Pakistan

Geistlicher nach Blasphemievorwürfen totgeschlagen

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Moschee in Pakistan.

Weil er sich bei einer politischen Veranstaltung blasphemisch geäußert haben soll, wurde ein muslimischer Geistlicher in Pakistan von einem Mob totgeschlagen. Damit hatte er weniger Glück als ein Chinese, der nach Blasphemie-Vorwürfen auf Kaution das Gefängnis verlassen und außer Landes gebracht werden konnte. Anstatt der Gewalt entgegenzuwirken, fordert eine Anti-Blasphemie-Organisation eine strengere Überwachung sozialer Medien und brüstet sich damit, Menschen ins Gefängnis gebracht zu haben.

Maulana Nigar Alam wurde nur 40 Jahre alt. Der muslimische Geistliche starb am 6. Mai 2023. Im Rahmen einer politischen Veranstaltung in der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa hatte er eine Rede gehalten. Dabei wurden einige seiner Aussagen von Anwesenden als Blasphemie ausgelegt. Als sich ein wütender Mob bildete, schloss die anwesende Polizei den Mann in einem nahegelegenen Geschäft ein, um ihn zu schützen. Die Menge jedoch konnte das Ladenlokal aufbrechen und Maulana Nigar Alam herauszerren. Draußen schlug und trat der Mob ihn zu Tode.

Erst Mitte April konnte ein Mann chinesischer Nationalität einem ähnlichen Schicksal entkommen. "Mr. Tian" (Herr Himmel), wie der Mann genannt wurde, um seine Identität zu schützen, arbeitete an einem pakistanischen Dammprojekt. Die Dasu-Talsperre, an der er arbeitete, liegt ebenfalls in der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Während des Fastenmonats Ramadan soll er sich über die langsame Arbeit seiner Kollegen beklagt haben. Zudem soll er sich abwertend über Allah und den Propheten Mohammed geäußert haben. Mr. Tian wurde daraufhin von Mitarbeitern angezeigt, für zwei Wochen ins Gefängnis gesperrt und Ende April gegen Kaution freigelassen. Ein rasender Mob stürmte daraufhin die Polizei-Station, um den Beschuldigten zu lynchen. Jedoch war dieser bereits ausgeflogen worden und somit in Sicherheit.

In den letzten Monaten und Jahren wurden in Pakistan immer wieder Blasphemie-Beschuldigte gelyncht, zu hohen Haftstrafen oder gar zum Tode verurteilt. Für die Regierung scheinbar kein Grund zu handeln, die Anti-Blasphemie-Gesetzgebung abzuschaffen und deeskalierend auf religiöse Gruppen einzuwirken. Religiöse Hardliner fordern lautstark noch strengere Gesetze und noch striktere Verfolgung vermeintlicher Blasphemie.

Erst Ende März hielt die Nichtregierungsorganisation The Legal Commission on Blasphemy (Rechtskommission für Blasphemie) im National Press Club in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad eine Pressekonferenz ab. Dabei präsentierten die Vertreter der Kommission einen Bericht der Abteilung für Cyber-Kriminalität der Federal Investigation Agency. Der Bericht soll belegen, dass 400.000 Personen in Pakistan in blasphemische Handlungen involviert sind. In sozialen Medien würden unter anderem Allah, der Prophet Mohammed, der Koran und die Nationalflagge systematisch herabgewürdigt.

Der Vorsitzende der Kommission, Rao Abdul Rahim, wurde mit einem gefährlichen Appell zitiert. Seiner Ansicht nach könne die aufkeimende soziale und religiöse Bedrohung nicht von einigen wenigen Menschen kontrolliert werden, die gesamte Nation müsse ihre gebührende Rolle spielen und die Regierungsinstitutionen ihrer verfassungsmäßigen Verantwortung in dieser Angelegenheit nachkommen. Zudem gab er sich erfreut, dass seine Kommission 119 Personen wegen Blasphemie ins Gefängnis gebracht habe. Elf von ihnen hätten gar die Todesstrafe erhalten, die bei zweien vom höchsten Gerichtshof bekräftigt worden sei.

Wenig verwunderlich, dass religiöse Extremisten die Durchsetzung vermeintlich göttlicher Interessen als ihr Recht und ihre Aufgabe sehen.

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