Das Ende der Todesstrafe in Sierra Leone

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Was aus ethischer Sicht schon lange geboten schien, wurde nun umgesetzt: das Parlament von Sierra Leone beschließt einstimmig die Abschaffung der Todesstrafe. Präsident Julius Maada Bio kommt mit der Unterzeichnung des Gesetzes seinem entsprechenden Wahlversprechen nach. Damit hat bereits das dreiundzwanzigste afrikanische Land dieses Strafmaß vollständig abgeschafft – ein weiterer Etappensieg für die Menschenrechte.

Aus menschenrechtlicher Sicht sind die Schwierigkeiten, die mit der Todesstrafe einhergehen, seit langem bekannt. Sowohl die gesellschaftlichen Verwerfungen, die von der Grausamkeit einer derartigen Strafe ausgehen, als auch die Tatsache, dass Richter:innen niemals ausschließen können, eine unschuldige Person damit unumkehrbar zu verurteilen und entsprechende Gesetze auch von autoritären Regimen missbraucht werden können, deuten auf eklatante und grundlegende Missstände hin, die mit ihr einhergehen. Für die These, dass die Todesstrafe durch Abschreckung wirkungsvoller als andere Maßnahmen Menschen von Verbrechen abhielte, gibt es keinerlei wissenschaftliche Belege.

Auch im relativ kleinen Land Sierra Leone an der Westküste Afrikas konnten Menschen für Mord, schweren Raub, Meuterei oder Hochverrat zum Tode verurteilt werden. Seit 1998 bestand zwar ein Moratorium für die tatsächliche Anwendung dieses Strafmaßes, nachdem in den Jahren zuvor Dutzende Menschen etwa wegen angeblicher Beteiligung an Putschversuchen hingerichtet worden waren. Allerdings saßen bis Ende 2020 noch 94 Menschen in der Todeszelle, zumeist getrennt von anderen Insassen, was eine zusätzliche psychische Belastung darstellt. Doch seit Juli dieses Jahres haben die Betroffenen Klarheit: eine mit dem Recht im Einklang stehende Hinrichtung wird es nicht geben. Was bis dahin de jure mit einem Todesurteil bestraft wurde, soll fortan eine lebenslängliche Gefängnisstrafe nach sich ziehen, die sich in Sierra Leone auf mindestens 30 Jahre beläuft. Bereits im Jahr 2006 hatte eine Kommission der sierra-leonischen Regierung die Abschaffung der Todesstrafe gefordert und sie als "Affront gegen die zivilisierte Gesellschaft" bezeichnet.

Laut der Frauenrechtlerin Rhiannon Davis ist diese Gesetzesänderung vor allem aus zwei Gründen sinnvoll: Zum einen konnte niemand wissen, ob künftige Regierungen an dem Moratorium festgehalten hätten. Die Hürden, selbiges abzuschaffen und geltendes Recht umzusetzen, wären äußerst niedrig gewesen. Zum anderen waren die Gefangenen im Todestrakt quasi einer Form von Folter ausgesetzt, da die Drohung, doch noch umgebracht zu werden, durchgehend wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Verurteilten hing. Doch dies hat sich nun nachhaltig geändert.

Insgesamt verzeichnet Amnesty International im subsaharischen Raum für das Jahr 2020 einen Rückgang von Hinrichtungen um 36 Prozent im Vergleich zu 2019. Die neue Gesetzesänderung kann nun dazu beitragen, dass auf dem afrikanischen Kontinent ein Klima geschaffen wird, in dem die Todesstrafe der Vergangenheit angehört. Insgesamt ist das neue Gesetz vor allem eines: Ein Sieg für die Menschenrechte.

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