Die Kirche und die "Wende"

Bei der Tagung "25 Jahre Friedliche Revolution", die vom Nachrichtendienst idea veranstaltet wurde, wurde einmal mehr die Rolle der Kirchen im Jahr '89 maßlos übertrieben.

So vertrat der sächsische Oberlandeskirchenrat i. R. Harald Bretschneider die These, dass "ein Bibelwort hat die DDR ins Wanken gebracht" habe: Die Schwerter, die zu Pflugscharen werden sollen. Richtig ist jedoch, dass zwar das Symbol tatsächlich von der Friedensbewegung in der DDR genutzt wurde; aber kaum oder gar nicht mit der Kirche oder der Bibel in Zusammenhang gebracht wurde.

Auch der frühere Vorsitzende der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag, Fritz Hähle, will die "Wende" als Ergebnis engagierter Christen darstellen: "Die Friedliche Revolution von 1989 in der DDR wäre nicht gelungen, wenn damals nicht zehntausende Christen bereit gewesen wären, mit Eifer, Herz und Verstand neu Verantwortung zu übernehmen." Und sie wäre noch weniger gelungen, wenn hunderttausende, die von der Kirche nichts wußten und wissen wollten, den Mut nicht gefunden hätten, auf die Straße zu gehen.

"Das Bild, dass die DDR-Kirche von sich selbst gezeichnet hatte – arm, stark, gläubig, widerständig – dieses Bild ist bei der Durchsicht der Akten ziemlich zerbrochen" sagte deshalb auch der Kirchenhistoriker Gerhard Besier bei der Tagung. Besier hat das bei der Recherche für sein Buch "Der SED-Staat und die Kirchen" festgestellt. Er berichtet, dass ihn nach der Veröffentlichung des Buches "der damalige sächsische Landesbischof Johannes Hempel in Berlin besucht und erklärt [habe]: 'Herr Professor, bevor Sie mich kaputt machen, mache ich Sie kaputt.'"