Dunkelheit im Abendland

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Foto: Thomas Haentsch

NRW. (hpd) Wieder einmal wird religiös geprägter Wahlkampf betrieben. Eine Tatsache, die für sich in der Bundesrepublik Deutschland nichts ungewöhnliches ist, schmückt man sich doch hierzulande gern mit den „Werten“ der Christenheit. Mit diesem sehr fragwürdigen Prinzip zieht auch die Bürgerbewegung „PRONRW“ in den Wahlkampf zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, die am 09. Mai 2010 stattfindet.

Das Wahlkampfportal des Vereins "PRONRW" stellt ganz klar die Religion in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung im Kampf um die Wählergunst. Dass dies mit einem „Hauch“ Ausländerfeindlichkeit einhergeht, nehmen die Strategen von PRONRW in Kauf und man hat nicht den Eindruck, dass diese Leute damit ein Problem haben. Nun schreibt man ja nicht explizit vom Christlichen Abendland, doch muss man auf der Homepage nur aufmerksam weiter lesen, dann fällt auf, dass es um ebendiese Auslegung des Begriffes „Abendland“ geht. Denn wer gegen Minarette wettert, der hat's nun mal mit der Gläubigkeit und missbraucht religiöse Anschauungen für den Stimmenfang. Außerdem, wer gegen Minarette Stimmung macht, auch wenn er die Kirchtürme völlig unerwähnt lässt, der polarisiert und heizt den Kampf der Religionen weiter an.

Da fragt man sich doch, wer die potentiellen Wähler sind?

Das Ergebnis sieht düster aus und kann Angst vor der Zukunft machen, sollten derartige Bürgerbewegungen Fuß fassen.

PRONRW wird mit Sicherheit die katholisch-konservative Bevölkerungsschicht ansprechen und die ist in NRW – vor allem in ländlichen Gegenden sehr hoch. Der Anteil von Katholiken ist wesentlich größer als im Bundesdurchschnitt und in den Gebieten am Niederrhein liegt er noch einmal höher. Darin liegt eine der Gefahren, die von PRONRW ausgehen. Denn, obwohl sich viele Christen nicht öffentlich zur Bürgerbewegung gegen Minarette bekennen, dürften viele von den Zielen begeistert sein. Das Läuten der Glocken in der Dorfkirche ist ihnen näher als der Ruf eines Muezzins. Außerdem ist alles, was nicht bekannt ist, erst einmal gefährlich oder: „Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht.“

Die zweite Gefährdung resultiert daraus, dass insbesondere Menschen mit geringerer Bildung und solche, die in Ballungsräumen mit hoher Erwerbslosigkeit leben, PRONRW wählen könnten. Ist die wirtschaftliche Not größer als in normalen Zeiten, haben rechte Demagogen ein leichtes Spiel. Wer` s nicht glaubt, der erinnere sich an die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. Die Nazis nutzten das Leid im Volk gnadenlos aus, aber nicht um zu helfen oder zu lindern, sondern um Macht zu gewinnen.

Dass diese Wähler eventuell derartiges heraufbeschwören könnten, ist ihnen möglicherweise nicht ganz klar oder sie sind bereits im Sog des rechten politischen Strudels gefangen. Eine Umfrage zeigt diesen gefährlichen Trend.

Wo steht die Bewegung in der politischen Landschaft?

Da gibt es kaum noch Zweifel. PRONRW ist im rechten Spektrum der politischen Szene angesiedelt, auch wenn das von Vereinfunktionären beharrlich bestritten wird, wie Recherchen des Magazins „Monitor“ veranschaulichen.

Der Vereinsname täuscht denjenigen, der nur oberflächlich recherchiert, sehr gekonnt etwas ganz Redliches vor. Da ist von der Erhaltung der Lebensart im Rheinland und anderen Inhaltslosigkeiten die Rede oder man gibt sich als Vertreter der einheimischen Bevölkerung aus. (Wer nicht einheimisch ist, ist automatisch draußen?) Ehrliche Menschen würden ganz freimütig von Ausländerfeindlichkeit sprechen, doch PRONRW betreibt Wahlkampf, da wird getäuscht und betrogen, letzteres trifft jedoch für alle Parteien zu.

Ob die Bewegung ein Nachfolger der so genannten „Deutschen Liga für Volk und Heimat(DLVH)“ ist, sei dahin gestellt. Doch wahr ist, dass sich zwei ehemalige Liga - Funktionäre auffallend aktiv für „PRONRW“ engagieren und ihr Einsatz im Wahlkampf von Seiten PRONRW hoch gelobt wird. Da ist zunächst Harald Neubauer und an seiner Seite Markus Beisicht, beide Männer waren vormals Funktionäre in der DLVH. Dass man davon bei PRONRW nichts weiß, gehört mit Sicherheit in das Reich der Märchen. Der Rechtsanwalt, Markus Beisicht, ist zudem Vorsitzender von „Bürgerbewegung pro Köln e.V.“.

Erst nach der Wahl werden wir wissen, ob rechte Gruppierungen und Bewegungen, die sich nahe diesem Spektrum bewegen und sich als integere Bürgervereinigung tarnen, ihren Fuß noch weiter in das öffentliche Leben stellen können.

Man kann im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens in Deutschland nur dafür arbeiten und darauf hoffen, dass es ihnen nicht oder nur sehr mäßig gelingt.

Was soll dieses Gerede von der Gefahr durch den Islam?

Jede erzkonservative Religion, die in sich abgeschottet existiert, ist eine Gefahr für die Gesellschaft. Dazu zählt auch die Katholische Kirche, die weitab von demokratischer Lenkung existiert. Man siehe die aktuelle Debatte um die Missbrauchsfälle. Eine eingeschworene Burschenschaft autoritärer Bischöfe ist mit Selbstdeckung vollauf beschäftigt – also mit der Erhaltung so genannter abendländischer „Kultur“.

Um einer schleichenden Islamisierung, die sicher nicht ganz von der Hand zu weisen ist, entgegenzuwirken, bedarf es keiner rechten Gruppen, die den Teufel mit dem Beelzebub austreiben wollen und lediglich die eine durch die andere Gefahr ersetzen. Die Bewegung PRONRW verdeutlicht mit ihrem Wahlkampfgetöse, dass sie die Religion nicht kritisch betrachtet, sondern diese nur ausnutzt.

Wenn es nötig ist, die Gefahren, die von den Religionen ausgehen, zu bannen, dann ist das eine Angelegenheit von Aufklärung und schonungsloser Offenlegung der Missstände, die Religionen mit sich bringen.

Es gibt in Deutschland den Zentralrat der Exmuslime, dessen Mitglieder sich mit dem Vorteil eigener Islam-Erfahrung gegen die alles bestimmende Religion engagieren. Es gibt säkulare Organisationen wie die Giordano Bruno Stiftung, den Humanistischen Verband oder den Bund für Geistesfreiheit, die – ohne den Hang der Machtergreifung – für Aufklärung, Trennung von Staat und Kirche und ein menschliches Zusammenleben verschiedener Kulturen eintreten.

Quintessenz: Rechts hat Vorrang – aber bitte nur im Straßenverkehr.

Thomas Häntsch