Luftschläge gegen IS genügen nicht

Dr. habil. Markus Kaimrei nennt drei Gründe, weswegen Luftschläge gegen den "Islamischen Staat" kaum ausreichen dürften.

"Nach Einschätzungen westlicher Geheimdienste verfügt der IS über ca. 32.000 Kämpfer, die sich zum Teil in dicht besiedelten Ballungszentren wie Mossul befinden. Die Strategie, den IS nur mit Angriffen aus der Luft zu bekämpfen, wird daher mit Blick auf mögliche Opfer unter der irakischen Zivilbevölkerung an Grenzen stoßen und in seiner Wirksamkeit begrenzt bleiben."

"Westliche Regierungen tun sich nach wie vor schwer damit, den IS als transnationales Phänomen zu begreifen, das (noch) zwei Länder im engsten betrifft, nämlich Syrien und Irak. Seit seinem militärischen Vormarsch im Verlauf dieses Jahres handelt es sich nicht länger um eine terroristische Gruppierung. Mittlerweile hat sich der IS zu einem Quasi-Staat entwickelt, der etwas weniger als ein Drittel des Staatsgebietes des Irak und Syriens kontrolliert. Er hat eine Form der permanenten Regierungsgewalt und Gerichtsbarkeit eingeführt und wird durch eigene Finanzquellen immer unabhängiger von externer Finanzierung. Jeder Versuch, IS zu bekämpfen, muss eine Strategie zu Grunde legen, die zwar die Unterschiede zwischen den jeweiligen Konfliktkonstellationen in den beiden Ländern in Rechnung stellt, aber doch ein überwölbendes Verständnis der zu erreichenden militärischen und politischen Ziele entwickelt. Das bisherige Vorgehen der von den USA avisierten Koalition bleibt aber nach wie vor zu sehr auf den Irak fokussiert."

"Die westliche und vor allem die US-Politik sind bislang eher vage geblieben, was das konkrete militärische und politische Ziel des sogenannten 'Kriegs gegen den Islamischen Staat' angeht. Je nachÄußerung sei IS eine Bedrohung für Irak und Syrien, für die gesamte Region des Nahen und Mittleren Ostens oder gar für die USA selbst. Es gehe darum, 'IS zu schwächen und zu zerstören', 'den Einfluss von IS einzudämmen' oder 'IS die Fähigkeit zu nehmen, mit militärischer Gewalt gegen westliche Einrichtungen vorzugehen'.
Diese Vieltönigkeit mag zu einem gewissen Grad einem Sachverhalt geschuldet sein, den Präsident Obama selbst freimütig eingeräumt hat – nämlich, dass er über keine schlüssige Strategie gegenüber dem IS verfüge. Sie liegt aber sicherlich auch in einem schwierigen innenpolitischen Umfeld in den USA begründet, in dem die öffentliche Meinung und der US-Kongress den Präsidenten nach der Ermordung von zwei amerikanischen Geiseln im Irak zu einem stärkeren militärischen Handeln drängen. Das jedoch kollidiert mit dem Anspruch des Präsidenten, die Kriege im Irak und in Afghanistan auf Dauer zu beenden."