgelegte Verteidigungsschrift, die u.a. auf Stellungnahmen bekannter Publizisten, Religionswissenschaftler und Psychologen zurückgreift, kann von der Website der Kampagne „Rettet das kleine Ferkel!" frei heruntergeladen werden.
Mittlerweile wird die Kampagne von über 5.000 Einzelpersonen sowie 22 säkularen Verbänden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz unterstützt. Die mündliche Verhandlung über den Indizierungsantrag des Bundesfamilienministeriums findet am 6. März in Bonn statt.
Martin Bauer