Notizen zu Nordkorea 25

UN-Büro in Seoul zur Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea eröffnet

BERLIN. (hpd). In Seoul wurde ein Büro der Vereinten Nationen eröffnet, um Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea fortlaufend dokumentieren zu können. Weiteres Thema: Aktivisten fordern eine Änderung der Politik gegenüber Nordkorea. Die Maßnahmen müssten dazu dienen, die Bevölkerung psychisch und physisch weiter vom Regime zu entfernen.

Büro der Vereinten Nationen in Seoul eröffnet

Ende Juni wurde in Seoul vom Hochkommissar für Menschenrechte der UN, Zeid Ra’ad Al Hussein, ein Büro eröffnet, um vor Ort die Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea weiter zu dokumentieren. Damit wurde einer Empfehlung des Abschlussberichts der UN-Untersuchungskommission zur Menschenrechtslage in Nordkorea gefolgt. Da in Südkorea mit knapp 30.000 Flüchtlingen die mit Abstand größte Gruppe von Exil-Nordkoreanern in Sicherheit lebt – die Zahl in China ist möglicherweise höher, aber dort sind die Menschen von Abschiebung nach Nordkorea bedroht – ist dieser Standort am besten geeignet, um weiterhin Zeugenaussagen zu sammeln. Die Transparenz der Arbeit der Untersuchungskommission soll beibehalten werden: Auf der offiziellen Website und sozialen Medien wie Facebook wird über die Arbeit informiert. Bei der Eröffnungszeremonie brachte Südkoreas Außenminister Yun Byung-se die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Zusammenarbeit mit der UN eines Tages dazu führen werde, dass auch der nordkoreanischen Bevölkerung Rechte wie Freiheit und Würde zuteilwerden.

Auf die Frage des internationalen Nachrichtenmagazin "The Diplomat", was die Einrichtung dieses Büros konkret bewirken könne, antwortete der Sprecher des Hochkommissariats für Menschenrechte, dass die Menschenrechtsprobleme in Nordkorea nicht über Nacht gelöst werden können, aber durch die neu geschaffene Institution weiter im Fokus der Aufmerksamkeit bleiben und nicht – wie in der Vergangenheit – ignoriert werden. Da Nordkorea inzwischen nicht nur von einzelnen Staaten, sondern – durch die UN – von der internationalen Gemeinschaft für die Verbrechen an der eigenen Bevölkerung kritisiert wird, habe sich der Druck auf das Regime merklich erhöht. Und für die Zukunft sei die fortlaufende Dokumentation der Menschenrechtsverletzungen entscheidend, um eine Strafverfolgung der Verantwortlichen zu ermöglichen.

Jung Gwang-il, früherer Insasse des Lagers für politische Gefangene Nr. 15 („Yodok“) übergab dem Büro noch in der Woche der Eröffnung eine Liste von 180 Gefangenen dieses Lagers. Nordkorea gibt zwar die Existenz von "Orten" zu, in denen Menschen durch Arbeit umerzogen werden sollen ("Kyohwaso"), aber leugnet die Existenz von Lagern für politische Gefangene ("Kwanliso"), in denen allerdings nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen 80.000 bis 120.000 Insassen einsitzen.

Nordkorea hatte seit Beginn der Planungen gegen die Öffnung protestiert und das Büro als mögliches Angriffsziel benannt. Die Kritik an der desolaten Menschenrechtslage wird als Vorwand der USA zum Sturz des Regimes angesehen. Die Eröffnung sei eine "offene Kriegserklärung", und Südkorea werde "gnadenlos bestraft" werden. Das Büro werde nur dazu dienen, Falschaussagen von Überläufern zu sammeln. Von südkoreanischer Seite wurde die harsche Rhetorik bedauert und Nordkorea dazu aufgefordert, die Menschenrechtslage der Bevölkerung zu verbessern und nicht mit Drohungen zu reagieren. Am Tag der Eröffnung wurden zwei Südkoreaner in Nordkorea wegen des Verdachts der Spionage zu lebenslanger Haft im Arbeitslager verurteilt (Ausländer können anscheinend nicht umerzogen werden). Außerdem sagte Nordkorea seine Teilnahme an der Sommer-Universiade im südkoreanischen Gwangju ab, die nun im Juli ohne das Land stattgefunden hat. Allerdings gibt es Quellen innerhalb Nordkoreas, nach denen nicht der Protest gegen das UN-Büro, sondern die Angst vor MERS, einer schweren Atemwegserkrankung, die kürzlich in Südkorea ausgebrochen ist, zu der Absage geführt habe.

"Separierendes Engagement" als Strategie gegenüber Nordkorea?

