Notizen zu Nordkorea 17

Nordkorea vor Gericht?

Androhung von “unvorhersehbaren Konsequenzen”

Als sich abzeichnete, dass Nordkoreas Strategien zur Verhinderung des Resolutionsentwurfs nicht aufgehen würden, sprach man Drohungen in Richtung der Länder aus, die die von Japan und der EU eingebrachte Version unterstützten. Denn diese zeigten sich nicht bereit, eine Änderung wie von Kuba vorgeschlagen vorzunehmen. In einer Stellungnahme des nordkoreanischen Außenministeriums hieß es: “Wenn die EU, nach der Pfeife der USA tanzend, eine schärfere als die vorherige ‘Menschenrechtsresolution’ gegen die DVRK verabschiedet, wird die Möglichkeit zur Aufnahme von Gesprächen mit der DVRK für immer verstrichen sein und [dieses Verhalten wird] unvorhersehbare Konsequenzen nach sich ziehen.” Südkorea drohte man mit einem Abbruch aller Beziehungen.

Das klare Votum der internationalen Gemeinschaft zeugt jedoch davon, dass sie sich davon nicht abschrecken ließ. Bisher gab es von Nordkorea nur eine verbale Reaktion auf die Annahme der Resolution, die wenig überraschend “kategorisch abgelehnt” wird. Choe Myong Nam, Nordkoreas Delegierter bei der UN, sagte während der Sitzung, man sehe nun keine Notwendigkeit mehr darin, auf irgendeine Person zuzugehen, damit diese sich selbst ein Bild von der Lage des Landes machen könne. Nicht nur die Tür zum Menschenrechtsdialog, sondern auch die zum politischen Dialog sei nun verschlossen. Man werde, egal was passiert, weiter den gewählten Weg beschreiten und im Herzen Stolz und Ehre über das sozialistische System tragen und es bis zum Äußersten verteidigen. Aufgrund der Bedrohung durch feindliche Staaten sehe man sich gezwungen, weitere Atomtests durchzuführen.

Moderne Sklaverei

Sofern die FIFA ihre Entscheidung während ihres Kongresses im nächsten Jahr nicht revidiert, wird der Austragungsort der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 Katar sein, ein Land ohne Fußballtradition: Die dort herrschenden klimatischen Bedingungen geben Anlass zur Sorge um das Wohl und die Gesundheit der Spieler. Aber dies ist nicht der einzige Kritikpunkt an dem Emirat als Veranstaltungsort. So berichtet die FAZ, es sei bei der Vergabe der Spiele nicht mit rechten Dingen zugegangen und FIFA-Präsident Joseph Blatter hatte im Dezember 2010 für seine Aufforderung, homosexuelle Fans sollten aus Respekt vor dem Gastgeberland auf Sex während der WM verzichten, um Entschuldigung bitten müssen. Das geltende islamische Recht wird auch bei Ausländern angewandt, so dass homosexuelle Fans und Spieler mit Repressalien rechnen müssen.

Nicht zuletzt sorgt aber die menschenunwürdige Lebenssituation der Arbeitsmigranten im Emirat, die im Sommer bei einer Luftfeuchtigkeit von 85 Prozent und bei Temperaturen von 45°C arbeiten müssen, für Empörung. 230.000 Einheimischen, von denen lediglich 45.000 Männer und 25.000 Frauen im Arbeitsleben aktiv sind, stehen rund 1,6 Millionen Gastarbeiter (Zahl von Oktober 2013) gegenüber. Die britische Tageszeitung “Guardian” berichtete im September 2013 über die Ausbeutung der beim Bau der Stadien und Infrastrukturen eingesetzten nepalesischen Gastarbeiter, denen zum Teil sogar Trinkwasser und Nahrungsmittel verweigert wurden.

Daraufhin hatte sich die Situation der Gastarbeiter zunächst verbessert; am 7. November 2014 sah sich der “Guardian” jedoch erneut veranlasst, einen Artikel über den Bau des 86.000-Sitzplätze bietenden Stadions in Lusail, eine neue Planstadt 20 km nördlich der Hauptstadt Doha, zu veröffentlichen. Quellen in Katar gehen von etwa 2.800 registrierten nordkoreanischen Gastarbeitern aus, die sich unter unmenschlichen Bedingungen von morgens 6.00 Uhr bis nach Mitternacht als – so der “Guardian” wörtlich – “staatlich geförderte Sklaven” auf den Baustellen abmühen.

Nordkoreanische Gastarbeiter finden sich jedoch nicht nur in Katar und der Export nordkoreanischer Arbeitskraft ins Ausland hat Tradition: Bereits kurz nach dem Koreakrieg wurden Holzfäller in die ehemalige Sowjetunion geschickt und seither sind nordkoreanische Arbeiter auf afrikanischen Baustellen in den 70er Jahren, nach dem Zusammenbruch des Sozialismus in Russland und nach dem Golfkrieg 1991 im Mittleren Osten zu finden. Genaue Zahlen liegen nicht vor, aber man nimmt an, dass derzeit etwa zwischen 10.000 und 20.000 Nordkoreaner allein in Holzfällercamps im fernen Osten Russlands eingesetzt werden.

