Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage

(hpd) Rechtsextremismus gibt es nicht nur unter ethnisch Deutschen, sondern auch bei Menschen mit Migrationshintergrund: Dafür stehen bezüglich der Einstellungen Antisemitismus und Nationalismus ebenso wie hinsichtlich der Organisationen Gruppierungen wie die türkischen „Grauen Wölfe“. Die Texte einer Broschüre beschäftigen sich nun mit Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft.

Nur selten richtete sich die Aufmerksamkeit von Medien, Sicherheitsbehörden und Wissenschaft bislang auf dieses Phänomen, sieht man einmal von den seltenen Berichten über die letztgenannte Gruppierung ab. Den „Grauen Wölfen“ rechnet man immerhin um die 7.000 Personen zu. Das entspricht ungefähr der Mitgliederzahl der NPD. Gerade der Hinweis auf die ähnlich hohe personelle Stärke macht das bislang geringe Interesse an dem genannten Phänomen deutlich. Dem wollen die Autoren des Themenheftes „Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft“, herausgegeben von „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, Informationen zur Entwicklung unter Exjugoslawen, Russlanddeutsche Türken und Polen entgegen stellen.

Die Broschüre gliedert sich entsprechend auch in vier Teile: Sead Husic geht auf die Verbreitung nationalistischer Einstellungen unter Exjugoslawen etwa über die Verbreitung durch Sänger des kroatischen oder serbischen Turbo-Folks ein. Dem Einfluss von Rechtsextremisten wie der NPD im Milieu der Russlanddeutschen widmet sich Barbara Kerneck. Daniel Bax behandelt die bereits erwähnten türkischen „Grauen Wölfe“ und deren Propagandaaktivitäten an Schulen. Und die Einflussversuche von Rechtsextremisten bei Polen mit ihrer Hasspropaganda gegen Homosexuelle stehen bei Uwe Rada im Zentrum des Interesses. Jedes der genannten Kapitel enthält auch kurze historisch-politische Ausführungen zur Situation in den angesprochenen Ländern, um so die besondere inhaltliche Ausrichtung des jeweiligen Rechtsextremismus besser nachvollziehbar zu machen. Darüber hinaus findet man Abbildungen von Erkennungszeichen und Symbolen mit Erläuterungen zu deren organisatorischem und politischen Hintergrund.

Gerade darin besteht ein Verdienst der Broschüre, können doch die meisten Lehrer derartige Abbildungen nicht zuordnen. Insofern kommt den Erläuterungen und Texten hier ein hoher Informationswert zu. Gleichwohl bewegen sich die Ausführungen auf einer sehr allgemeinen und eher oberflächlichen Ebene, die nur selten über eine erste Wissensvermittlung zum Thema hinauskommt. Gegen Ende verweist man zwar auf weiterführende Literatur, die Hinweise beziehen sich im engeren Sinne jedoch nur auf zwei Bücher zum Thema. Mehr gibt es bislang auch nicht, sieht man einmal von weniger bekannten Dissertationen und Forschungsarbeiten ab. Daher verdient die Broschüre um dieses Inhaltes willen Beachtung. Die Autoren beschränken sich übrigens nicht nur auf politische Organisationen, sondern gehen auch auf den „kulturellen Transport“ der Ideologie ein. Dafür stehen Filme wie „Tal der Wölfe – Irak“ oder Sänger wie „Ceca“ oder „Thompson“. Die Sprachbarriere beschränkte bislang das Wissen um solche Entwicklungen in der Einwanderungsgesellschaft.

Armin Pfahl-Traughber

 

Bundeskoordination Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (Hrsg.), Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft. Exjugoslawen, Russlanddeutsche, Türken, Polen, Themenheft. Berlin 2010, 69 S.