Jüdische Gemeinden im Streit

Keine neue Synagoge in Konstanz

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Das Grundstück, auf dem die Synagoge nicht gebaut wird.
Das Grundstück, auf dem die Synagoge nicht gebaut wird.

KONSTANZ. (hpd) Mitte 2003 stellte die Stadt Konstanz der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) ein innerstädtisches Grundstück zur Verfügung. Lange schon bestand der Wunsch der jüdischen Gemeinde, genau an dieser Stelle eine neue Synagoge zu bauen, denn nur wenige Meter weiter hatten die Nazis in der Pogromnacht 1938 die alte Synagoge in Schutt und Asche gelegt.

Einstimmig beschloss das Konstanzer Stadtparlament vor knapp zwölf Jahren, der IKG das Grundstück gratis zu überlassen, verbunden mit der Auflage, das jüdische Gotteshaus innerhalb von fünf Jahren fertig zu stellen. Doch daraus wurde nichts, das Grundstück ging somit an die Stadt zurück, blieb aber weiterhin für einen Synagogenbau reserviert.

Schließlich trat die Israelitische Religionsgemeinschaft (IRG) Baden als potentieller Bauherr auf den Plan. Mittlerweile aber hatte sich neben der IKG, die eher einer konservativen Glaubensrichtung angehört, die liberale Jüdische Gemeinde Konstanz (JGK) gegründet, die nach eigenen Angaben rund 180 Mitglieder hat. Von Anfang an beharrte die JGK darauf, in der neuen Synagoge ebenfalls einen Platz zu finden. Schnell kam Streit zwischen den beiden Gemeinden auf, als es um die Frage ging, ob Frauen beim Gottesdienst auf eine Empore oder gar hinter einen Vorhang verbannt werden sollten. Damit wollten sich die liberalen JüdInnen partout nicht anfreunden. Das war nur einer von mehreren Konflikten, die das Bauvorhaben fortan blockierten.

Anfang 2013 ließ die IRG wissen, dass mit der Grundsteinlegung im Herbst zu rechnen sei und somit die Stadt das Grundstück der IRG übertragen könne. Doch keine Schaufel rührte sich auf der imaginären Baustelle und das Grundstück verkam zur Müllkippe. Der Gemeinderat befürwortete dennoch weiterhin einstimmig den Neubau, bestand aber auf einer vertraglichen Vereinbarung, so eine Vorlage Mitte 2014, dass beiden jüdischen Gemeinden “eine diskriminierungsfreie Religionsausübung” unter einem Dach ermöglicht werden sollte.

Im November tauchte das Langzeitthema erneut auf der Tagesordnung des Gemeinderats auf. Während ein Vertreter der IRG erklärte, dass sich die beiden Gemeinden weitgehend einig seien und das fragliche Grundstück nun endlich der IRG überschrieben werden könne, war von einer Vertreterin der JGK etwas völlig anderes zu hören: Der liberale Flügel kritisierte unter anderem, ihm würden laut vorliegender Unterlagen Räumlichkeiten angeboten, die mit maximal 30 Quadratmetern eher einer “Besenkammer” glichen. Damit seien sie keineswegs einverstanden und baten darum, die Entscheidung über den Neubau noch einmal bis Anfang 2015 zu verschieben. Einige RätInnen fühlten sich daraufhin “peinlich berührt”, aber eine Mehrheit stimmte zu, über die Grundstücksübertragung vorsichtshalber erst im kommenden Februar zu entscheiden.

Letzte Woche dann erreichte den Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt ein Brief der IRG, der in der Aussage gipfelte: “Wir beenden daher die Planungen der Synagoge (…) mit sofortiger Wirkung”. Durch die Verschiebung der Grundstücksübertragung gerate “die abgestimmte Zeitplanung völlig durcheinander”. Schweres Geschütz wurde auch aufgefahren in Richtung JGK: Man könne keineswegs akzeptieren, dass die liberale Gemeinde “Entscheidungsmacht darüber erhält, ob die Grundstücksübertragung beschlossen wird”. Außerdem verwehre man sich gegen den beabsichtigten Vertragsentwurf der Stadt, in den die Forderung einer für beide Seiten “diskriminierungsfreien Religionsausübung” festgelegt werden sollte. Damit mische sich die Stadt unnötigerweise in interne religiöse Fragen ein. “Die Ausübung der Religion”, so die IRG weiter, gehöre “zum grundgesetzlich geschützten Kernbereich einer Religionsgemeinschaft”.

Oberbürgermeister Burchardt zeigte sich in einem Antwortschreiben an die IRG “sehr enttäuscht”. Die Stadt habe sich immer als verlässlicher und äußerst geduldiger Partner erwiesen und für die jahrelange Verzögerung könne sie nun wirklich nichts.