Körperwelten!

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Lilias Baumhögger / Foto (c) Evelin Frerk

(hpd) So heißt eine faszinierende ästhetisch-lehrreiche - aber auch umstrittene - Ausstellung, die ich am 13.4.2010 mit meiner Mutter in Köln besucht habe. Als ich, kurz bevor wir rein gingen, erfuhr, dass Gunther von Hagens darin plastinierte Tote ausstellt, ekelte ich mich und weigerte mich hineinzugehen. Am Ende ließ ich mich dann zum Glück doch überreden.

 

Die Figuren waren fantastisch! Sie waren verschieden aufgebaut. Manche Figuren waren aus den Hauptblutbahnen, andere aus den Muskeln, manche waren sogar aufgeteilt. Es waren auch einzelne Teile ausgestellt und es wurden damit Vergleiche gemacht, wie zum Beispiel Raucherlunge und Nichtraucherlunge. Die Raucherlunge war zerbröckelt und schwarz. Die Nichtraucherlunge hingegen war weiß und umschloss das Herz, so dass man es kaum noch sah. Gegenübergestellt wurden auch ein voller und ein leerer Magen. Unglaublich, was das für ein Unterschied war! Schließlich sah ich noch ein Gehirn vor und nach einem Schlaganfall.

Faszinierend waren schließlich noch die Tiere, die dort aufgestellt wurden. Es gab ein Ferkel aus den Hauptblutbahnen, einen Steinbock, ein Pferd und eine Giraffe aus den Muskeln und Knochen und noch viel mehr Tiere. In einem abgetrennten Bereich waren kleine Babys zu sehen, auf der einen Seite vier normale, auf der anderen vier Babys mit schlimmen "Behinderungen". Das erste behinderte Baby hatte einen Wasserkopf. Das zweite waren siamesische Zwillinge. Das dritte, das fand ich am schlimmsten, hatte Anenzephalie und das vierte hatte eine Bauchwandbehinderung.

Mein persönlicher "Liebling" war eine Skulptur, die rannte und ihre Haut vergessen hatte. Da die Haut jedoch die ganzen Muskeln zusammenhält, flackerten die Muskeln im Wind nach hinten, sodass man die Knochen erst richtig sehen konnte.

An der Wand war immer eine Erklärung aufgehängt. So erfuhr ich, dass ein Blutkörperchen in weniger als 20 Sekunden durch den ganzen Körper fließen kann, von den Zehenspitzen bis zu den Haarwurzeln. Das habe ich fast nicht geglaubt. Ein Text hat erörtert, dass das Herz so groß ist, wie die Faust des Menschen, der es trägt. Neben der Giraffe war auch ihr Herz, dieses war aber doppelt so groß wie ihre Hufe. Das liegt daran, dass das Gehirn eines der wichtigsten Organe ist und der Hals der Giraffe so lang ist. So muss das Herz sich viel mehr anstrengen, um das Gehirn zu versorgen, das ja soweit oben ist. Es waren auch riesige Tonnen aufgestellt, an denen ein Schild mit der Aufschrift hing „7000 Liter, soviel wie in diese Tonnen passt, leitet das Herz jeden Tag.“

Einfach faszinierend und sehr empfehlenswert! Die Überwindung, trotz komischem Gefühl reinzugehen, könnte sich lohnen.

Lilias Baumhögger

 

 

Zur Autorin

Sie ist auf dem hpd nicht unbekannt und hat im Januar 2009 die Goldene Tigerente für „Gibt es mich überhaupt?" erhalten. Die Jurymitglieder des hpd-Schreibwettbewerbs hatten alle Texte anonymisiert bekommen und wussten also nicht, dass es sich bei der Autorin um eine Tochter der hpd-Redakteurin Fiona Lorenz handelte. Ihr Text fand – auch mit Bezug auf ihr Alter – so viel Zustimmung, dass Sie deshalb einen Sonderpreis erhielt, um ihr offensichtliches Talent zu bestärken.


Über die Entstehung des Artikels

Ja, ich habe am hpd-Schreibwettbewerb teilgenommen. Ich bin unter 18 und verrate ein bisschen mehr, ich bin 8 Jahre unter 18 also 10 Jahre alt. Geschrieben habe ich einen Text über „Körperwelten“. Das ist eine Ausstellung. Gezeigt wurden ganz viele Menschen, die tot dann plastiniert waren. Man konnte verschiedene Sachen sehen zum Beispiel ganze Körper bei denen die Haut weg war oder auch einzelne Organe.

Das alles sind Dinge, die man plastiniert auch nicht sieht, aber dadurch, dass die Haut weg ist konnte ich es besser nachvollziehen. Am Anfang war es für mich ein bisschen ein ungewohnter Anblick.

Die Menschen bleiben anonym, auch das Alter der Menschen habe ich nicht erfahren aber darauf habe ich auch nicht so sehr darauf geachtet.

Nach der Ausstellung habe ich mich nicht gleich hingesetzt und geschrieben. Ich hatte aber alles gut im Kopf und mir einen Katalog gekauft, so dass ich noch einmal nachgucken konnte. Ich habe zuerst auch noch geschrieben, das es mir wohl so wie den meisten Leuten geht, dass sie erst in die Ausstellung gar nicht ‘rein gehen wollen.

Dann habe ich geschrieben, was dort zu sehen war, habe Beispiele genannt und auch meine Lieblings-Statue. Das war ein Mensch, der seine Haut zu Hause vergessen hatte!

Und am Ende, dass es toll war, den Ekel zu überwinden und die Ausstellung zu sehen. Ich kann den Ekel verstehen, weil wir Menschen uns ja alle nur von außen sehen also mit Klamotten, Haut und Haaren und wie es dort zu sehen war, das ist ganz anders und nicht wie gewohnt.