In der vorherigen Ausgabe der "Notizen zu Nordkorea" stellten wir das Buch "North Korea Confidential" vor, in dem grundlegende Veränderungen innerhalb der nordkoreanischen Gesellschaft beschrieben werden. Die Gruppe der jungen Erwachsenen in Nordkorea wird oft als "Marktgeneration" bezeichnet, denn sie lebt im Prinzip in einer kapitalistischen Gesellschaft und hat ein funktionierendes staatliches Verteilungssystem nie kennengelernt.

Die Veränderung in der Mentalität vieler Nordkoreaner hat dazu geführt, dass sich viele physisch als auch psychisch – zumindest in einigen Provinzen – vom Regime entfernt haben. Der Exil-Nordkoreaner Jang Jin-sung betonte in einem Artikel für das europäische "Parliament Magazine", dass an diesem Punkt in der Politik gegenüber Nordkorea angesetzt werden müsse. Man müsse sich weg von einem "kritischen Engagement" hin zu einem "separierenden Engagement" bewegen, um die Kluft zwischen der nordkoreanischen Bevölkerung und dem Regime zu vergrößern, indem der Bevölkerung die Möglichkeit gegeben wird, ihr Leben unabhängig vom Regime zu gestalten.

Der Ansatz des "kritischen Engagements" der EU, also eines Engagements bei gleichzeitiger Kritik von Menschenrechtsverletzungen oder dem Kernwaffenprogramm, habe nicht viel verändert. Kleinere Verbesserungen stünden in keiner Relation zu den schweren Menschenrechtsverletzungen, die in Nordkorea bis heute begangen werden. Während der "Track-One"-Ansatz erfolgreicher war, durch den die internationale Aufmerksamkeit auf die Menschenrechtssituation in Nordkorea durch bilaterale Diplomatie und innerhalb internationalen Foren gelenkt wurde, könne die "Track-Two"-Strategie, die Beeinflussung von Funktionären und Bürgern durch Projekte im Land, eher als gescheitert angesehen werden. Ein grundlegendes Problem besteht darin, dass ein Engagement, das vom Regime geduldet oder befördert wird, nicht zu einer Transformation führen kann. Denn das einzige Interesse der Führung liegt im Erhalt des Regimes und daher im Ausbau von Propaganda und Militärtechnologie. Hilfen könnte also im schlimmsten Fall sogar zum Regimeerhalt beitragen.

Die Bemühungen zur Denuklearisierung Nordkoreas können auch nicht als erfolgreich angesehen werden. Nordkorea hat inzwischen eine Politik namens "Byungjin" ausgerufen, die die parallele Entwicklung von Nuklearwaffen und der Wirtschaft propagiert. Den (inoffiziellen) Status einer Atommacht nach offiziell drei Kernwaffentests wird das Land so schnell nicht wieder aufgeben. Auch kündigte das Land gegenüber einem Bundestagsabgeordneten an, dass es nicht vorhabe, wieder an Abrüstungsverhandlungen im Rahmen der Sechs-Parteien-Gespräche teilzunehmen, und bekräftigte dies erst kürzlich als Reaktion auf den Atom-Deal mit dem Iran. Von manchen Beobachtern wurde vorgeschlagen, dass die Vermarktlichung der Gesellschaft das Interesse des Regimes an Öffnung und Reformen zeigt. Allerdings existieren die Märkte trotz der Versuche des Regimes, sie einzudämmen. Somit werde das Regime grundlegend missverstanden: Es ist von Isolation und Überwachung abhängig; bei einer Öffnung würde es zusammenbrechen.

Nordkorea soll daher nicht als eine Einheit betrachtet werden, in der die Interessen des Regimes und dessen Opfer als ein und dasselbe betrachtet werden. Laut Jang gibt es in Nordkorea grundlegend verschiedene Interessensgruppen bzw. Klassen: Die, die das Regime zum Überleben brauchen, und die, die vom Staat im Stich gelassen wurden und sich auf dem informellen Markt selbst versorgen müssen. Die Führung an sich hat nur Interesse daran, das Regime und die ökonomischen Interessen des Obersten Führers zu sichern. Es gibt keine "nationalen Interessen", die sich auf das Volk beziehen. Es müsse verstanden werden, dass es dem nordkoreanischen Regime – z.B. bei der Verteilung von Ressourcen – einzig und allein darum geht, die totalitäre Ideologie der Kim-Verherrlichung auf sozialer, institutioneller und struktureller Ebene zu stärken.

Ein "separierendes Engagement" soll sich nicht zwischen Engagement und Isolation entscheiden, aber es soll auch nicht Engagement um des Engagement Willens betrieben werden. Es sei vielmehr sinnvoll, den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich vom Regime physisch und psychisch zu entfernen, um damit deren Menschenrechtssituation zu verbessern. Denn dadurch kann ein Gegengewicht zu der Macht von offiziellen Institutionen, von denen die Menschenrechtsverbrechen begangen werden, geschaffen werden.