Der “Guardian” geht von ca. 65.000 Nordkoreanern in etwa 40 Ländern aus, das südkoreanische Außenministerium spricht von 46.000 Arbeitern in 40 Nationen, davon jeweils 2.000, 4.000 bzw. 1.000 in Katar, Kuweit und den Vereinten Arabischen Emiraten. Es gibt jedoch Schätzungen von Nichtregierungsorganisationen, die die Zahl nordkoreanischer Werktätiger im Ausland bei eher 150.000 ansetzen: Koreas Internationale Handelsgesellschaft KITA berichtet von allein 93.000 Nordkoreanern, die sich 2013 in China aufhielten, um dort zu arbeiten.

Auf Baustellen in Namibia, Libyen und dem Kongo finden sich weitere etwa 7.000 nordkoreanische Bauarbeiter. Ein nordkoreanischer Diplomat hat sich kürzlich in einem anderen Zusammenhang zum Export von Arbeitskräften geäußert: Die hohe Zahl von Arbeitern im Ausland – er spricht von mehr als 100.000 Menschen pro Jahr, die in den Mittleren Osten, nach China oder Russland gehen – zeige, dass die Bevölkerung Reisefreiheit genießt.

Dass diese “Reisebewegungen” komplett vom Regime gesteuert und kontrolliert werden, verschweigt er. Denn von dem Entgelt, das den Arbeitern für ihre Tätigkeit eigentlich zusteht, sehen sie wenig: Hatten sie bis 1990 ihren Lohn noch direkt erhalten, fordert das nordkoreanische Regime nunmehr 90 Prozent des Verdienstes ein und verschafft sich auf diese Weise durch Zwangsarbeit die dringend benötigten Devisen.

Internationale Sanktionen haben die Devisenprobleme des Landes verschärft und die Waffenexporte, früher eine der Haupteinnahmequellen des Landes, sind durch die Entwicklungen in Staaten des Mittleren Ostens und Nordafrikas, wichtige Abnehmer für Nordkoreas ballistische Raketen und deren Ausrüstung, stark zurückgegangen.

Ein kürzlich erschienener Bericht des Asan Institute for Policy Studies beschreibt detailliert die Bedingungen, denen nordkoreanische Arbeiter in Übersee unterworfen sind, und kommt zu dem Schluss, dass diese wider das Völkerrecht als Sklaven und Zwangsarbeiter gehalten werden: - Nordkoreas Arbeiter-Export wird staatspolitisch organisiert, verwaltet und beaufsichtigt.
- Personen unterliegen einer ständigen Überwachung durch nordkoreanische Sicherheitskräfte, die sich unter den Arbeitern befinden und jegliche Bewegungsfreiheit einschränken.
- Der Durchschnittslohn wird durch Vorschriften des nordkoreanischen Staates auf zwischen 120 und 150 Dollar pro Monat festgelegt. Die Arbeiter werden allerdings nicht direkt durch die ausländischen Arbeitgeber entlohnt. Die Summen, die diese an den nordkoreanischen Staat zahlen, sind viel höher.
- Die Arbeiter dürfen erst nach Nordkorea zurück, wenn ihr Vertrag abläuft, der in der Regel auf drei Jahre befristet ist.
- Die Arbeitszeiten liegen zwischen 12 und 16 Stunden pro Tag, manchmal sogar bei 20 Stunden, und Arbeiter erhalten lediglich ein oder zwei Ruhetage im Monat.
- Die Arbeiter erhalten die Entlohnung nicht überwiesen, sondern der nordkoreanische Staat eignet sich diese an und transferiert sie in Form großer Banknotenmengen unter eindeutiger Verletzung der UN-Sanktionen in das Land. - Daily NK berichtete erst in der vergangenen Woche von dem Fall einer nordkoreanischen Arbeiterin in China, die aufgrund einer akuten Blinddarmentzündung in ihrem Gastland operiert werden musste. Weil sie in einem Krankenhaus behandelt wurde, das nicht vom nordkoreanischen Ministerium für Staatssicherheit anerkannt war, kam sie dadurch möglicherweise unkontrolliert mit der “Außenwelt” in Berührung. Aufgrund dieses “Vergehens” soll sie gegen ihren Willen nach Nordkorea zurückgebracht worden sein.

Die unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen schrecken Nordkoreas Zivilbevölkerung jedoch nicht ab: Flüchtlinge berichten, dass die Arbeiter sich um die Chance ins Ausland gehen zu können reißen und sogar Parteifunktionäre bestechen, damit diese darauf verzichten den Familienhintergrund auf ideologische Solidität zu überprüfen oder damit sie ein Auge bei der ärztlichen Untersuchung zudrücken.

SARAM e.V.
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