Drei Ansätze werden herausgestellt:

  1. Schaffung von separierenden Bedingungen innerhalb Nordkoreas, indem zum Beispiel die zivile Wirtschaft und nicht die des Regimes gestärkt wird.
  2. Steigerung der Trennungsbemühungen von Volk und Regime beispielsweise durch den verstärkten Informationsfluss nach Nordkorea, um die Bevölkerung unabhängiger von der staatlichen Propaganda zu machen.
  3. Schaffung einer Hebelwirkung durch die Förderung nordkoreanischer Flüchtlinge; zukünftig möglicherweise Unterstützung einer nordkoreanischen Exilregierung, die eine glaubhaftere und legitimere Stimme für die nordkoreanische Bevölkerung darstellen kann.

"Guerilla-Engagement"?

Joshua Stanton, Autor des konservativen Blogs "One Free Korea", vertritt eine sehr ähnliche Meinung, geht aber noch einen Schritt weiter und propagiert ein "Guerilla-Engagement", in dem ein Netzwerk von Menschen geschaffen werden soll, das – vom Ausland unterstützt – eine Wirtschaft unabhängig vom Regime aufbaut. Es sollen also Strukturen, die schon heute durch illegale und halb-legale Märkte bestehen, weiter gestärkt werden. Nach und nach soll durch finanzielle Sanktionen gegen die "Palastwirtschaft" bei gleichzeitigem Aufbau eines unabhängigen Finanzsystems die wirtschaftliche Macht vom Regime auf das Volk übergehen.

Nichtregierungsorganisationen sollten die Bevölkerung darin unterstützen, ihre eigenen Anbauflächen effizienter zu nutzen, statt die staatseigenen Produktionsgenossenschaften zu unterstützen. In dem Gedankenspiel geht Stanton davon aus, dass nach einer gewissen Zeit auch die Sicherheitskräfte, deren Ernährungszustand teilweise sehr schlecht ist, zu der neuen Macht überlaufen und sich einem Widerstand anschließen würden. Aber auch friedliche Proteste oder Streiks würden ab einem gewissen Punkt dazu führen, dass der Staat keine andere Möglichkeit mehr hat als sich Forderungen der Bevölkerung zu beugen: "Selbst dieses Regime weiß, dass es nicht jeden töten oder einsperren kann." Punktuell soll es Berichten zufolge schon heute zu teilweise gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Händlern und Bediensteten des Ministeriums für Volkssicherheit gekommen sein, wenn sie versuchen, gegen die Märkte vorzugehen.

Auch dieser zweite Ansatz fußt auf der Annahme, dass kein Engagement, das vom Regime geduldet wird, zu einer Verbesserung oder Veränderung des Status quo beitragen kann. Stanton ist ein Kritiker der "Sonnenscheinpolitik" Südkoreas gegenüber dem Norden, in der versucht wurde, das Land durch "Milliarden von Dollar zu transformieren". Das Regime werde immer nur so viel Handel zulassen, wie es benötigt, um den Sicherheitsapparat aufrechtzuerhalten. Jede positive Veränderung, die einer ausländischen Institution zugeschrieben werden kann, sei eine potentielle Bedrohung für die Legitimierung des Regimes.

Kurznachrichten

Von fünf in einem defekten Boot in südkoreanische Gewässer abgedrifteten Nordkoreanern äußerten drei der Fischer den Wunsch, in Südkorea bleiben zu dürfen. Nordkorea verlangte, dass alle zurück in ihre Heimat geschickt werden müssten, aber Südkorea kam dem Wunsch der Männer nach. Während die beiden Fischer in Panmunjom über die innerkoreanische Grenze geleitet wurden, inszenierte die nordkoreanische Seite eine Protestaktion mit den Familienmitgliedern der Abtrünnigen, in denen diese ihre Verzweiflung über den Verlust zum Ausdruck brachten und die südkoreanische Regierung für die Situation verantwortlich machten. So lange Nordkorea in der Berichterstattung die Auffassung vertritt, dass die Fischer gegen ihren Willen in Südkorea festgehalten werden, bleibt zu hoffen, dass den Angehörigen keine Sanktionen drohen – denn einen "Verräter" haben sie dieser Logik zufolge nicht in der Familie.

Nach Meldungen der "Stimme Koreas" wird in der syrischen Hauptstadt Damaskus in der Kim-Il-Sung-Straße ein Park zu Ehren des “Ewigen Präsidenten” errichtet. Damit werde die große Ehrerbietung gegenüber Kim Il-sung zum Ausdruck gebracht, der zusammen mit Hafiz al-Assad, dem Vater des jetzigen Machthabers Baschar al-Assad, die Grundlagen für die tiefe Freundschaft zwischen den beiden Ländern gelegt habe.

SARAM e.V.
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